Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
will versuchen, die Albträume von dir fernzuhalten. Auch wenn ich kein großen Einfluss darauf habe, denn Rais hat ihren Zauber mit einem Siegel gesichert. Aber immerhin kann ich dafür sorgen, dass sie dich nicht unablässig, Tag und Nacht, quälen. Mein Stein in deinem Talisman wird sein Möglichstes tun.«
Nihal blickte sie tief bewegt an. »Danke«, murmelte sie.
»Nun, worauf wartest du noch?«, antwortete die Alte brüsk. »Vollziehe den Ritus.« Nihal holte den Talisman hervor, hielt dann aber inne. »Eine Frage noch, bevor wir auseinandergehen. Stimmt es, was du mir zu der fünfzigjährigen Friedenszeit Nammens gesagt hast? Oder wolltest du mich auf die Probe stellen?«
»Nein, es stimmt alles. Leider. Und du solltest dir darüber Gedanken machen, wenn du die Hintergründe deiner Mission voll und ganz begreifen willst.«
Einen Moment lang stand Nihal, mit dem Talisman in den Händen, nur reglos da. »Zögere nicht, Nihal. Die Welt, für die du dich entschieden hast, erwartet dich«, machte ihr die Alte Mut.
Da sprach Nihal die Formel: »Rabhavni sektar aleero.«
Sie spürte die Kraft durch ihre Hände fließen, und der Edelstein glitt in seine Fassung. Da erhob sich ein Wind und fegte durch den Saal jenes rätselhaften Palastes und trug Thoolan und ihre Zauberwelt davon.
Als sich der Wind wieder gelegt hatte, standen Nihal und Sennar in einem schmucklosen, dunklen Raum. Keine Treppen, keine Türen, keine angrenzenden Räume. Der Zauber, der sie zwei Tage lang umfangen hatte, war verschwunden.
14. Der Trinkspruch des Verräters
»Wie geht's dir?«, fragte Sennar Nihal, als sie den Palast verlassen hatten und sich wieder in der Wüste befanden.
Nihal schwieg einen Augenblick. »Ganz gut«, antwortete sie schließlich. In der Tat waren die Stimmen in ihrem Kopf leiser geworden und klangen nur noch wie ein schwaches Echo.
Sennar seufzte erleichtert und überschüttete sie dann mit Fragen: wer diese Alte gewesen sei, wo sie selbst gesteckt habe, als er sie überall suchte, für welchen Weg sie sich entschieden habe.
Nihal wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie fühlte sich noch wie betäubt. Sie erzählte von Thoolan, der Gebieterin der Zeit, erzählte von den Arkaden und was sie darunter gesehen hatte, berichtete auch von Fen, aber nicht von dem Kuss. »Und warum hast du beschlossen, doch nicht bei ihr zu bleiben?«
»Ich weiß es nicht ..., vielleicht kam mir das alles doch zu unecht vor«, antwortete sie, war sich ihrer Worte aber nicht sicher. »Komm los, wir müssen uns wieder auf den Weg machen«, fügte sie hinzu, um dieses Gespräch zu beenden.
Thoolan hatte ihnen ein kostbares Geschenk gemacht: mit Wasser gefüllte Krüge und etwas Proviant. So ausgerüstet, würden sie es durch die Wüste schaffen. Sechs weitere Tage wanderten sie durch die trostlose Landschaft, während der Wind, der über die Ebene peitschte, dichte Staubwolken um sie herum aufwirbelte. Die ganze Zeit über wirkte Nihal in sich gekehrt.
Am sechsten Abend, als sie irgendwo rasteten, beratschlagten sie, in welche Richtung sie nun ziehen sollten.
»Wenn wir geradewegs weiter durch die Wüste wandern, können wir ziemlich sicher sein, nicht auf Feinde zu stoßen«, sagte Sennar.
Er holte eine zerknitterte Landkarte hervor, die sie schon dann und wann benutzt hatten. Sie war zwar sehr alt, aber das Einzige, was Sennar über die vom Tyrannen beherrschten Gebiete gefunden hatte. Seit fünfzig Jahren waren von den besetzten Ländern keine neuen Karten mehr gezeichnet worden. Allerdings konnten in fünfzig Jahren auch keine Gebirge verschwunden sein.
»Wenn wir uns Richtung Süden halten, gelangen wir zu diesen Bergen dort, den ...« Er versuchte, den Namen zu entziffern.
»Den Rehvni«, unterbrach Nihal ihn. »Das bedeutet ›südlich‹.«
Er blickte sie an. »Ja, kann sein. Kurzum, wenn wir uns nicht hängen lassen und mit unseren Vorräten haushalten, müssten wir es eigentlich schaffen.«
Nihal war nicht richtig bei der Sache.
»Ich wäre dir wirklich dankbar, wenn du mir endlich mal ein wenig Aufmerksamkeit schenken würdest«, verlor Sennar jetzt die Geduld. »Seit wir in diesem verdammten Heiligtum waren, siehst du mich kaum noch an ...«
Nihal riss sich zusammen und blickte ihm in die Augen. »Wenn du das für den besten Weg hältst ...«
»Gewiss ist er das«, versetzte Sennar kurz angebunden, verärgert über die Gleichgültigkeit seiner Freundin.
Er faltete die Karte zusammen, und sie machten sich
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