Die Drachenkrone ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
schielte er auf seine Schulter, auf der das Erdhörnchen Platz genommen hatte und eine Nuss nach der anderen verzehrte.
Inzwischen waren auch Cay, Thunin und Vlaros erwacht. Auf dem Tisch fanden sie ein Frühstück vor. Verwundert schüttelte der Zwerg den Kopf. Hatte seine Wachsamkeit so sehr nachgelassen, dass er nichts davon mitbekommen hatte, wie jemand eingetreten war? Nur gut, dass sie sich hier unter Freunden befanden. Ein wenig unheimlich schienen ihm die lautlosen Elben mit ihrem singenden Tonfall schon. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, Brot, Honig und Früchten kräftig zuzusprechen. Kaum hatten sich die Freunde zu Tisch gesetzt, als ein Elbenmädchen in einem weißen Gewand eintrat, sich verbeugte und ihnen Nachricht von Rolanas Genesung brachte. Cay und Vlaros seufzten hörbar auf. Das Mädchen legte ihre schmale Hand an die Brust, senkte noch einmal den Kopf mit dem goldenen Haar und verschwand dann wieder.
»Wo ist eigentlich Ibis?«, fragte Thunin und brach sich noch ein großes Stück von dem noch warmen Brot ab. »Sicher stellt sie wieder irgendwelchen Unfug an«, brummte er, als die anderen nur mit den Schultern zuckten.
Vlaros erhob sich und schlüpfte in seinen runenbestickten Umhang. »Ich gehe mir die Stadt ansehen.« Er bückte sich unter der niedrigen Tür hindurch und kletterte die Strickleiter hinunter.
Cay sah ihm nach. Seine Lippen waren ungewöhnlich schmal. »Bestimmt geht er zu Rolana«, knurrte er.
Der Zwerg warf einen gequälten Blick an die Decke. »Na, und wenn schon, sie gehört dir nicht! Das solltest du dir ganz schnell in deinen dicken Schädel einprägen, wenn du sie nicht schneller verlieren willst, als du dich umsehen kannst. Außerdem kann ich mich nicht erinnern, dass sie sich dir versprochen hätte oder so.«
Verlegen sah Cay auf sein Brot herab. »Nein, so ist das nicht.«
»Gut, dann führe dich nicht wie ein eifersüchtiger Bulle auf und lass mich in Ruhe frühstücken.«
Der junge Kämpfer erhob sich und schob das Schwert in die Scheide. »Dann lasse ich dich jetzt mit Brot und Honig allein.«
»Und ich würde dir auch nicht empfehlen, den ganzen Tag wie ein Wachhund um die Steineiche herumzuschleichen. Vor heute Abend lässt Galorond sicher niemanden zu ihr.«
»Das habe ich auch nicht vorgehabt«, verteidigte sich Cay und kletterte dann flink die Strickleiter hinunter.
Neugierig schlenderte der junge Mann über die Lichtungen und Plätze. Die Sonne blinzelte zwischen den Ästen hindurch, tupfte die letzten Tautropfen auf und malte Schatten in das weiche Gras. Cay schlug einen weiten Bogen und näherte sich dann wieder dem Marktplatz. Nicht weit entfernt sah er nun Thunin unter einer mächtigen Eiche sitzen. Mit zufriedener Miene lehnte der Zwerg am rauen Stamm und sog genüsslich an seiner Pfeife. Vor ihm auf der Lichtung klirrten die Schwerter, allerdings ging es nicht so kriegerischzu, wie es sich anhören mochte. Zwei junge Elben, angetan mit dicken, wattierten Westen und mit ungeschliffenen Schwertern bewaffnet, jagten sich in spielerischem Kampf über die Wiese. Einige Kameraden hatten sich als Zuschauer eingefunden und feuerten die beiden abwechselnd an. Der Zwerg genoss das Spiel der geschmeidigen Elben, die nie die Anmut in ihren Bewegungen verloren und, das musste er neidlos zugeben, einfach großartig fochten.
Cay blieb am Rand des Platzes stehen und beobachtete die beiden Kämpfer. Ihm war schnell klar, dass Vanadil und Seradir keine Neulinge mit diesen ungewöhnlich schmalen Klingen waren. Zuweilen glich das Spiel ihrer Kräfte einem lange einstudierten Tanz.
Seradir, der Kleinere von beiden, schien die Oberhand zu gewinnen und trieb Vanadil vor sich her. Ein verschmitztes Lächeln umspielte seine Lippen, sein Haar glänzte bläulich in der Sonne. Vanadil verlor immer mehr an Boden. Der Schweiß lief ihm in Strömen über Stirn und Schläfen, und nun keuchte er in kurzen Stößen. Die Zuschauer ahnten bereits, was kommen musste, und wirklich, mit einer raschen Drehung des Handgelenks und einem kräftigen Schlag entwaffnete Seradir seinen Gegner und schleuderte ihn mit einem Fußtritt zu Boden. Mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen setzte er dem hilflos im Gras Liegenden die Schwertspitze an die Kehle.
»Ergibst du dich, lieber Vanadil?«
»Ja, du blauer Teufel«, stöhnte der Geschlagene und schob vorsichtig die Schwertspitze von seinem Hals weg. Die Zuschauer applaudierten, und Seradir verbeugte sich spielerisch nach allen
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