Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
war.
»Lass sie in Ruhe«, sagte er. »Sie ist eine weise Priesterin und etwas ganz Besonderes. Was soll sie mit einem ungebildeten Bauernbengel wie dir anfangen?«
Der Laut, den Cay ausstieß, erinnerte an ein verletztes Raubtier. Seine Augen glitzerten gefährlich.
»Du fader, mickriger Bücherwurm! Was weißt du denn schon von dem Leben da draußen? Deine Welt bricht zusammen, wenn du einen Fleck auf deinem Rock hast. Warum bleibst du nicht hinter dem warmen Ofen, wo du hingehörst? Es kann ja sein, dass Rolana sich nichts aus mir macht, doch mit dir würde sie vor Langeweile sterben.«
»Ihr habt sie überredet, sich in dieses verrückte Abenteuer zu stürzen, das sie jetzt vielleicht das Leben kostet. Ihr Blut klebt an deinen Händen.«
Thunin und Ibis fuhren aus dem Schlaf und blickten ungläubig auf die beiden Männer, die sich mit gezückten Waffen gegenüberstanden. Ibis setzte sich aufrecht hin und betrachtete die Szene interessiert. Der Zwerg jedoch war mit einem Fluch auf den Beinen und stellte sich zwischen die beiden.
»Habt ihr nichts Besseres zu tun, als euch gegenseitig an die Kehle zu gehen, während Rolana mit dem Tod ringt? Feine Freunde hat sie, das arme Ding.«
Keiner hatte bemerkt, dass Rolana aus ihrer Ohnmacht erwacht war und voller Entsetzen von einem zum anderen sah.
»Ihr seid ja verrückt!«, schrie sie. Beschämt ließen die Männer die Waffen sinken und eilten zu ihr, doch sie hob abwehrend die Hand.
»Ich will euch nicht sehen. Verschwindet, alle beide!« Tränen schossen in ihre Augen. Als Thunin sich zu ihr niederkniete, schlang sie die Arme um seinen Hals und legte ihr nasses Gesicht an seine Brust. Beruhigend streichelte er sie, bis sie in einen unruhigen Schlummer fiel.
»Solche Kindsköpfe«, knurrte er.
Lahryn hob den Kopf und lauschte. Die Erde begann zu grollen, und dann zitterten die Steinplatten unter seinen Füßen. Staub rieselte aus den Ritzen in der Decke, bedeckte sein schütteres Haar und den durchlöcherten Umhang und reizte den alten Mann zum Husten. Besorgt sah er zur Decke empor. Das Zittern und Grollen verstärkte sich, irgendwo polterten Steine herab, doch wohin sollte er fliehen? Er konnte nur hoffen und beten, dass seine Kellerräume nicht in sich zusammenstürzten. Das klapprige Regal an der Wand wankte und drohte umzukippen. Lahryn stützte es mit dem Rücken ab und fing zwei Phiolen auf, die vom oberen Brett herabfielen. Hektisch huschte sein Blick zum Tisch und zu seiner wertvollen Apparatur hinüber, doch plötzlich erstarrte er. Etwas hatte sich verändert. Lahryn trat von dem Regal weg, das nun wieder bewegungslos an der Wand lehnte, und sah sich um. Das bläuliche Licht der magischen Barriere war verschwunden. Vorsichtig näherte sich der alte Magier dem Torbogen und streckte die Hand aus. Nichts geschah. Er war frei.
Hastig packte er seine wichtigsten Bücher und Fläschchen in ein Bündel und eilte aus dem steinernen Gelass, das so lange sein Kerker gewesen war. Wieder grollte die Erde. Der Gang erzitterte, als unweit vor ihm der Treppenaufgang unter Donnergetöse einstürzte. Lahryn presste sich den Ärmel vor Mund und Nase und taumelte zurück. Als sich die Staubwolke legte, lag das ganze Ausmaß der Zerstörung vor ihm. Mit einem tiefen Seufzer lehnte er sich an die Wand. Er hatte sich wohl zu früh gefreut. Für einen Moment war es ihm vergönnt gewesen, sich frei zu glauben. Nun, da Mykinas Kerker ihn losgelassen hatte, stand ein neues unüberwindliches Hindernis in seinem Weg. Der Gedanke schmerzte, doch er musste der Wahrheit ins Auge blicken: Es gab für ihn keine Möglichkeit, in die Burg hinaufzukommen.
Lahryn fühlte sich leer und ausgelaugt, als er wieder inseinen Kerker trat. Er dachte an die fünf Gefährten, und der lange Marsch durch die Labyrinthe, von dem sie ihm berichtet hatten, kam ihm in den Sinn. Gab es denn wirklich keinen anderen Zugang zu den Stollen? Möglich, aber nicht wahrscheinlich. Er wusste, dass seine Chancen nicht gut standen, solch ein Abenteuer allein zu bestehen, doch hier in seinem Kerker wartete der sichere Tod auf ihn. Schweren Herzens ließ er seine Bücher und Fläschchen zurück und packte stattdessen Essen, Wasser und Kienspäne in sein Bündel. Niedergeschlagen machte er sich auf den Weg, der ihn, wie die Freunde es beschrieben hatten, zu dem kochenden See bringen würde. Seine einzige Hoffnung war, die Drachenhöhle zu finden. Jetzt, wo die große Echse tot war, könnte er es wagen, sie zu
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