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Die Drachenperle (German Edition)

Die Drachenperle (German Edition)

Titel: Die Drachenperle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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auf.
    „Die Prüfung ist bestanden. Sina hat die Gabe der Geistheiler unter Beweis gestellt und kann zur Meisterschülerin ernannt werden. Ist hier auch nur einer, der dies anzweifelt oder der eine Herausforderung aussprechen will? Dann möge er dies jetzt tun oder fortan für immer schweigen!“
    „Ich fordere Sina heraus!“
    Konradi fuhr herum. „Wer hat das gesagt? Er möge auf das Podium kommen!“
    Athaja sprang empört von ihrem Sitz auf und wollte protestieren, doch Konradi brachte sie mit einem scharfen Blick zum Schweigen. Unruhe breitete sich unter den Ehrengästen aus, aber das Volk war schier begeistert, denn jetzt wurde ihnen vermutlich noch gute Unterhaltung zuteil. Eine Herausforderung, man höre und staune!
    Taiki ging gelassen die drei Stufen hoch und baute sich vor Sina auf. „Ich bezweifele deine Gabe und sage: Ich kann es besser!“
    „Wer bist du, dass du dich traust, solche Worte zu sprechen, Bursche?“ , fragte der Bürgermeister und gab Konradi einen Wink, dem Ritual gemäß fortzufahren.
    „Ich bin Taiki. Sohn der Aurelia. Enkel der Lydia und Urenkel der Ehrenwerten Ältesten des Hohen Rates.“
    Mareika genoss die Szene, wie eine Katze genussvoll unverhoffte Sahne aufschlecken würde .
    „Kannst du das beweisen? , “ fragte Konradi verunsichert.
    „Natürlich kann er das nicht!“ Ratsherr Ulf erhob sich von seinem Sitz und war vor lauter unterdrücktem Ärger puterrot im Gesicht. „Das ist doch absurd! Mareika hat keine Nachkommen mehr außer ihrer Tochter Lydia. Das wissen wir alle! Sie hat den Verstand verloren, wenn ihr mich fragt! Neulich faselte sie von Träumen, in denen sie einen Urenkel erblickt. Sie ist wirr im Geiste, sage ich euch. Und der da ist irgendein dahergelaufener Fremder, den sie gedungen hat. Jagt ihn fort, ich kann diese Posse nicht dulden!“
    Mareika erhob sich langsam und trat in die Mitte. Sie schaute Ulf mit eisigem Schweigen fest in die Augen, bis sein Blick anfing zu flackern. Ohne ihn weiter zu beachten, wandte sie sich dann an Konradi.
    „Wächter des Ritus! Wir werden den Beweis antreten. Dieser junge Mann ist mein leiblicher Urenkel. Er trägt ein Heilerzeichen auf seiner linken Schulter. Ein angeborenes Muttermal in Form einer Lilie, was ihn als Sohn meiner Aurelia ausweist. Keine Tätowierung, wie alle Blutsverwandte meiner Familie eine tragen, nein. Das Mal ist von Geburt an Teil seines Körpers gewesen.“
    Athaja konnte nicht an sich halten. „Er soll die Prüfung ablegen! Jetzt sofort!“
    Alle Ehrengäste waren inzwischen von ihren Sitzen aufgesprungen und diskutierten erregt miteinander. Konradi wusste, wenn er jetzt nicht sehr bald diesen Tumult unter Kontrolle bekam, wäre er ein unwürdiger Wächter. Genau genommen ein noch unwürdigerer Wächter des heiligen Ritus. Denn durch seinen willfährigen Betrug, dazu angestiftet und erpresst von Athaja, hatte er längst alles entweiht. Er spürte, wie etwas in ihm lautlos zerbrach.
    „Gebt Ruhe! Allesamt! Geht auf eure Plätze zurück. Bei allem Respekt, Herr Bürgermeister, Ihr auch!“
    Konradi stampfte mehrfach energisch mit dem Eichenstab auf und wandte sich dann Taiki zu, der seelenruhig dastand. Das Ritual musste fortgesetzt werden.
    „Wer bist du, dass du die Herausforderung wagst?“
    „Ich stamme aus einer Familie von Heilern, die ihren Ursprung zurückverfolgen kann bis an den Beginn der Heilkunst, die uns Menschen als Gabe der Götter verliehen wurde.“
    Taiki hatte die ritusgemäße Antwort auswendig gelernt.
    Konradi ließ wieder den Eichenstab dreimal sprechen.
    „So unterziehe dich nun der Prüfung, ob du wahrhaftig die Gabe besitzt, die der Meisterschüler der Tempelschule haben muss. Denn diese Schule unterrichtet die hohe Kunst der Geistheilung! Mache dich nun bereit, angeblicher Urenkel der Mareika und Enkel der Lydia, die beide als Zeugen zugegen sind.“
    Konradi wandte sich dem Bürgermeister zu, um das Kästchen mit der Saat zu empfangen. Doch dieser schüttelte blass sein feistes Haupt, denn er hatte nur eines mitgebracht. Eine Herausforderung hatte es seit Generationen nicht mehr gegeben, und so war er auf diese Situation nicht vorbereitet. Was dem Gesetz des Ritus widersprach. Welch e Schande dadurch über ihn kam! Auch Konradi war verunsichert. Was sollte er nun tun?
    Ein weißhaariger alter Bauer, der in der ersten Reihe stand und ein heller Kopf war, lachte laut auf.
    „Seht sie euch an, die Großen und Mächtigen unserer Stadt. Wissen nicht, was sie jetzt

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