Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
schenken. Du brauchst bloß die Hände auszustrecken und zuzugreifen.« Frieden ... Wünschte sie sich solch einen Frieden überhaupt? Ja, das tat sie. Wollte sie noch einmal von vorn beginnen? Ja, das war das Einzige, woran ihr wirklich lag. »Hier würde deine Suche enden. Denn hier an diesem Ort gibt es nichts zu suchen, und das Leben ist einfach. Nihal, dort draußen erwartet dich neuer Schmerz, und wenn du wieder hinausgehst, werden Dinge geschehen, die dich furchtbar leiden lassen. Ich weiß es, denn ich habe es gesehen. Aber hier drinnen würde ich niemals zulassen, dass dir etwas zustößt.«
Nihal streckte eine Hand zu Fen aus. Seit seinem Tod waren mehr als zwei Jahre vergangen, doch da sie ihn nun wiedersah, spürte sie, dass sie ihn noch immer so wie damals liebte. Auch Fen streckte eine Hand zu ihr aus, und ihre Finger berührten sich. Dann umarmte er sie, kam mit seinem Gesicht ganz nahe an sie heran und küsste sie schließlich, genauso wie er es in ihren Träumen getan hatte. Doch nun war alles ganz real, seine Lippen auf den ihren, ihr beschleunigter Herzschlag, die Berührung seiner Hände an ihrem Rücken. Ja, dies war wirklich Frieden. Warum hätte sie diesen Traum zurückweisen sollen? Lange genug hatte sie jetzt gelitten, und wenn sie weitersuchte, würde sie ihrem Glück auch nicht näher kommen. Nein, ihr Leben war völlig verfehlt, und die einzige Möglichkeit, glücklich zu werden, bestand darin, es aufzugeben. Wie Thoolan sagte: Wer zu viel leidet, hat ein Recht, dem Schmerz zu entfliehen. Es stimmte: Alles, was sie umgab, war echt. Und auch wenn nicht, war die tiefe Freude echt, die sie angesichts dieser Bilder empfand. Ja, sie würde einwilligen, sie würde diesen verfluchten Talisman zertreten, würde alles andere vergessen und dort bei den geliebten Personen bleiben. Es wäre Wahnsinn gewesen, sich solch eine Gelegenheit entgehen zu lassen. Sie nahm den Kopf zurück und blickte Fen ins Gesicht. Er lächelte wohlwollend, und sie erwiderte dieses Lächeln in Frieden mit sich selbst. Sie wollte sich gerade zu Thoolan umdrehen, um ihr mitzuteilen, dass sie einwilligte, als plötzlich eine Stimme in ihrem Schädel widerhallte.
»Was ist dir, Nihal?«, fragte Fen besorgt.
»Ich ...«, begann sie, wusste aber nicht, was sie antworten sollte. Immer weiter hallte die Stimme in ihrem Kopf nach.
»Bleib hier, Nihal, hier bei mir, ich bitte dich. Vergiss alles, was nichts mit uns beiden zu tun hat«, flehte Fen sie an.
Nihal drehte sich zu ihm um und lächelte ihn zerstreut an, doch in dieser Stimme nahm sie immer deutlicher eine Aufforderung wahr. Sie löste sich aus der Umarmung. Jemand rief sie besorgt beim Namen. Sie lauschte, woher die Stimme kam, und bewegte sich in diese Richtung. Nun stand sie vor einer der Arkaden, die den Raum umliefen, und jenseits davon sah sie Sennar, der dort auf und ab ging und nach ihr rief. Es war seine Stimme, sein Rufen.
»Hier bin ich, Sennar«, rief Nihal zurück.
Sie trat unter die Arkade und ging auf ihn zu.
Sennar drehte sich ruckartig um und blickte sie erstaunt an. »Wo hast du denn gesteckt?«
»Ich war bei der Wächterin«, antwortete Nihal. Während sie das sagte, erinnerte sie sich an Thoolans Angebot, an Fen und alles Übrige. Sie drehte sich um und erblickte die alte Frau hinter sich.
»Ist das deine Antwort?«, fragte diese mit ernster Stimme.
Nihal senkte den Kopf. »Ja.«
Ein verständnisvolles Lächeln ließ Thoolans Gesicht erstrahlen. »Nun denn, wenn dies deine Entscheidung ist ...«
Sie griff an ihre Stirn und nahm den Edelstein in die Hand. »Hier, du sollst ihn haben. Ich habe dich auf die Probe gestellt, Sheireen. Aber du sollst wissen, dass mir dein Glück wirklich am Herzen liegt, und wärest du bei mir geblieben, hätte ich dir mit all meinen Kräften gedient und dir gegeben, was ich dir versprochen habe.« Nihal nahm den Stein entgegen, während Sennar sie immer verwirrter anblickte. »Warum liegt dir etwas an mir?«, fragte Nihal die Alte.
»Weil ich die Halbelfen sehr liebte. Deshalb wollte ich etwas für sie tun und dich unter meine Fittiche nehmen.« Sie seufzte. »Aber vielleicht ist es tatsächlich besser, wenn du deinen Weg allein findest. Du hast dich entschieden, und zwar für einen sehr steinigen Weg. Bleib aber deiner Entscheidung treu und suche dein Glück. Es wird schwer für dich werden, denn bevor deine Reise endet, wirst du Schweres zu erleiden haben. Aber ich habe Vertrauen zu dir. Sei stark. Ich selbst
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