Die Drachenkämpferin 03 - Der Talisman der Macht
tun«, sagte er schließlich.
Der Magier beobachtete, wie Laio die Lider zusammenpresste, um die Tränen zurückzuhalten. Es gelang ihm nicht ganz, eine Träne rann ihm über die Wange. »Wäre ich ein richtiger Mann, hätte ich keine Angst ...«, murmelte er nach einer Weile. »Nur Dummköpfe haben keine Angst vor dem Tod«, erwiderte Sennar. »Nihal hat keine Angst zu sterben.«
»Aber darüber ist sie gewiss nicht glücklich.«
Laio lächelte schwach.
»Du hast dich tapfer geschlagen auf der Lichtung, ganz zu schweigen davon, wie du der Folter widerstanden hast, um uns zu schützen. Deine Angst kann nicht ungeschehen machen, was du zu leisten imstande warst.«
»Ich würde dir gern glauben ...« Ein erneuter Hustenanfall erstickte Laios Stimme. »Jetzt kann niemand mehr sagen, dass du noch kein Mann bist«, fügte Sennar hinzu, und nun war er es, der gegen die Tränen ankämpfen musste.
Laio lächelte. Er wirkte jetzt fast ruhig. »Sag Nihal nicht, dass ich geweint habe.« »Versprochen.«
Nihal hatte ihr Zeitgefühl verloren. Vielleicht war schon mehr als ein Tag vergangen, seit Laio die Augen geöffnet hatte, aber sie hätte es nicht mit Bestimmtheit sagen können. Ihr war, als seien sie in diesem Bau, in dieser Finsternis schon seit Ewigkeiten eingeschlossen. Sennar hatte den Eingang der Erdhöhle mit Zweigen getarnt und ein magisches Feuer entzündet, das ein bläuliches Licht verbreitete. Durch das vor der Höhle aufgehäufte Laub konnte die Luft jedoch nicht zirkulieren, und so war es in dem Bau stickig warm. Einige Male hatte Nihal darüber hinaus auch Schritte gehört, die den Boden über ihnen erzittern ließen. Wahrscheinlich waren es nur Tiere gewesen, doch die Halbelfe war unruhig. Sobald jemand das Blutbad auf der Lichtung entdeckte, würden sich die Feinde auf ihre Spuren heften.
Sennar schlief zusammengekauert in einer Ecke. Blass und kraftlos, wie Nihal ihn noch nie erlebt hatte, war er plötzlich, während er Laio noch behandelte, in sich zusammengesunken. Sie hatte die Wunde des Knappen mit einem Kräuterumschlag versorgt und auch weiter Zauberformeln gesprochen. Um die Verletzung herum hatte sich ein gelblicher Hof gebildet, der sich rasch über den ganzen Rücken ausbreitete. Immer weniger überzeugt sprach Nihal die magischen Formeln.
Laios Augen waren geschlossen. »Hör ruhig auf mit der Behandlung«, sagte er mit einem Mal. »Wieso ...?«
»Hör einfach auf, ich bitte dich«, wiederholte Laio.
»Wie willst du denn ohne unsere Behandlung wieder auf die Beine kommen?«, antwortete sie und zwang sich zu einem Lächeln.
»Ich spüre gar nichts mehr, vom Hals an abwärts, ich kann kaum noch die Finger bewegen ... Ich bitte dich, hör auf mit den Zauberformeln.«
Nihal gehorchte. Sie zog die Hände zurück und schwieg.
»Was für eine sinnlose Reise habe ich da unternommen ...«, murmelte Laio. Nihal war den Tränen nahe. »Red keinen Unsinn.«
»Wieso? Eigentlich wollte ich dir eine Hilfe sein, aber in den Freien Ländern war ich mehr eine Last für dich. Dann habe ich mich schnappen lassen und lief Gefahr, euch an die Feinde zu verraten. Und jetzt halte ich euch hier in diesem Loch auf...« Seine Worte gingen in einem Hustenanfall unter, und im Nu waren die Blätter, auf denen er mit dem Gesicht lag, blutbesprenkelt. Als er wieder zu sprechen anhob, klang seine Stimme noch schwächer. »Ich bin euch gefolgt, nur um euch meinem Tod beiwohnen zu lassen.« »Du wirst nicht sterben!«
»Wie gern hätte ich das Abenteuer bis zum Ende mit dir durchgestanden und dir am Tag der letzten Schlacht geholfen, deine Rüstung anzulegen, so wie du mir in dem Brief geschrieben hast.« Er rang nach Luft. »Wie gern hätte ich erlebt, wie du den Sieg erringst und endlich glücklich wirst. Aber es ist mir noch nicht einmal gelungen, dich zu beschützen.«
»Du hast mir das Leben gerettet, hast mir beigestanden, wenn ich allein war, warst mir immer ein echter Freund. Du hast so viel für mich getan ... Sennar hat mir von den Fammin auf der Lichtung erzählt. Du bist ein Krieger, ein Held.« Jetzt liefen ihr die Tränen hinunter.
Laio lächelte und wurde dann wieder ernst. »Sag mir die Wahrheit: Vrasta ist doch tot, oder?«
Nihal nickte.
»Dacht ich's mir ...«, murmelte Laio traurig und schwieg dann einige Augenblicke. »Nimmst du mich in den Arm?«, bat er sie dann.
Der Knappe versuchte zu lächeln, doch Nihal sah die Furcht in seinen Augen. Behutsam hob sie ihn vom Lager hoch und nahm ihn in
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