Die Drachenreiter von Pern 09 - Drachendämmerung
Genmuster manipuliert, ein komplizierter Prozeß, den Bay trotz der Ermunterungen der Genetikerin ebenso beängstigend fand wie Windblüte. Kitti hatte also diese winzigen Veränderungen an den Chromosomen vorgenommen. Bay fröstelte, eine schreckliche Angst schüttelte sie. Sie preßte die Lippen aufeinander. Das war nicht der richtige Augenblick, um in Panik zu geraten. Sie durften nicht verlieren, was Kitti Peng aus dem Rohmaterial von Pern geschaffen hatte.
Mit nicht ganz ruhigen Händen öffnete sie den Mikrozylinder, entfernte die winzige Gelatinekapsel und legte sie in die von Kitti vorbereitete Kulturschale. Ein Schmerz, fast so heftig wie ein Messerstich, durchzuckte sie, und sie hätte sich fast gekrümmt, aber sie kämpfte ihre Erschütterung über die Erkenntnis nieder, daß Kit Ping Yung gestorben war, um diese veränderte Eizelle zu erzeugen. Sogar das Etikett lag schon bereit: Versuch 2684/16/M: Nukleus #22A; Mentasynthgeneration B2; Bor/Silikon System 4, Größe 2H; 16.204.8.
Allmählich faßte sich Bay, trug, so schnell es ihre zittrigen Beine gestatteten, das letzte Vermächtnis der genialen Technikerin in die Brutkammer und legte es vorsichtig neben die einundvierzig anderen Kapseln, die Perns ganze Hoffnung enthielten.
***
»Das war die zweite Sonde, die versagt hat«, erklärte Ezra Paul und Emily, und seine ruhige Stimme war heiser vor Enttäuschung. »Als die erste hochging, hielt ich es für eine Panne. Selbst das Vakuum schützt nicht vollkommen gegen Verfall.
Sondenmotoren können fehlzünden, ihr Aufzeichnungsmechanismus kann irgendwie steckenbleiben. Also habe ich das Programm für die zweite Sonde noch verbessert. Sie kam genauso weit wie die erste, und dann wurden alle Lichter rot. Entweder ist die Atmosphäre so ätzend, daß sie sogar die Sondenlegierungen angreift, oder die Garage auf der Yokohama wurde irgendwie beschädigt und damit auch die Sonden. Ich weiß es nicht, Leute.«
Ezra neigte nicht zu heftigen Bewegungen, aber jetzt ging er mit großen Schritten in Pauls Büro auf und ab und fuchtelte mit den Armen herum wie eine Vogelscheuche im Sturm. Die Strapazen der letzten Tage hatten ihn altern lassen. Paul und Emily wechselten besorgte Blicke. Kitti Pings Tod, noch dazu so kurz nach den Schlittenkollisionen, war ein großer Schock gewesen. Alle hatten die Genetikerin trotz ihrer körperlichen Hinfälligkeit für unverwüstlich gehalten. Sie hatte den Eindruck vermittelt, sie sei unsterblich, aber dieser Eindruck hatte sich als falsch erwiesen.
»Wer hat doch noch die Theorie aufgestellt, daß uns jemand aus dem Weltraum bombardiert, um uns gefügig zu machen?« fragte Ezra, blieb unvermittelt stehen und starrte die beiden Führer an.
»Ach, Ezra, kommen Sie!« höhnte Paul. »Denken Sie doch mal nach, Mann! Wir stehen alle unter Druck, aber doch nicht so weit, daß wir den Verstand verlieren. Wir wissen alle, daß es Atmosphären gibt, die Sonden zerstören können und es auch schon getan haben. Außerdem…« Er stockte, denn er wußte nicht, was er noch sagen sollte, um Ezra und sich selbst zu beruhigen.
»Außerdem ist der Organismus, der uns angreift«, fuhr Emily mit bewundernswerter Gelassenheit fort, »aus Kohlenwasserstoffen aufgebaut, und wenn er von diesem Planeten kommt, dann ist die Atmosphäre dort nicht ätzend. Ich tippe eher auf eine Panne.«
»Das ist auch meine Ansicht.« Paul nickte energisch mit dem Kopf. »Donnerwetter, Ezra, reden wir uns doch nicht noch mehr Probleme ein, als wir ohnehin schon haben.«
»Wir müssen« - Ezra schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch - »diesen Planeten mit einer Sonde erforschen, das ist die einzige Möglichkeit, wie wir genügend Informationen bekommen können, um das Zeug zu bekämpfen. Die Hälfte der Siedler will wissen, wo es herkommt, um die Quelle zu zerstören, damit wir unser altes Leben wiederaufnehmen können. Den Schutt zusammenharken und alles vergessen.«
»Wem sagen Sie das, Ezra?« fragte Emily, legte leicht den Kopf schief und sah den Kapitän an, ohne mit der Wimper zu zucken.
Ezra erwiderte den Blick lange, dann richtete er sich aus seiner halb gebückten Haltung auf und lächelte verlegen.
»Sie haben zu lange am Interface gesessen, Ezra, und Sie haben schließlich nicht Däumchen gedreht, während die Programme liefen«, fuhr Emily fort.
»Meine Berechnungen sind beängstigend«, sagte er leise und sah sich nach allen Seiten um. »Wenn das Programm auch nur einigermaßen fehlerfrei
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