Die Drachenreiter von Pern 06 - Drachentrommeln
Herden seines Vaters bewacht! Sicher, die Hütte seiner Eltern hatte in Rufweite gestanden, aber die letzten Stunden bis zum Sonnenaufgang waren meist quälend langsam verstrichen. Und wenn nun Sebell etwas zugestoßen war? Oder wenn ihn etwas Unvorhergesehenes aufhielt? Sollte Piemur dann allein nach Nabol gehen? Und wie kam er wieder in die Harfnerhalle zurück? Er hatte vergessen, den Weyrführer von Fort danach zu fragen. Nun wußte er nicht einmal, ob N’ton ihn wiederabholen würde oder ob er den Heimweg zu Fuß antreten sollte.
Hatte Sebell die Absicht, die Herde während ihres Aufenthalts zu verkaufen? Oder mußten sie die Tiere wieder nach Ruatha treiben? Es gab eine Menge Einzelheiten, die Sebell ihm nicht verraten hatte; fest stand nur, daß sie sich so unauffällig wie möglich unter die Festbesucher mischen sollten.
Piemur tröstete sich damit, daß dieser Auftrag auch seine Vorteile hatte. Er kam um das Fest auf Burg Fort und Tilgins Gesang herum. Piemur seufzte tief. Es bedrückte ihn immer noch, daß er ausgerechnet die Rolle, die Domick ihm auf den Leib geschrieben hatte, nicht mehr singen konnte. Die Bewunderung der übrigen Harfner wäre ihm gewiß gewesen. Vielleicht hätte sogar Lessa, die Weyrherrin von Benden, Notiz von ihm genommen. Ganz sicher erschien sie als Ehrengast auf Baron Groghes Fest, um die neue Ballade zu hören.
Er fror und fühlte sich elend. Nicht einmal einen Schluck kalten Klah hatte er zu sich genommen, als man ihn weckte und hierher verfrachtete. Bis Sebell mit seiner Herde hier vorbeikam, konnten noch Stunden vergehen!
Und wenn sie den Auftrag hier erledigt hatten und wieder heimkehrten, welche Arbeiten erwarteten ihn dann in der Harfner-Halle? Piemur grinste und schlang die Arme enger um die Knie. Rokayas hatte ihn am Vortag ganz entgeistert angeschaut, als er die schwierige Trommel-Botschaft, die sich der Geselle als Test ausgedacht hatte, fehlerfrei wiedergeben konnte. Piemur tat es fast leid, daß er nun nicht mehr…
Er tastete neben sich und fand einen Stein. Vorsichtig schlug er damit gegen den Felsblock, der ihm als Schutz diente. Der Laut hallte über das kleine Tal hinweg. Piemur nahm einen zweiten Stein, stand auf und ging bis an die Straße, die sich inzwischen als gewundenes helles Band gegen das Grau abhob. Er schlug die Steine in der monotonen Kennfolge für »Harfner« zusammen und fügte den Kode für »Wo?« an. Das helle, scharfe Hämmern prallte von den Felswänden zurück. Er wartete, damit Sebell Zeit fand, sich ebenfalls mit Steinen zu versorgen, und wiederholte dann die beiden Takte. Nach einer kurzen Pause hörte er ein Stück entfernt die gedämpfte Antwort: »Geselle unterwegs.«
Piemur war unsagbar erleichtert. Er überlegte sich eben, ob er Sebell entgegengehen oder in seinem Versteck warten sollte, als aus der Ferne die Botschaft: »Bleib!« an sein Ohr drang. Er war ein wenig enttäuscht über diese Auskunft und fuhr mit der Fußspitze unschlüssig im lockeren Geröll am Wegrand umher. Ganz sicher war Sebell nicht mehr weit entfernt. Was machte es also, wenn er dem Harfnergesellen entgegenging? Aber die Botschaft war eindeutig gewesen, und sicher hatte Sebell einen triftigen Grund für seinen Befehl – einen triftigeren Grund als Oldives Mahnung, auf Piemurs Gesundheit zu achten.
Zögernd kehrte Piemur in sein Versteck zurück – und keine Sekunde zu früh! Er hörte das Klappern von Rennerhufen auf Stein, das Klirren von Metall und laute, anfeuernde Rufe. Ein Schwarm Feuer-Echsen schoß aus dem fahlgrauen südlichen Himmel und jagte die gewundene Straße entlang. Piemur konzentrierte seine Gedanken auf die Schwärze des Dazwischen, als die Echsen an seinem Versteck vorbeiflogen. Der Boden unter seinen Füßen begann zu zittern, und eine Reiterschar preschte die Straße entlang.
Staub wirbelte hoch. Piemur konnte nicht genau sagen, wie viele Männer vorbeiritten, aber er schätzte die Zahl auf etwa ein Dutzend. Ein Dutzend Reiter, eskortiert von einem ganzen Echsenschwarm?
Wieder stieg Ärger in Piemur auf. Er wußte, daß ihn die Echsen, die allem Anschein nach einer Gruppe wohlhabender Hofbesitzer gehörten, weit weniger gestört hätten, wenn er nicht schon bei der ersten Karawane einen ganzen Schwarm entdeckt hätte. Das war einfach ungerecht. Er mußte Baron Oterel von ganzem Herzen beipflichten: Es gab zu viele Echsen in Nabol.
Seine Empörung über Merons Machenschaften war so groß, daß er zunächst das Schlurfen und
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