Die Drachenkämpferin 02 - Der Auftrag des Magiers
mir das Schiff anschauen ...«
Sie beugte sich vor und brachte ihr Gesicht ganz nah an das seine heran. Im Mondlicht erkannte er ihre Augen, so schwarz wie Pech, und er spürte ihren Atem auf seiner Haut, als sie sagte: »Nein, nein ..., so viele Wünsche ... Halt dich lieber zurück, ich könnt's mir auch noch anders überlegen. Bis morgen dann, Bübchen.«
Sie blickte ihn noch einen Moment an, wandte sich dann ab und verschwand in der Dunkelheit. Als Sennar am nächsten Abend zur Mole kam, wartete die Frau bereits auf ihn. Sie trug wieder ihren langen Mantel.
»Komm mit, hier im Freien sind wir nicht sicher.«
Besorgt folgte er ihr, denn er spürte, dass er geradewegs in einen Schlamassel geriet. So liefen sie eine ganze Weile am Strand entlang, in einem größeren Abstand voneinander und, wie sie es verlangt hatte, im Wasser, obwohl das Meer jetzt im Winter eiskalt war. Endlich gelangten sie zu einer zwischen hohen Klippen versteckten Bucht.
Sennar erinnerte sich, dass man ihm als kleinem Jungen verboten hatte, dort zu spielen. Die Bucht sei gefährlich, hieß es nur. Sie zwängten sich durch einen Felsspalt, der sich bald aber schon zu einer von Kerzen erhellten Höhle weitete.
»Hier sind wir ungestört«, sagte sie.
Sennar blickte sich um. Offenbar wurde die Grotte bewohnt. In der Mitte stand ein schwerer Tisch voller Gläser und Schnapsflaschen, und reihum gingen Gänge ab, die anscheinend zu anderen Höhlen führten.
»Setz dich!«
Jetzt erst löste die Frau das Band, mit dem ihr Mantel geschnürt war, und streifte sich mit einer theatralischen Geste die Kapuze vom Kopf.
Sennar blickte sie an. Sie mochte zwischen fünfundzwanzig und dreißig sein, hatte glattes, schwarzes Haar, das ihr lang bis zu den sehr weiblich geschwungenen Hüften herabfiel, und trug ein samtenes, tief ausgeschnittenes Oberteil, das sich eng um ihre vollen Brüste schmiegte. Davon abgesehen aber war sie wie ein Mann gekleidet: mit Stiefeln, einer ledernen Hose und darüber einem Dolch am Gürtel. Sennar verschlug es die Sprache.
»Was starrst du mich so an? Hast du noch nie eine Frau gesehen?«, fragte sie, während sie sich, ohne ihn aus den Augen zu lassen, einen Stuhl am Tisch zurechtrückte, darauf Platz nahm und die Beine übereinander schlug. Dann griff sie zu einer Flasche und füllte zwei Gläser. Eines reichte sie Sennar und leerte das andere wie ein Glas Wasser. »Nun? Wie heißt du?«
Der Magier fragte mit leiser Stimme zurück. »Und du?«
»Das erzähle ich dir nach unserer Besprechung. Natürlich nur, falls ich es dann noch für angebracht halte. Jetzt lass mal die Karte sehen.«
Sennar durchwühlte seine Taschen. Die Frau machte ihn nervös. Hektisch kramte er in seinen Sachen, bis er plötzlich ihre Hand an der Hüfte spürte.
»Vielleicht suchst du ja das hier«, sagte sie betont liebenswürdig.
Sennar senkte den Blick. »Verzeih, ich bin etwas durcheinander. Ja, das ist sie.« Die Frau zog die Pergamentrolle aus seinem Gewand hervor, öffnete sie und warf einen raschen Blick darauf. »Solche Karten habe ich schon Dutzende gesehen. Die hilft uns nicht weiter«, sagte sie und ließ sie mit einer verächtlichen Geste auf den Tisch fallen.
»Wieso denn?«, fragte Sennar, fast gekränkt.
»Na, du bist gut, Bübchen«, antwortete sie spöttisch, »meinst du denn, du bist der Erste, der in die Untergetauchte Welt gelangen will? Du hast wohl keine Ahnung, wie viele es vor dir schon versucht haben. Deswegen sind eine ganze Reihe solcher Karten in Umlauf. Aber das sind fast immer nur unverständliche Kritzeleien, von grober Hand gezeichnete Routen. Nein, nein. Dabei schwören alle, dass ausgerechnet ihre die richtige sei. Seltsam allerdings, dass letztendlich kaum jemand den Mut aufbringt, wirklich in See zu stechen. Und die wenigen, die es versuchten, haben längst die Fische gefressen.«
Sennar nippte an seinem Schnaps, nahm die Pergamentrolle zur Hand, räusperte sich und erklärte mit fester Stimme: »Nein, du irrst dich. Diese Karte zeigt tatsächlich den richtigen Weg in die Untergetauchte Welt.« Er zwang sich, ihr ins Gesicht zu schauen. Sie war so schön, dass es ihm den Atem nahm.
Die Frau bedachte ihn mit einem höhnischen Blick. »Aber gewiss! Lass mich raten: Du hast sie bei einem Händler erstanden, der dir versicherte, über lange Jahre regelmäßig dort rü-bergesegelt zu sein.«
Sennar nahm noch einen weiteren Schluck, bevor er antwortete: »Nein, ein Händler war da nicht im Spiel. Ich
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