Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
Wandbild, auf wieder einer anderen ein Mosaik, und daran schloss sich eine einzige Glaswand an. Alle Farben bissen sich. Es schien weniger ein Gebäude zu sein als eine wüste Ansammlung von Gebäudeteilen, die ein Blinder zusammengestoppelt hatte.
»Du kannst mich jetzt runterlassen«, sagte Nihal, »mir geht's schon wieder viel besser.« Sennar wandte den Blick von dem seltsamen Gebäude ab und gehorchte. »Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«, fragte er.
Nihal lächelte. »Plötzlich ist mein Kopf wie leer geräumt«, sagte sie. Sie atmete tief durch und kostete die Stille in ihrem Geist aus. Es war wirklich entsetzlich gewesen. Sie hob den Blick zu dem Gebäude. »Das ist das Heiligtum.«
»Was hältst du davon?«, fragte Sennar.
»Es kommt mir so vor, als wolle es mich beschützen, und lädt mich ein einzutreten.« Eine Freitreppe führte zum Eingang hinauf, einer kleinen Tür an der Hauptfassade. Darüber hing eine Art Balkon, an dem einige Pflanzen herunterrankten. Zwischen diesen aber ragte majestätisch ein Baum auf, und es war völlig unerklärlich, wie er unter diesen beengten Verhältnissen überhaupt wachsen konnte.
»Vielleicht hast du Recht. Aber ich finde das Gebäude eher schauerlich«, erklärte Sennar. Er schob sie zur Seite. »Doch egal wie, ich gehe lieber vor, nur für den Fall, dass dort Gefahren lauern.«
»Du musst dich wirklich nicht immer so aufspielen«, erwiderte Nihal, aber er war bereits eingetreten.
Sie folgte ihm. Doch kaum hatte sie einen Fuß in den Palast gesetzt, da verlor sie die ganze Selbstsicherheit, die sie kurz zuvor noch verspürt hatte. Das Innere war, gelinde gesagt, verwirrend. Sie wusste nicht, wie sie sich orientieren sollte. Es handelte sich um ein Gewusel von Treppen, die hinauf- und hinabführten, sich nach links, nach rechts, in alle Richtungen wanden. Nihal konnte nicht erkennen, woher sie kamen und wohin sie führten, oben und unten schien keine Bedeutung mehr zu haben. Sie erblickte Türen, wo eigentlich die Decke sein sollte, und Lampen, die vom Fußboden hingen. Ein Labyrinth. Und doch spürte die Halbelfe immer noch, dass die Stille in ihrem Kopf und ihr plötzliches Wohlbefinden von diesem Ort ausgingen.
»Und jetzt?«, fragte Sennar.
»Keine Ahnung.«
Der Magier ging weiter hinein, und Nihal blickte sich noch aufmerksamer um, um irgendwo einen Anhaltspunkt zu finden. Ganz oben befanden sich zwei Türen, weitere drei an der rechten Seite, fünf öffneten sich zur Linken, eine im Fußboden. Und überall um sie herum nichts als Treppen.
»Vielleicht könntest du es mal mit einem Zauber versuchen?«, schlug sie vor. »Was soll das bringen? Hier weiß man ja noch nicht einmal, wo oben und wo unten ist.« »Dann müssen wir es eben auf einen Versuch ankommen lassen«, sagte Nihal, und schon begann sie, die erstbeste Treppe hinaufzusteigen.
Sennar folgte ihr. Die Treppe schien kein Ende nehmen zu wollen. Und endlich oben angekommen, stießen sie nur auf eine Wand, die ihnen den Weg versperrte. »Offenbar habe ich mich getäuscht«, sagte Nihal.
Sie machte kehrt, merkte dabei aber schnell, dass die lange Treppe, die sie nun hinabstiegen, eine ganz andere war als jene, die sie heraufgekommen waren. Genauer, sie war es, hatte sich aber vollkommen verändert. Vor allem war sie viel kürzer, und der Raum, in den sie führte, war ein anderer als der, von dem sie aufgestiegen waren. »Aber wir können doch nur diese Treppe genommen haben«, meinte Sennar ratlos. »Ja, das denke ich auch. Ich bin die Treppe hinauf-, oben auf die Wand gestoßen und wieder hinuntergegangen. Eine andere Treppe war da ja nicht.«
Jedenfalls standen sie nun in einem anderen Raum: Vor sich hatten sie nur noch eine Tür. Sie durchquerten sie und gelangten in ein anderes Zimmer. Auch dort befand sich nur eine weitere Tür, sie traten hindurch und stießen auf eine dritte Tür. Wieder gingen sie hindurch und fanden wieder eine und noch eine und wieder eine. Auf diese Weise durchschritten sie eine unendliche Zahl von Türen, eine kleiner als die andere, und gelangten so in den x-ten Raum, einen Raum, der nun wieder Treppen, aber keine Türen mehr aufwies.
Nihal rannte auf die erstbeste Treppe zu und stürmte sie wütend hinauf. Oben angekommen, öffnete sich ein bodenloser Abgrund zu ihren Füßen. Entmutigt stöhnte sie auf.
»Ich habe mal etwas über Labyrinthe gelesen«, nahm Sennar die Situation in die Hand. »Ich meine mich zu erinnern, dass man eine Hand an die Wand
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