Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Hand.
»Soma ist bei uns«, sagte sie voller Zuversicht. »Er wird dir helfen.«
Der junge Kämpfer sagte nichts. Rolana betrachtete noch einmal sein blasses Gesicht, dann schloss sie wieder die Augen. Ihre Gedanken sammelten sich, und ihre ganze Kraft konzentrierte sich in einem Punkt.
»Soma«, betete sie mit seltsam dunkler Stimme, »Gott des Mondes, Herrscher des unendlichen Firmaments, höre deine Tochter. Steige herab zu uns und breite deine schützenden Schwingen über uns aus. Gib uns deine Gnade und spende deiner Tochter die Kraft zu heilen. O Herrscher des Himmels, erhöre mich!«
Die junge Priesterin hatte die göttliche Kraft schon oft in sich gespürt, doch immer wieder erstaunte es sie aufs Neue, wenn der glühende Fluss plötzlich durch ihren Körper strömte, um sich in ihren Fingern zu einem Strahl zu vereinen. Sie legte ihre Hände auf die gebrochenen Rippen und fühlte, wie die Kraft von ihr in Cays Körper schoss.
»Soma, heile seine Wunden!«
Ihre Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. Rolana fühlte, wie die zersplitterten Enden wieder zusammenstrebten. Der Blutstrom der Schürfwunden an seinen Armen versiegte. Erschöpft fiel die junge Priesterin in sich zusammen und lehnte sich gegen die Wand. Cay setzte sich langsam auf und betastete seine Brust. Erstaunen, Misstrauen und Ehrfurcht huschten über sein Gesicht, das langsam seine gesunde Farbe wiedererlangte. Dafür war nun Rolana totenbleich, und ihre Beine zitterten, als sie sich von Cay aufhelfen ließ. Er stotterte verlegen seinen Dank und band ihr dann das Seil um die Brust. Stück für Stück zog Thunin sie nach oben. Dann kletterte Cay behände an dem Tau aus der Grube. Sie ruhten einige Stunden, bis Rolana wieder zu Kräften kam, dann setzten sie ihren Weg fort. Von nun an kamen sie nur noch langsam vorwärts, da Ibis voranging und den Gang nach weiteren Fallen absuchte.
Ihr Weg schlängelte sich immer tiefer in den Berg hinein. Bestanden die Wände am Anfang noch aus sauber bearbeiteten Steinplatten, so war der Gang jetzt nur noch roh behauen und sah immer wieder wie eine natürliche Höhle aus. An einigen Stellen weitete er sich zu großen Hallen, doch es gab auch Nischen oder Engpässe, an denen die Decke so tief hing, dass sie nur gebückt weitergehen konnten, aber noch immer konnten sie keine Abzweigung entdecken. Die Freunde hatten das Gefühl, sich immer weiter vom Tageslicht und der wärmenden Sonne zu entfernen.
Wieder vergingen Stunden, dann endete der Felsengang plötzlich, und eine schwere Eichentür versperrte ihnen den Weg. Sie hatte weder eine Klinke noch ein Schlüsselloch. Vermutlich war auf der anderen Seite ein kräftiger Riegel angebracht, daher trat die Elbe bereitwillig zur Seite, um Thunin Platz zu machen.
»Geht lieber ein Stück zurück«, forderte er seine Begleiter auf, bevor er seine Axt vom Gürtel nahm und sie über den Kopf schwang. Die schwere Schneide sauste herab und fuhr dröhnend in das Holz. Späne spritzten nach allen Seiten. Der Zwerg holte noch einmal aus. Der zweite Schlag traf die Tür so hart, dass sie aus den Angeln flog und krachend auf dem Boden aufschlug. Sie schlitterte noch einige Fuß weit und blieb dann auf den schmutzigen Steinplatten liegen. Das Echo sprang von Wand zu Wand und kam dann donnernd wieder zurück.
Vorsichtig betraten die Gefährten die hohe Halle. Sie lauschten angespannt und sahen sich neugierig um. Der Lichtstrahl von Cays Lampe huschte über bemalte Wände und mächtige, runde Säulen, die die hohe Hallendecke trugen. Irgendwo gluckste Wasser. Ein schriller Pfiff ertönte, und dann war das Poltern von herabfallenden Steinen zu hören, doch kein Lebewesen ließ sich blicken. Rolana spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten. Sie sah zu Thunin und Cay hinüber. Auch ihre Mienen waren angespannt, und in Vlaros’ Blick glänzte die nackte Angst. Nur die Elbe sah noch immer unbekümmert drein.
Schritt für Schrift tasteten sie sich vorwärts. Drohend tanzten die Schatten im Laternenschein. Sie kamen an übermenschengroßen Statuen mit Tiergesichtern vorbei. Eineseltsame Erregung griff nach der Priesterin, als sie staunend die Figuren betrachtete.
»Sicher sind es Götter, doch keine aus unserer Welt«, sagte sie erstaunt. »Wie alt sie wohl sind?« Sie berührte den porösen Stein mit den Fingerspitzen.
»Wenn es nicht völlig unmöglich wäre, dann würde ich sagen, diese Götter und die Hallen stammen aus der Zeit vor dem großen
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