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Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht

Titel: Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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der die Aufgetauchte Welt hätte retten können, denn deine Hände waren rein und dein Geist unschuldig.«
    Er stand auf und zwang Nihal, es ihm nachzutun. »Wir müssen los, ich glaube, ich höre Schritte.«
    Und so machten sie sich wieder auf den Weg.
    Hintereinander und mit wachen Sinnen wanderten sie schweigend durch die Stille. Mehr als einmal mussten sie sich im Gebüsch verstecken, weil sie Schritte oder verdächtige Geräusche gehört hatten. Sie waren es leid, zu töten, und nicht zum Kampf aufgelegt. Das Schwert, das beim Laufen Nihals Oberschenkel streifte, kam ihr nun wie eine Last vor. Sennar spürte seine Wunden, konnte sie aber, da all seine magischen Kräfte erschöpft waren, nur mit einigen Heilkräutern behandeln, die er Laio hatte benutzen sehen.
    Nach drei Tagen gelangten sie an den Ludanio, jenen großen Fluss, der das Land der Nacht teilte. Zunächst erblickten sie nur ein breites trockenes Flussbett voller spitzer Steine. Früher einmal ein mächtiger Strom, war der Ludanio nun fast ausgetrocknet und hatte dieses steinerne Bett hinterlassen, das gewiss einige Meilen breit war. Sie durchquerten es, so rasch sie konnten, waren sie hier doch, ohne jede Deckung, eine leichte Beute für jeden Angreifer.
    So erreichten sie den eigentlichen Fluss, dessen trübes, stinkendes Wasser zwischen Ufern aus verdorrtem Gras träge dahinfloss. Nihal erinnerte er an den Abwasserkanal bei Salazar, in den sie an dem Tag, als ihr Vater starb, hatte springen müssen. Sie rasteten nicht, sondern wateten gleich hindurch, um anschließend die andere Seite des ausgetrockneten Flussbetts zu durchqueren. Das dauerte einen ganzen Tag, und als sie endlich wieder Deckung fanden zwischen den abgestorbenen Bäumen des einst prächtigen Mool-Waldes, atmeten sie erleichtert auf.
    Durch den Wald ging es weiter. Sie verweilten nur, wenn sie vollkommen erschöpft waren, und mehr als einmal kam es vor, dass sie übereilt wieder aufbrechen mussten, weil einer der beiden, während der andere schlief, Schritte oder gar Stimmen vernommen hatte. In vollkommenem Schweigen wanderten sie dahin, aber es war nicht das Schweigen zweier Menschen, die sich nichts zu sagen hatten. Nein, sie schwiegen, weil sie wussten, dass der andere den gleichen Schmerz teilte und es keine Worte gab, mit denen sie einander hätten trösten können.
    So wanderten sie zehn Tage lang durch einen immer dichter werdenden Wald aus abgestorbenen Bäumen und Dornenhecken, aber Schritte oder plötzliche Stimmen hörten sie nicht mehr. Offensichtlich glaubten die Feinde, dass die Gejagten einen anderen Weg eingeschlagen hatten.
    Sie waren entnervt von der ewigen Finsternis, ihren unerträglichen Schatten, von der Luft, die muffig und abgestanden roch, so als habe die Finsternis alles vermodern lassen. Und als sie nun endlich wieder Licht sahen, hatten sie das Gefühl, dadurch auch wieder freier atmen zu können. Denn jetzt am zehnten Tag erblickten sie im Westen einen hellen Streifen am Horizont, wie ein widersinniges Morgengrauen, das sich anstatt im Osten im Westen zeigte.
    »Es ist nicht mehr weit bis zur Grenze«, sagte Sennar. »Vielleicht solltest du mal den Talisman befragen.«
    Je weiter sie zogen, desto heller wurde der Lichtstreifen, der jetzt schon allem um sie herum klarere Konturen verlieh: Die Umrisse der Bäume hoben sich deutlich gegen den Himmel ab, sie begannen, zarte Farben zu erkennen. Es war, wie neu geboren zu werden, und die Welt kam ihnen jetzt anders vor, als sie sie gekannt hatten. Sogar die Trauer, die sie immer noch beherrschte, schien im Licht ein wenig leichter zu werden. Langsam belebte sich auch der Wald, so als erwache er aus einem langen Schlaf: Grüne Flecken zeigten sich plötzlich zwischen gelblichem Farn, belaubte Äste zwischen trockenem Gehölz.
    Am nächsten Tag war das Licht schon fast normal hell, und die Natur wurde immer grüner und üppiger. Schweigend wanderten sie dahin, Sennar voraus und Nihal hinter ihm, als der Magier plötzlich stehen blieb.
    »Was ist los?«, fragte Nihal, mit der Hand bereits am Schwert.
    Sennar drehte sich um, und in seinem Gesicht stand das erste Lächeln seit langer Zeit. »Warte hier«, sagte er und verschwand im Gebüsch.
    »Was ist denn passiert?«, rief ihm Nihal nach, während sie das Schwert zog. »Sei unbesorgt!«, antwortete er ihr aus der Ferne.
    So stand Nihal allein im Wald mit dem Schwert in der Hand und wusste nicht, was sie tun sollte. Besorgt blickte sie in die Richtung, in die der

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