Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
verstehen. »Das heißt also, dass ...«
»Ja, hier endet deine Reise. Dies hier ist die letzte Station, danach erwartet dich nur noch die entscheidende Schlacht.«
»Bist du der Wächter?«
Phos nickte bedächtig.
»Wie ist das möglich? Du wusstest doch noch nicht einmal, was Halbelfen sind, hast nie die Heiligtümer erwähnt und ...« Nihal brach ab und blickte ihn an. »Warum hast du mir nie von den Heiligtümern erzählt?«
Phos schlug die Beine übereinander, und jetzt, in dieser Haltung, erinnerte er sie an ihren alten Freund und seine lustige, spitzbübische Art. Doch seine Worte klangen betrübt: »Lange Zeit wusste ich selbst nicht, wer ich wirklich bin und welche Mission ich zu erfüllen habe. Aber mein Vater war über viele Jahrhunderte der Wächter von Mawas' Stein. Auch wenn wir nicht so aussehen, wir Kobolde sind sehr langlebig, ich war bereits auf der Welt, als zum letzten Mal ein Elf nach dem Edelstein verlangte, um sich dessen Kräfte anzueignen. Das war vor mehr als tausend Jahren. Doch da er nicht reinen Herzens war, weigerte sich mein Vater, ihn herauszugeben. Verbissen verteidigte er den Stein, bis er von der Hand des niederträchtigen Elfen gemeuchelt wurde. Doch bevor dies alles geschah, hatte er mir von Dingen erzählt, die ich damals nicht verstand: ›Als dein Erbe hinterlasse ich dir einmal etwas Großes und Gewaltiges, das im Herzen dieses Waldes ruht. Du wirst darüber wachen, und wenn der Moment gekommen ist, liegt es an dir zu entscheiden, was damit geschehen soll.‹ Ich fragte ihn, wie ich denn über etwas wachen könne, von dem ich gar nicht wisse, was es sei, und er antwortete mir, zur rechten Zeit würde ich alles dazu Notwendige erkennen. So wurde ich Wächter, ohne etwas davon zu wissen, und lebte als Anführer der Koboldgemeinde, die hier im Wald ihre Heimat hatte. Auch als ich dir begegnete, kannte ich die Wahrheit noch nicht. Als du dich dann aber auf die Suche nach den Edelsteinen machtest, erwachte etwas in mir, und ich hörte die Stimmen der anderen Wächter, die mich an meine Pflicht gemahnten. So erfuhr ich von Mawas. Ich kehrte in dieses Land zurück, das ich einst verlassen hatte, und fand es verwüstet vor. Aber ich ließ mich nicht abschrecken und begab mich zu dem Heiligtum, wo ich seitdem auf dich warte.«
»Was ist denn aus den anderen Kobolden geworden, die hier mit dir wohnten, deinen vielen Freunden?«, fragte Nihal.
Phos ließ die Ohren hängen und seufzte betrübt: »Die sind alle tot.«
Nihal dachte zurück an die kleinen fliegenden Geschöpfe, die sie mehr als drei Jahre zuvor aus dem Land des Windes hinausgeführt hatten. Sie konnte nicht glauben, dass es sie nicht mehr gab.
»Eine Weile ließen wir uns im Land der Sonne nieder«, erklärte der Kobold nun weiter, »in jener Zeit, als wir uns noch einmal wiedertrafen. Doch wie ich dir damals schon erzählte, stellten uns die Soldaten nach und fingen uns ein, um uns als Spitzel zu missbrauchen. Aus diesem Grund begab ich mich zum Rat der Magier. Doch niemand schenkte mir Gehör, ich wurde ausgelacht und weggeschickt. So kehrte ich in mein Dorf zurück, zu meinen Gefährten, und erlebte, wie sich die Gewalttaten fortsetzten, ohne dass wir etwas dagegen hätten tun können. Im Lauf der Zeit sah ich sie alle sterben. Die Wälder, in denen wir lebten, wurden vernichtet, wir selbst wurden gejagt, vertrieben und getötet. Zum Schluss blieb ich allein übrig, in der Einsamkeit des Waldes, in dem wir uns niedergelassen hatten. Ich allein.« Er blickte mit trauriger Miene in die Ferne. »Ich wusste nicht, was ich tun sollte, nachdem alles zerstört war. Gewiss, ich hätte mich anderen Koboldstämmen anschließen können, doch ich stellte mir vor, dass sie das gleiche Schicksal wie uns erwartete. Dann geschah es, dass ich erwachte und von meiner Berufung erfuhr, und so machte ich mich auf den Weg, um hierher zu gelangen.« »Es tut mir so leid ...«
Phos lächelte traurig. »Dies ist das Schicksal dieser Welt: Zerstörung.« Nihal blickte ihn an. »Nein, das stimmt nicht. Eben deswegen bin ich ja unterwegs durch die Aufgetauchte Welt, damit wieder alles so wie früher wird. Oder dient meine Mission etwa nicht dazu, diese Welt zu retten?«
»Was zerstört wurde, wird nicht mehr heil«, antwortete Phos.
Ja, dachte Nihal, das hatte sie immer gewusst. »Aber wozu nehme ich dann dies alles auf mich?«, fragte sie.
»Retten wirst du mit deinem Tun nichts. War dir das nicht bewusst?«, fuhr Phos ungerührt fort.
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