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Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers

Titel: Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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warst du ein guter Krieger?«
    »Einer unter vielen, nicht besser und nicht schlechter als andere auch.«
    So fielen seine Antworten für gewöhnlich aus: Er deutete Dinge nur an und flüchtete sich in allgemeine Betrachtungen. Obwohl er unablässig lächelte, schien er zu leiden. Seine Knöchel und Handgelenke waren aufgerissen und bluteten häufig. Nihal schloss, dass der Alte ein ereignisreiches Leben geführt und gewiss nicht nur Schönes erlebt hatte. Er wirkte wie ein Schiffbrüchiger, der nach vielen Stürmen endlich seinen Frieden gefunden hat. Am letzten Abend ließ sich Nihal in allen Einzelheiten erklären, wo der Unterschlupf der Banditen lag. Und der Alte geizte nicht mit wichtigen Auskünften. Nicht nur wusste er, wo sich die Männer aufhielten, sondern schien sogar über deren Gewohnheiten Bescheid zu wissen. Nihal begann, ihr Schwert einzuölen, und der Alte setzte sich zu ihr und beobachtete sie, was er häufig tat. Er schien sich sehr für sie zu interessieren.
    »Wie ich sehe, bist du mit dem Volk der Kobolde bekannt«, bemerkte er, ganz unvermittelt. »Woran siehst du das?«, fragte Nihal, die ihre Überraschung zu überspielen versuchte. Der Alte zeigte auf das Heft ihres Schwertes. »An dem Stein dort. Ich habe noch keinen Menschen getroffen, der so einen besitzt, und erst recht keinen Halbelf.«
    »Ja, du hast recht. Den hat mir ein Kobold geschenkt. Ist schon lange her«, antwortete Nihal und merkte dabei, wie die Neugier sie reizte. »Was weißt du über diesen Stein? Kennst du dich damit aus? Weißt du, welche Kräfte er besitzt?«, fragte sie weiter.
    Der Alte lächelte. »Ich lebe schon so lange im Wald, da wäre es doch wirklich seltsam, wenn ich noch nie von den Tränen gehört hätte. Sie bestehen aus getrocknetem Harz vom Vater des Waldes und sind so etwas wie das Symbol des Volks der Kobolde.«
    »Ja, das weiß ich«, unterbrach ihn Nihal ungeduldig. »Was ich herausfinden möchte, ist jedoch ...« Sie biss sich unentschlossen auf die Lippen, denn sie wusste nicht, inwieweit sie diesem Mann trauen konnte.
    Dann erzählte sie ihm aber doch von dem Abenteuer mit Laio im Land des Meeres und wie die Träne sie gegen die Mordlust der Fammin geschützt hatte.
    Der Greis hörte ihr gedankenversunken, aber keineswegs verwundert zu. Als er dann antwortete, klang seine Stimme so ruhig und besonnen wie immer. »Tränen besitzen die Fähigkeit, die Lebenskraft der Natur aufzunehmen und zu verstärken. Die Kobolde aber nutzen diese Gabe nicht. Sie verehren sie nur als Früchte ihres Beschützerbaumes und verwenden sie als Schmucksteine. Vielleicht weißt du es gar nicht, aber man hat dir ein kostbares Geschenk gemacht. Auch wenn Tränen in Menschenhand ganz harmlos sind.«
    Nihal blickte ihn fragend an. »Was meinst du damit?«
    »Nun, keines der Völker, die heute diese Erde bewohnen, ist in der Lage, die Macht der Träne freizusetzen.«
    »Und warum zeigte sie sich dann in meiner Hand?«
    Der Alte lächelte wieder. »Wir haben es uns angewöhnt, nur die jüngste Geschichte dieser gequälten Welt als maßgebend zu betrachten. Doch die Geschlechter, die heute die Aufgetauchte Welt bewohnen, sind nicht die einzigen, die hier lebten. Vor uns gab es noch andere.« »Die Elfen«, murmelte Nihal.
    »Genau. Die Elfen hatten ein anderes Naturverständnis als wir heute. Sie waren den Nymphen ähnlicher als den Menschen und standen der Natur so nahe, dass sie sie in allen Feinheiten aufnehmen konnten. Allen anderen Geschöpfen musste ihre Fähigkeit, den Lauf der Natur zu lenken, wie Magie erscheinen. Ja, die Elfen waren in der Lage, die Kräfte der Tränen ganz zu entfalten. Sie nutzten sie als Bindeglied zu den bestgehüteten Geheimnissen der Welt, sodass ihr Kontakt zur Natur noch enger wurde.« Der Alte hielt inne und schüttelte den Kopf. »Dann verlor ihr Volk an Kraft. Die Elfen wanderten aus in fernere Länder, verließen die Aufgetauchte Welt, und das einzige Zeugnis, das uns von ihnen erhalten blieb, war dein Volk: Die Halbelfen, aus der Verbindung zwischen Elfen und Menschen hervorgegangen, verfügten nicht mehr über diese Nähe zu den Urgeistern, und so waren für deine Ahnen die tiefsten Kräfte der Tränen unerreichbar geworden. Doch die leichter zugänglichen wurden weiter genutzt. Man gebrauchte diese Steine, das Tomren-Harz, als Hilfsmittel in der Magie, als eine Art Verstärker.«
    Verstärker. Auch Phos hatte den Stein so bezeichnet.
    Nihal dachte einige Augenblicke schweigend nach.

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