Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
Giron grimmig zurück. »Bis ich diesem Einbeinigen wieder ein Wort glaube, muß es erst warm werden im Dazwischen.« Er wandte sich zum Gehen. »Sie können noch nicht weit gekommen sein, nicht mit drei Kindern und einem Karren mit Zugochsen.«
»Zugochsen?«
Thella folgte ihm unwillkürlich. Plötzlich blieb sie stehen.
»Warum hast du mir nicht gesagt, daß sie Zugochsen haben?«
Giron drehte sich empört zu ihr um.
»Sie sind doch sonst nicht so schwer von Begriff. Das Joch, das sie an den Steher gekettet hatten, kann Ihnen doch nicht entgangen sein.«
Er nahm sie bei der Hand.
»Zu dem Joch gehörten natürlich auch Tiere - sie standen auf der Weide südlich der Höhle.«
»Und wohin könnten sie gefahren sein? Doch wohl nicht nach Ruatha, das wäre Wahnsinn.«
»Ich werde mich bei den Muschelsammlern erkundigen. Satteln Sie inzwischen die Renner. Ganz gleich wohin, sie können noch nicht weit gekommen sein.«
Thella war bereits auf halbem Wege zu ihrem Versteck, als ihr auffiel, daß sie sich Girons Anweisungen ohne Widerrede gefügt hatte. Sie war wütend auf ihn und auf sich selbst, weil sie die Beherrschung verloren hatte, und empört, weil dieser lammfromme Dowell und seine hochnäsige Frau ihr auf die Schliche gekommen waren. Hoffentlich hatte er wenigstens die bereits fertigen Holzteile mitgenommen. Sie würde ihm die Haut abziehen, wenn sie diese Stühle nicht bekam!
»Die Straße nach Osten scheidet aus«, berichtete Giron. »Da hätte der Fährmann sie gesehen.« Er war schnell gelaufen und mußte sich gegen die Wand lehnen, um wieder zu Atem zu kommen. »Vor drei Tagen ist eine Karawane mit Wintervorräten zum Großen See und zur Siedlung >Ende der Welt< aufgebrochen.«
»Wollte Dowell sich anschließen?« Thella zog ihrem Renner den Sattelgurt stramm und winkte Giron, auch sein Tier bereit zu machen, während sie die Vorräte am Sattel des dritten befestigte.
»Allein wären sie sicher nicht losgezogen. Ihre Renegatenbande ist nicht die einzige in dieser Gegend«, gab Giron zurück und zog den Gurt so fest an, daß der Renner protestierend quiekte.
»Laß das Giron!« Damit war der Lärm, aber auch sein hartes Zupacken gemeint. Unnötige Mißhandlung von Tieren duldete sie nicht. Von einem ehemaligen Drachenreiter hätte sie mehr erwartet vielleicht wollte er sich auch an anderen Geschöpfen für seinen Verlust rächen.
Vor der Höhle winkte sie ihm, noch einmal abzusteigen. Sie konnte es zwar kaum erwarten, Araminas Spur zu verfolgen, doch zuvor schichtete sie mit Girons Hilfe so viele Mauerbrocken vor dem Eingang auf, daß er auf den ersten Blick blockiert wirkte. Vielleicht wurde dieser Zufluchtsort ja noch einmal gebraucht.
Dann saßen sie auf und ritten davon, so schnell es bergauf, über steiniges Gelände und mit einem reiterlosen Tier am Zügel möglich war.
***
Am vierten Tag nach dem Aufbruch von Igen war Jayges schlechte Laune verschwunden. Das war es, was ihm gefehlt hatte, wieder unterwegs zu sein, weg von den Pächtern, weg von den ruhelosen und gleichzeitig trägen Massen in den Höhlen, weg von den ständigen Appellen der Schmiedegilde und der Telgaraner, man solle >sich zusammenreißen<, >sich nützlich machen<, >ein anständiges Handwerk erlernen< und >genügend Marken verdienen, um sie einem Bitraner in Verwahrung geben zu können<.
Er war gern Händler und hatte die Freiheit auf den Straßen immer geliebt. Hier konnte er sein Tempo selbst bestimmen und sich seine Zeit so einteilen, wie er wollte, und war nur sich selbst Rechenschaft darüber schuldig, was er aß, wie er sich kleidete und wo er Schutz suchte. Trotz der Schrecken der Fädeneinfälle hätte er dieses riskante Leben in freier Natur um keinen Preis gegen ein gesichertes Dasein eingetauscht, um etwa auf dem Anwesen eines anderen in härtester Knochenarbeit neue Räume aus dem Fels zu hauen. Jene drei trostlosen, qualvollen Planetenumläufe in Kimmage hatten ihm einen ausreichenden Vorgeschmack auf eine solche Existenz geboten. Es war ihm unbegreiflich, wie sein Onkel Borel und die anderen sich hatten entscheiden können, in Kimmage zu bleiben, wo sie doch kaum mehr als Knechte und Mägde waren. Ihre Kinder würden dieses Opfer nicht zu schätzen wissen, wenn sie älter wurden, denn allen Lilcamps lag die Unrast im Blut.
Jayge schritt an der Spitze der Karawane dahin. Er betätigte sich als Schrittmacher und suchte den Weg nach Hindernissen für die breiten, schwer beladenen Wägen ab. Mit ihren
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