Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
Schulter verwendet hatte. Danach suchend schlich sie herum und wurde tatsächlich fündig: Zwar waren die Blätter welk, aber besser als gar nichts. Sogar auf ein Bächlein mit Wasser stieß sie. Es war schlammig, aber Nihal störte sich nicht daran und füllte die Flasche, die sie mit sich führte.
Erleichtert atmete sie auf, als sie bei ihrer Rückkehr die Zweige vor dem Eingang zum Heiligtum noch so liegen sah, wie sie sie zurückgelassen hatte. Sennar war nicht entdeckt worden.
Der Magier lag auf dem Altar. Sein Atem war wieder normal und sein Herzschlag stark und regelmäßig. Nihal untersuchte sein Bein. Die Lanze hatte den Knochen getroffen, und Sennar hatte viel Blut verloren, aber er würde es wohl überstehen. Nihal entfachte ein Feuerchen, auf dem sie Wasser erhitzte. Dann bereitete sie einen Umschlag mit den gefundenen Kräutern zu und legte ihn auf die Wunde. Sennar seufzte vor Erleichterung.
Sie versorgte ihn weiter, bis sie merkte, dass er eingeschlafen war. Erst dann gönnte auch sie sich ein wenig Schlaf und träumte von ihnen beiden und ihrer Kindheit in Salazar.
Geweckt wurde sie von Schrittgeräuschen über ihren Köpfen. Sie schrak auf und zog ihr Schwert. Die Schritte entfernten sich jedoch, und sie beruhigte sich wieder. Da erst blickte sie zum Altar hinüber und sah, dass Sennar die Augen geöffnet hatte. Sie sprang auf. »Sennar!«, rief sie.
Der Magier wandte ihr den Kopf zu und lächelte schwach.
Im Nu war sie bei ihm und umarmte ihn. »Ich hatte so Angst, dass du stirbst ...« »Ich auch«, gab Sennar zu.
Nihal pflegte ihn ohne Unterlass den ganzen Tag. Sennar fühlte sich sehr schwach, doch sein Bein schmerzte nicht, es war wie betäubt. Als er die Wunde betrachtete, sah er erst, wie tief und breit sie klaffte, stimmte aber mit Nihal überein, dass er es wohl überstehen würde.
»Das hast du fantastisch gemacht«, sagte er mit einem Lächeln zu ihr. »Deine Zukunft liegt wohl doch eher in den magischen Künsten als im Kampf.«
Sie lachte, während sie weiter die Heilformel sprach.
Nun war sein letztes Stündlein doch noch nicht gekommen, dachte der Magier. Er erinnerte sich nicht mehr, was geschehen war, nachdem Nihal ihn in das Heiligtum geschleift hatte. Nur dass er sich so elend gefühlt hatte, dass er glaubte, sterben zu müssen.
Der Abend verlief ruhig. Sie aßen, unterhielten sich, lachten, berauscht durch die Tatsache, die Gefahr überstanden zu haben.
Es war der Morgen ihres dritten Tages im Heiligtum, als Sennar plötzlich alles einfiel. Nach Jahren stiller Hingabe und Liebe, während derer er es nicht hatte darauf ankommen lassen, sie zu fragen, ob sie seine Gefühle erwidere, hatte er endlich den Mut gehabt, ihr seine Liebe zu gestehen. Damit hatte er das Versprechen gehalten, das er Ondine bei ihrem Abschied gegeben hatte, jedoch nur, weil er geglaubt hatte, sterben zu müssen. Und so kam er sich jetzt wie ein Idiot vor und wünschte sich, die Zeit mit einem Zauber zurückdrehen zu können, um diese salbungsvolle Liebeserklärung ungeschehen zu machen. Den ganzen Tag über quälte ihn dieser Gedanke - während Nihal ihn pflegte, während sie aßen, miteinander sprachen. Am Abend endlich, vor dem Feuer, das flackernd den Saal erhellte, beschloss er, die Sache anzusprechen. Es ging ihm besser, und er fühlte sich stark genug, jedwede Reaktion auszuhalten, etwa die Antwort, er sei gewiss ein fantastischer Freund, doch in ihrem, Nihals, Herzen könne niemand Fen ersetzen. »Was ich da zu dir gesagt habe, als du mich verwundet hierher gebracht hattest ...«, begann Sennar in einem Moment des Schweigens, doch sogleich verließ ihn der Mut, als er sah, dass Nihal errötete. »Nun ... ich wollt bloß ... klarstellen ...« Wieder schwieg er.
Nihal blickte ihn nicht an.
»Als ich dir sagte, dass ich ..., nun, als ich dir ... diese Sache sagte ... hatte ich hohes Fieber«, murmelte er schließlich. »Ja, ich wusste nicht mehr, was ich redete ..., ich war nicht bei mir ... verzeih mir. Vergiss einfach, was ich gesagt habe«, schloss er und starrte ins Feuer.
Als er wieder aufblickte, war sie bei ihm, ganz nahe.
»Es lag mir schon lange, lange Zeit auf der Seele«, gestand er da, während er sah, wie ihr eine Träne über die Wange lief. »Seit wir uns kennen, glaube ich. Aber ich hätte es dir nicht sagen dürfen, noch dazu in diesem Moment. Verzeih mir. Tu so, als wenn nichts geschehen wäre.«
Nihals Gesicht streifte das seine, ihr blaues Haar umspielte seine Stirn.
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