Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Wände gleiten. Dumpf hallten ihre Schritte durch den Gang, der sich mal nach rechts, mal nach links wand, doch stetig weiter in die Tiefe führte. Wenn sie lauschend anhielten, war nur noch ihr eigener Atem zu hören.
Sie wussten nicht, wie viele Stunden sie schon unterwegs waren, doch der finstere Gang begann langsam an ihren Nerven zu zerren. Als sie wieder einmal lauschend stehen blieben, ließ Vlaros sich gegen die Mauer sinken.
»Wir hätten diesem Gang nicht folgen sollen. Wir geraten immer tiefer unter den Berg«, jammerte er. »Wenn das so weitergeht, müssen wir in diesen finsteren Gängen noch übernachten.« Er schauderte.
Thunin knurrte gereizt. »Nachts ist es sowieso dunkel, ob wir jetzt hier oder anderswo schlafen. Also erspare uns dein Gejammer. Glaubst du, uns macht dieser Spaziergang Freude? Nun, wir sind blindlings in die erste Falle getappt. Jetzt müssen wir eben zusehen, wie wir da wieder herausfinden. Wäre es dir lieber, in der Kerkerzelle zu verschmachten?«
Vlaros verstummte und rappelte sich wieder auf, doch in seiner Miene war deutlich zu lesen, dass er immer noch mit seiner aufsteigenden Panik rang. Rolana legte dem Magier die Hand auf den Arm.
»Die Götter sind auf unserer Seite. Sie werden uns den richtigen Weg weisen«, sagte sie voller Zuversicht. Vlaros nickte zweifelnd. Sie gingen schweigend weiter. Ibis, die dicht hinter Cay ging, blieb plötzlich stehen und rief: »Cay, warte, hier stimmt etwas nicht …« Weiter kam sie nicht. Es krachte und prasselte, und wo Cay gerade seinen Stiefel aufgesetzt hatte, gähnte nun ein finsteres Loch. Der junge Schwertkämpfer war verschwunden.
»Cay!«
Mit einem Aufschrei lag die Elbe am Boden und starrte in die Dunkelheit. Die Grube musste mindestens fünfzehn Fuß tief sein. Unter ihr fielen die Wände schräg nach außen ab, so dass ein Opfer, das einmal hineingefallen war, sich auf keinen Fall selbst befreien konnte. Der junge Kämpfer lag zusammengekauert auf dem felsigen Boden und stöhnte.
»Cay, was ist mit dir? Bist du verletzt?«, rief Rolana besorgt und legte sich am Rand der Grube auf den Bauch, um besser sehen zu können. Ein weiteres Stöhnen war dieeinzige Antwort. Hektisch rappelte sie sich auf und griff den Zwerg am Ärmel. »Ich muss sofort zu ihm hinunter. Du musst mich mit dem Seil herablassen, beeile dich!«
Thunin ließ den Rucksack von der Schulter gleiten, zog das Seil hervor und warf das eine Ende in die Grube. Unruhig trat Rolana von einem Fuß auf den anderen und warf immer wieder einen ängstlichen Blick in die Tiefe. Thunin umfasste ihre Handgelenke.
»Ganz ruhig«, sagte er mit seiner tiefen Stimme. »Wenn du vor lauter Eile auch noch in die Grube stürzt, dann hilft ihm das gar nichts.«
Rolana sah in seine dunklen Augen und merkte, wie seine Ruhe auf sie übergriff. Sie schämte sich fast ein wenig, dass sie sich gleich von ihrer Panik hatte fortreißen lassen. Der Zwerg hatte Recht. Nur wenn sie ruhig und überlegt ihre Kräfte sammelte, konnte sie Cay helfen.
»Bist du bereit?« Er tätschelte aufmunternd ihre Wange.
Rolana nickte und griff nach dem Seil. Langsam ließ der Zwerg sie in die Grube hinunter. Cay lag noch immer zusammengekauert auf der Erde, doch seine Augen waren offen, und sein Blick folgte der jungen Frau, die sich neben ihn kniete.
»Cay«, sagte sie sanft, »sag mir, wo du Schmerzen verspürst.«
»Überall«, stöhnte der junge Mann und keuchte, als sie ihre Finger über seine Brust wandern ließ. Rolana konzentrierte sich und strich mit ihren Händen über seinen Kopf, seine Arme und Beine. In ihrem Geist flackerten Bilder von gequetschtem Fleisch und winzigen, gerissenen Adern auf, doch keiner der Knochen schien geborsten. Vorsichtig legtesie die Hände wieder auf seine Brust und schloss die Augen. Ganz deutlich konnte sie die beiden gebrochenen Rippen sehen, die ihre Finger ertasteten.
Ihr Herz schlug wieder wild, und die Angst stieg in ihr empor. Dies war nicht der Krankensaal des Klosters, und niemand von den älteren Brüdern oder Schwestern stand neben ihr, um sie mit seinen Kräften zu unterstützen. Rolana schüttelte den Kopf, als wolle sie so die Unsicherheit aus ihren Gedanken vertreiben.
Ich bin eine Tochter des Mondes, sagte sie sich fest, und • ganz gleich, wo ich mich in dieser Welt befinde, Soma wird mir seine Gnade gewähren.
Cay wälzte sich auf den Rücken. Seine Wangenmuskeln traten hervor, so fest biss er die Zähne aufeinander. Rolana nahm seine
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