Die Drachenreiter von Pern 07 - Moreta, Die Drachenreiterherrin von Pern
Lage gewesen sein, Bakterien oder Viren zu bekämpfen, die sie selbst oder diese Tiere bedrohten. Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, versicherte Capiam seinem müden Gehirn, bis man die entsprechenden Hinweise entdeckte. Fortine hatte die Aufzeichnungen durchforschen lassen, die in den Archivhöhlen gestapelt lagen. Als er dann seine Leute in die Burgen und Höfe schicken mußte, um die überarbeiteten Gildegefährten abzulösen, hatte Tirone großmütig seine Harfner für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt. Die Harfner waren allerdings Laien auf dem Gebiet der Heilkunde, und wenn sie nun einen wichtigen Satz übersahen, weil sie die Bedeutung nicht erkannten oder falsch einschätzten … Aber so gefährliche Dinge wie eine Epidemie wurden doch sicher nicht in einem einzigen Satz abgehandelt …
Wann kam endlich Desdra mit der Suppe, damit er aufhörte, sich das Gehirn zu zermartern? »Hör auf zu jammern!« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen, das ihn selbst erschreckte. »Du benimmst dich wie ein grämlicher alter Mann! Dabei bist du am Leben! Wenn man eine Krankheit nicht heilen kann, muß man sie ertragen … sich an sie gewöhnen …«
Wieder drangen die Trommeln wie Hämmer in seine Gedanken. Die Botschaft kam von Keroon. Sie brauchten Medikamente. Heiler Gorby meldete, daß seine Vorräte an Borrago und Akonit zur Neige gingen, daß er große Mengen Tussilago für die Bronchitis-Kranken und Stechpalme gegen Lungenentzündungen benötigte.
Neue Furcht durchzuckte Capiam.
Bei diesem unvorhergesehenen Bedarf an Arzneien gingen der Apotheke in der Heilerhalle sicher bald die Rohstoffe aus. Die Zuchtbetriebe von Keroon, die viel mit Tierkrankheiten zu tun hatten, mußten eigentlich selbst in der Lage sein, sich zu versorgen. Aber Verzweiflung erfaßte ihn, wenn er an die kleineren Höfe dachte. Dort hatte man vermutlich nur ein paar Allerweltsmittel zur Hand, heimische Kräuter und Rinden, die man gelegentlich gegen Heilpflanzen aus anderen Gebieten tauschte … Welche noch so tüchtige Hausfrau würde sich mit Vorräten eindecken, die für eine Epidemie reichten?
Dazu kam, daß die Krankheit während der kalten Jahreszeit zugeschlagen hatte. Die meisten Arzneipflanzen pflückte man während der Blüte, wenn sie ihre Heilkraft am stärksten entfalteten. Die Wurzeln und Knollen dagegen sammelte man im Herbst. Frühlingsblüte und Herbsternte waren so fern …
Capiam wälzte sich auf seinem Lager hin und her. Wo blieb Desdra? Wie lange mußte er hier noch allein ausharren?
»Capiam?« Desdras ruhige Stimme durchbrach sein Selbstmitleid. »Noch etwas Suppe?«
»Desdra! Diese Botschaft von Keroon …«
»Als ob es nur ein Fiebermittel gäbe! Fortine hat eine lange Liste von Ersatzmedikamenten zusammengestellt.« Desdra schien wütend auf Gorby. »Da wären Eschenrinde, Buchsbaum und Thymus, neben Borrago und Federfarn. Vielleicht erweist sich eine dieser Arzneien sogar als Lösung unseres Problems. Semment vom Großen Gutshof beispielsweise glaubt, daß Thymus bei Lungenleiden besser als alles andere wirkt. Meister Fortine schwört auf Federfarn, eine Pflanze, die man zu jeder Jahreszeit und überall findet. Wie geht es dir übrigens?«
»Elend. Ich kann nicht einmal die Hände hochheben.« Er versuchte seine Schwäche zu demonstrieren.
»Die Müdigkeit ist Teil dieser Krankheit. Du hast die Symptome selbst niedergeschrieben. Wenn man eine Krankheit nicht heilen kann …«
Er nahm seine letzte Kraft zusammen und warf mit dem Kissen nach ihr. Es plumpste einen Meter neben dem Bett zu Boden. Lachend hob Desdra das Wurfgeschoß auf und legte es wieder an seinen Platz.
»Zumindest dein Temperament zeigt eine Aufwärtstendenz. Nun trink die Suppe!« Sie stellte die Kraftbrühe auf dem Tisch ab.
»Sind auf Fort alle gesund?«
»Alle, ja. Sogar der pompöse Tolocamp, der sich in seinen Privaträumen verbarrikadiert hat. Ich fürchte nur, der Kerl holt sich eine Lungenentzündung, weil er ständig am Fenster steht und seine Wachen kontrolliert.« Desdra grinste boshaft. »Er hat Boten im Hof stationiert. Ihnen wirft er Zettel zu, auf denen er die säumigen Posten beschimpft. Nicht einmal eine Tunnelschlange würde seiner Aufmerksamkeit entgehen.« Ein spöttisches Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Meister Tirone mußte ein ernstes Wort mit ihm reden, ehe er überhaupt ein Lazarett auf seinem Gelände errichten ließ. Der Baron befürchtete, daß dies eine willkommene Ausrede für seine Untertanen
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