Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
widersprach Sebell auf seine ruhige, sachliche Art. »Im Archiv der Harfnerhalle liegen ein paar rätselhafte Fragmente, die vermuten lassen, daß der Nordkontinent erst in jüngerer Zeit besiedelt wurde.«
»In jüngerer Zeit?«
Toric lachte schallend.
»Ich glaube, Sie haben in den Ruinen am Westufer des Inselflusses eine blühende Siedlung gegründet«, sagte Sebell.
»Diese alten Gemäuer stammen wohl kaum aus jüngerer Zeit.«
»Darf ich mich ganz deutlich ausdrücken, Toric?« Sebell beugte sich vor und warb mit ernstem Blick um das Vertrauen des Burgherrn. »Niemand macht Ihnen Ihre Besitzungen streitig. Aber unsere Gilde setzt ihren ganzen Stolz darein, das Wissen über unsere Vorfahren zu erweitern. Schließlich ist es unsere Aufgabe, die Geschichte von Pern zu bewahren.«
Er deutete noch einmal auf das Fernrohr, das Toric eifersüchtig an sich drückte.
»Wir können aus der Vergangenheit vieles lernen, was uns in der Zukunft nützen wird.«
»Darin stimme ich Ihnen von ganzem Herzen zu Meisterharfner«, antwortete Toric mit allem Nachdruck, als er einsah, daß er kaum mehr eine andere Möglichkeit hatte.
»Natürlich bringe ich Sie mit Vergnügen an die betreffende Stelle, Baron Toric«, erbot sich N'ton. Toric fand so viel jugendlichen Überschwang unbegreiflich.
Aber er nahm das Angebot gnädig an. Seine Pläne und die Verwaltung seines Besitzes hatten ihn bisher so beschäftigt, daß er die Erkundungen seinen Verwandten hatte überlassen müssen. Bei hastigen Besuchen an der Großen Lagune oder in der Zentralkolonie und bei jener einzigen Fahrt den Inselfluß hinunter hatte er nur einen flüchtigen Eindruck von seinem Herrschaftsgebiet bekommen. Wer weiß, was er noch alles zu sehen bekäme, wenn er sich mit N'ton gut stellte?
Ein Drachenreiter hatte einen ungerechten Vorteil vor jedem Burgherrn: er konnte schnell und sicher von einem Ort zum anderen gelangen.
Was hatte dieser Schlingel von einem Gesellen noch zitiert, ehe er aufbrach: >Kein Drache kann durchs Dazwischen an einen unbekannten Ort fliegen. Und kein Mann kann besitzen, was er gar nicht kennt.< Wieder streichelte er das Fernrohr.
Dann erhob er sich und sagte mit nicht ganz aufrichtiger Herzlichkeit: »Ich habe eine gute Karte des Gebietes, das wir im Laufe mehrerer Planetenumläufe zu Fuß erkunden konnten. Für mich ist es eine Erleichterung, endlich einen richtigen Weyr und ein gutes Verhältnis zu meinen nördlichen Nachbarn zu haben.«
***
Sehr zur Empörung seiner jungen Freunde, die bis tief in die Nacht gefeiert hatten, war Meister Robinton am Morgen nach seiner Ankunft schon früh auf den Beinen. Obwohl Brekke, Menolly und Sharra ihm Schonung verordnet hatten, war er entschlossen, das Wissen über den Süden auf allen Gebieten auszuweiten.
Zu diesem Zweck setzte er eine Besprechung mit Jaxom, Piemur, Sharra und Menolly an.
Der Harfner war insbesondere daran interessiert, weitere Spuren der Ureinwohner des Südkontinents zu finden. Er erwähnte nicht nur die alte Eisenerzmine, auf die Toric gestoßen war, sondern auch eine unnatürliche Formation, die er selbst zusammen mit N'ton ausgemacht hatte.
Piemur grinste und wettete gegen sich selbst, daß Toric davon nichts wußte. War das vielleicht damals gewesen, als Meister Robinton mit Menolly zu persönlichen Gesprächen mit Toric zum Südkontinent gesegelt war? Kurz darauf war der Burgherr des Südens zum Benden-Weyr gereist und sehr zufrieden zurückgekehrt. Piemur dachte an die Häuser am Paradiesfluß und schwor sich, mit dem Meisterharfner darüber zu sprechen, sobald er ihn allein erwischen konnte.
Meister Robintons Pläne sahen einen Zweifrontenangriff vom Boden und aus der Luft vor. Unnachgiebig und voller Tatendrang befahl er ihnen, damit zu beginnen, sobald Meister Oldive, der am Nachmittag erwartet wurde, Jaxoms Genesung bestätigt hatte. Piemur wurde auf Grund seiner Erfahrung nominell die Leitung des Unternehmens übertragen, und Jaxom erhob keine Einwände. Der junge Baron würde mit Ruth jeden Tag ein Stück vorausfliegen, um einen neuen Lagerplatz zu finden und das Gelände aus der Luft zu erkunden, während die beiden Mädchen und Piemur ihm zu Fuß folgen und genauere Untersuchungen durchführen sollten.
Die jungen Leute stimmten diesem Plan gerne zu, denn sie hätten alles getan, um Meister Robinton auf angenehme Art zu beschäftigen, während er wieder zu Kräften kam.
Nachdem Meister Oldive den Harfner untersucht hatte, hielt er ihnen einen
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