Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
den Schluss«, verkündete er fest.
»Ja, du großer Held«, kicherte Ibis, »pass aber auf, dass du nicht über deine eigenen Füße stolperst.«
Cay schenkte ihren Worten keine Beachtung, ging mit festem Schritt den Freunden voran und führte sie immer tiefer in das Labyrinth unter den Silberbergen.
Wie an jedem Tag saß Lahryn vor seinen Experimenten und arbeitete angestrengt, doch immer wieder stützte er den Kopf auf die Hände und stöhnte.
»Ich will mich erinnern. Ich muss einfach! Warum ist in meinem Kopf alles so leer?«
Er presste die Handflächen gegen die Schläfen, so als könne er dadurch seinem angegriffenen Gedächtnis noch ein Stück seiner Erinnerung entreißen. Schweißtropfen traten ihm auf die Stirn und perlten über das von Alter und Gram gezeichnete Gesicht. So saß er eine Weile da, die Arme um den Leib geschlungen, und wiegte sich wie ein einsames Kind hin und her. Doch dann straffte er den schmerzenden Rücken und wandte sich wieder der blutroten Flüssigkeit zu, die über einem Feuer brodelte. Seufzend kippte er das misslungene Ergebnis seiner Forschung in einen Kübel. Sofort stieg beißender Dampf in dichten, schillernden Wolken auf und sammelte sich träge wabernd unter der gewölbten Decke. Lahryn schien das nicht zu stören. Sein Erdhörnchen allerdings, das auf einem verkohlten Regal saß, schnupperte angewidert und kletterte dann hinunter auf den Boden. Ängstlich sah es sich um, ob nicht etwa wieder diese garstige Ratte hinter einer Ecke lauerte, doch sie war nicht zu sehen.
Lahryn löschte die Flammen unter dem Kessel und trat dann in den angrenzenden Kellerraum, den das Feuer zum Glück verschont hatte. Er nahm ein fleckiges altes Zauberbuch vom Bett und schlug es auf. Es enthielt nur einfache Sprüche, wie sie die Schüler auf den Akademien schon in den ersten Jahren beigebracht bekommen, aber selbst diese Zauber bereiteten ihm nun Schwierigkeiten. Lahryn versuchte ein Licht heraufzubeschwören und dann über dem Boden schweben zu lassen, doch jedes Mal, wenn er es anheben wollte, verlosch es. Dann wollte er einen Kanten Brot zu sich rufen, aber er rührte sich nicht vom Fleck. Seufzend gab er es auf. Er klappte das Buch zu, breitete ein Blatt Pergament darüber, tauchte eine Feder in die Tinte und setzte dann seine Aufzeichnungen fort. Sorgsam trug er jeden Fetzen seiner Erinnerung zusammen, der ihm noch geblieben war. Manche Bereiche seines Gedächtnisses waren durch Mykinas Angriff nur gelähmt worden, und manches Mal tauchten plötzlich Fetzen seines Wissens wieder auf. Aus Furcht, sie könnten wieder verschwinden, schrieb Lahryn sie sofort nieder und fügte sie seiner wirren Sammlung hinzu.
Langsam brannte die Kerze herunter, und der Magier erhob sich steif, um eine neue anzuzünden. Seine Beine schmerzten, und vor den Augen erschienen flimmernde Flecken. Benommen sank er auf sein Lager zurück. Die Tage seiner Gefangenschaft ohne Sonnenlicht und frische Luft hatten ihn zum Greis verdorren lassen. Langsam tappte er in sein Laboratorium hinüber. Sehnsuchtsvoll sah er zur offenen Tür hinüber, durch die sein Erdhörnchen gerade hereingehuscht war. Wie sehr beneidete er den kleinen Nager um die Freiheit, die die Türöffnung ihm so trügerisch vorspielte. Er selbst konnte nicht einmal bis zu der Tür gelangen. Wenn er ganz nahe an den Torbogen herantrat, hinter dem ein Vorplatz und ein kurzer Gang zu der geöffneten Tür führten, dann konnte er die magische Barriere erkennen, mit der Mykina ihn in seinen Kellerräumen gefangen hielt.
Die Wunde in seinem Rücken begann wieder zu pochen.Nicht zum ersten Mal verfluchte Lahryn seinen Leichtsinn. So viele Widersprüche, so viele Unklarheiten, so viele Ereignisse hatte es gegeben, die ihn hätten misstrauisch machen sollen, doch er war zu sehr in seine Experimente vertieft gewesen. Er wollte gar nicht daran denken, was Mykina und ihr mächtiger Auftraggeber dem Grafen und der Gräfin angetan haben konnten.
Der alte Mann fiel in einen unruhigen Schlaf, aus dem er immer wieder hochschreckte. Oft wusste er nicht, wo er sich befand, und erst nachdem er durch die Kellerflucht geeilt war, kam die Erinnerung an den schrecklichen Angriff wieder in seinen Sinn. Was hatte Mykina mit ihm vor? Würde er dahinsiechen, verhungern und verdursten, wenn seine Vorräte aufgebraucht waren? Die Sorgen verdrängten den Schlaf, und so lag er wach auf dem Rücken und starrte in die Dunkelheit.
Cay ließ den Strahl der Lampe über düstere
Weitere Kostenlose Bücher