Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
blickte ihn mit ernster Miene an. »Erzähl mir alles der Reihe nach.« Der Greis setzte sich am Fußende von Nihals Lager nieder und begann: »Gestern Abend hörte ich, dass irgendetwas in der Nähe meiner Höhle vor sich ging. Ich ging hinaus, versteckte mich und sah dich und deine Gefährten in den Händen der Banditen. Du lagst reglos am Boden, nicht weit von dir lag ein junger Mann in seinem Blut, und etwas weiter entfernt saß der Gefangene.« Nihals Herz begann zu rasen. »Wie sah der Gefangene aus?«
»Kaum älter als ein Kind, blond und sehr verängstigt.«
Der Greis erzählte ihr, dass die Räuber bei Laio offenbar einen Brief gefunden hatten, der ihn als Sohn Pewars auswies, und deswegen beschlossen hatten, ihn zu entführen und ein Lösegeld zu fordern. »Sie warfen dich und den anderen einen Abhang hinunter, und schleppten den Gefangenen gefesselt und geknebelt mit sich fort.«
»Der andere, unser Gefährte, ist der ...?«
»Tot«, ergänzte der Alte ohne langes Hin und Her. »Ich habe ihn in der Nähe der Schlucht begraben, in der ich euch fand. Die Banditen hielten dich wohl auch für tot. Du warst aber auch leichenblass und hast kaum noch geatmet.«
Nihal hörte nicht mehr zu. Laios Leben hing an einem seidenen Faden. Es bestand kaum Hoffnung, dass ihn seine Entführer, auch nach der eventuellen Zahlung eines Lösegelds, freilassen würden.
»Weißt du vielleicht, wo sie stecken könnten?«
Der Alte lächelte. »Gewiss. Diese Gegend hier ist mein Reich. Im Umkreis von drei Meilen kenne ich jeden Stein.«
»Dann führ mich zu ihnen!« Nihal sprang auf und ergriff ihr Schwert. Doch ihre Beine gaben nach.
Der Greis fing sie auf, bevor sie zu Boden fiel, und half ihr dann, sich wieder hinzulegen. »So kommst du nicht weit. Du kannst noch nicht richtig sehen, und deine Beine sind zu schwach. Wie willst du es in diesem Zustand mit den Banditen aufnehmen?«
Nihal versuchte noch einmal, auf die Beine zu kommen. Jetzt vorsichtiger. »Ich kann Laio doch nicht in den Händen dieses Gesindels lassen.«
»Mach dir keine Sorgen um ihn. Für die Banditen ist dein Freund Gold wert. Jedenfalls solange sein Vater nicht gezahlt hat. In der Zwischenzeit solltest du versuchen, wieder ganz gesund zu werden.«
Widerstandslos ließ sich Nihal auf ihr Lager zurückfallen. Der Alte hatte recht. In diesem Zustand würde sie sich nur abschlachten lassen.
»Komm, lass den Mut nicht sinken! Du bist jung und stark und wirst dich bald erholt haben. Dann werde ich dich zu ihnen führen.«
Nihal nickte. Ja, sie war noch zu schwach. Ihr Kopf schien zu platzen, und ihr Herz war in Aufruhr. Sie streckte sich auf dem Strohlager aus und starrte, voller Ungeduld, hinauf zu den Wassertropfen, die sich an der Höhlendecke sammelten. Nihal untersuchte ihren matten Körper: eine oberflächliche Verletzung am Arm, die Beine aufgekratzt von den niedrigen Zweigen des Buschwerks, ein tiefblauer Bluterguss an der Schulter. Als sie ihren Kopf berührte, der immer noch schmerzte, stießen ihre Finger auf eine breite Wunde am Hinterkopf. Eine neue Narbe. Das bat mir gerade noch gefehlt. Jetzt werde ich mir wohl die Haare wieder wachsen lassen müssen.
Einige Tage lang lag sie in der Höhle auf ihrem Strohlager, spielte in Gedanken Pläne durch, wie Laio zu befreien wäre, und verzehrte sich danach, endlich zur Tat zu schreiten. Immer klarer wurde ihr Blick, und die Kopfschmerzen ließen nach, bis sie irgendwann ganz verschwunden waren.
Der Greis leistete ihr wenig Gesellschaft. Den ganzen Tag über war nichts von ihm zu sehen. Früh am Morgen versorgte er sie noch mit üppigen Mahlzeiten für den Tag, verließ dann bei Sonnenaufgang die Höhle und kehrte erst abends nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Ganz so, als habe er draußen ein übliches Tagwerk verrichtet.
Wenn Nihal ihn fragte, wo er gewesen war, erhielt sie nur ausweichende Antworten, oder der Greis wechselte das Thema.
Nun, da sie wieder richtig sah, konnte Nihal ihn genauer betrachten. Wie ein Spinnennetz durchzogen die Falten sein Gesicht, doch er war wohl noch nicht so alt, wie es danach den Anschein hatte. Die dicken Schwielen auf seiner rechten Handfläche verrieten, dass er wohl lange Zeit eine Waffe getragen hatte. In jüngeren Jahren musste er ein Krieger gewesen sein. »Hast du viele Schlachten miterlebt?«
»Ja. Zu viele. Ich habe viel getötet, an vielen verschiedenen Fronten gekämpft. Dabei ist es immer derselbe Krieg, der uns nicht loslassen will.«
»Und
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