Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
von der Brücke zurück. »Lass nicht nach!«
Doch ohne Unterlass schlugen die Wellen gegen die magische Wand, die langsam nachgab und sich bereits zusammenzog. Sennars Hoffnungen schwanden. Lange würde er den Zauber nicht mehr aufrechterhalten können.
Sie waren alle am Ende ihrer Kräfte: Aires und Benares, die mit dem Steuer kämpften, Rool, der zum Horizont spähte und nach einem Zeichen, welchen Kurs sie einschlagen sollten, Ausschau hielt, die Mannschaft, die unermüdlich die Ruder durch das aufgewühlte Wasser des Ozeans zog. Sennar war in die Knie gegangen und hatte seine Arme, die geöffneten Handflächen nach oben gerichtet, auf den Rand des Mastkorbs gelegt.
Immer mehr zog sich der Schutzwall zusammen.
Rool war der Erste, der es mitbekam. »Bleib stark, Junge! Nicht nachlassen!«, rief er hinauf. Doch der Magier schien nicht mehr zu reagieren.
»Verdammt. Der Kerl macht schlapp! Das hat man nun davon, wenn man sich auf so einen Grünschnabel verlässt«, fluchte Benares.
Aires funkelte ihn böse an. »Sei ruhig! Ohne ihn wären wir doch längst tot. Mach weiter, Sennar! Lass nicht nach. Wir sind schon fast draußen.«
Vom Mastkorb kam keine Antwort. Der silberne Schutzmantel verkleinerte sich immer rascher. »Auf, Männer! Erhöht die Schlagzahl!«, befahl Rool, doch ihm selbst war klar, dass er damit zu viel von seinen Leuten verlangte. »Wir sind erledigt«, murmelte er.
»Seht mal dort!«, rief Benares plötzlich.
An einer Stelle waren die Wolken aufgerissen, und ein Lichtstreifen durchschnitt die schwarze Wand. Aires begann zu lachen, lachte immer lauter, sodass ihr fast wieder das Steuer entglitt. »Rudert mit aller Kraft, Männer«, trieb Rool seine Leute noch mal an.
Zwischen den Blitzen sah man einen Fetzen blauen Himmels, und gleich darunter ein von Grün gesäumtes Stück Land. Von dieser Hölle aus betrachtet, wirkten die Inseln wie das Paradies auf Erden. Dort, in Sichtweite, lag die Rettung, doch der Sturm schien immer noch nicht nachlassen zu wollen. Unaufhörlich brachen sich Blitze und Wogen am Wall.
»Halt durch, Sennar! Gleich ist es geschafft!«, rief Aires aus Leibeskräften, doch mittlerweile streifte die Schutzwand bereits die Galionsfigur und zog sich immer noch weiter zusammen. Da passierte es. Der Schutzmantel riss auf, und die hölzerne Figur sah sich dem Wüten der Elemente ausgesetzt. Sofort geriet das Schiff ins Schlingern, wurde immer mehr, Planke für Planke, vom Sturm erobert. Bald war der ganze Bug in der Gewalt der Elemente. Das Schiff begann sich zu drehen, wurde hierhin und dorthin geworfen, während auf Deck Angstgeschrei, wirre Anfeuerungsrufe und Kommandos wild durcheinandergingen.
Von all dem Chaos drangen zu Sennar nur gedämpfte Geräusche hinauf. Er spürte lediglich, dass ihn die letzten Kräfte verließen. Ich bin müde. So furchtbar müde. Und er wünschte sich nur noch, sich fallen, von der Leere, die ihn umgab, wiegen zu lassen, doch irgendetwas in einem entlegenen Winkel seines Bewusstseins hielt ihn davon ab, jetzt aufzugeben. Ein letzter Energiestoß durchströmte ihn von Kopf bis Fuß. Seine Muskeln spannten sich krampfartig an, während sich seine Hände zitternd dem schwarzen Himmel entgegenstreckten, und erneut schloss die Barriere das ganze Piratenschiff in sich ein. Dann sank er nieder und verlor das Bewusstsein.
Vor dem Schiff breitete sich eine friedliche Inselgruppe aus. Hinter ihm zog die schwarze Wolkenwand, die die Schwarze Dämon fast verschlungen hätte, rasch davon. Die Männer jubelten, Rool drückte seine Tochter fest an sich, Benares fuhr sich mit zitternden Händen über das strahlende Gesicht. Sie waren gerettet.
Aires löste sich aus den Armen des Kapitäns und lief zum Großmast. »Sennar! Du warst wunderbar!«, rief sie voller Freude hinauf.
Keine Antwort.
»Sennar!«, rief sie noch einmal. Auf Deck wurde es still.
»Der ist wohl draufgegangen«, bemerkte Benares.
Aires fuhr herum. »Sei bloß still!«, zischte sie, und ihre Erschöpfung vergessend, machte sie sich daran, den Mast hinaufzuklettern.
Als sie den Mastkorb erreicht hatte und hineinsah, waren die Blicke aller Piraten auf sie gerichtet. »Das gibt's doch gar nicht«, rief Aires lachend. »Der pennt!«
5. Laio wird Knappe
Laio konnte seinen Fuß nicht mehr aufsetzen, und auch Nihals verwundete Schulter schmerzte. Daher war nicht daran zu denken, sich gleich wieder auf den Weg zu machen, und sie beschlossen, das erste Licht des Tages abzuwarten. So weit
Weitere Kostenlose Bücher