Die Drachenreiter von Pern 10 - Der Renegaten von Pern
mein süßes Kind. Grinsend bedeutete sie Giron, das Mädchen mit ihr in die Zange zu nehmen. Der Wächter sah nicht nach unten. Wenn sie vorsichtig waren… sie würden vorsichtig sein. Mit angehaltenem Atem schob Thella sich weiter.
Giron erreichte Aramina als erste, legte ihr eine Hand auf den Mund und drückte ihr mit der anderen die Arme an den Körper.
»Nun geht doch noch alles gut, Giron«, lobte Thella, griff dem Mädchen ins Haar und riß ihm den Kopf nach hinten. Sie hatte ihnen so viele Schwierigkeiten gemacht, dafür verdiente sie ein wenig Schmerz. Thella weidete sich an der Todesangst in Araminas Augen.
»Endlich ist uns der Wildwher in die Falle getappt.«
Die beiden zerrten ihr Opfer den Hügel hinunter, bis sie außer Sichtweite des Wächters waren. »Keine Bewegung, meine Kleine, oder ich schlage dich bewußtlos.
Wäre vielleicht besser, Thella«, fügte er hinzu und ballte die Faust. »Wenn sie Drachen hören kann, gilt das auch umgekehrt.«
»Sie war nie in einem Weyr«, gab Thella zurück, aber die Möglichkeit war nicht von der Hand zu weisen. Sie riß heftig an Araminas Haar. »Laß dir ja nicht einfallen, nach einem Drachen zu rufen.«
»Zu spät!« rief Giron mit erstickter Stimme und stieß das Mädchen von sich, auf die Kante am Rand des Wäldchens zu.
Thella entfuhr ein heiserer Schrei, als der Bronzedrache das stürzende Mädchen aufhielt. Der Drache brüllte auf, und sein Atem war so heiß, daß Thella erschrocken die Flucht ergriff. Giron war nur einen Schritt hinter ihr. Während sie sich rutschend und stolpernd vorwärtskämpften, hörten sie Stimmen rufen. Thella warf einen Blick über die Schulter und sah den Drachen gegen die Bäume anrennen, denen er mit seinem massigen Körper nicht so gewandt ausweichen konnte wie ein Mensch. Mit lautem Gebrüll machte er seiner Enttäuschung Luft. Thella und Giron liefen weiter.
Lemos, Südkontinent, Telgar
12. Planetenumlauf
Um den Winter nicht in der Siedlung >Ende der Welt< verbringen zu müssen, aber auch, um die Suche nach Thella und Readis fortzusetzen, schloß sich Jayge mit Kesso einer von Baron Asgenars Streifen an.
Temma und Nazer beneideten ihn und schworen, zu ihm zu stoßen, sobald ihre Wunden verheilt seien.
Jayge bemühte sich, ihnen Mut zu machen, aber er hatte vor dem Notlazarett ein Gespräch zwischen dem Heiler der Siedlung und Lady Disana belauscht und wußte, daß es noch lange dauern würde, bis die beiden wieder ganz bei Kräften waren.
Es zeigte sich, daß Crenden die erlittenen Verluste besser verwand als Borgald - auch war Maindy, anders als damals Childon von Kimmage bereit, mit den beiden Karawanenführern eine faire Abmachung zu treffen.
Auf Ersatz für die toten Tiere würden sie bis zum Frühjahr warten und ihre letzten Marken dafür zusammenkratzen müssen. Als Entgelt für eine angemessene Arbeitsleistung in der Siedlung wollte er Crenden und Borgald jedoch genügend Zeit und Material sowie die Hilfe des Siedlungszimmermanns und eines Schmiedegesellen - bewilligen, um die beschädigten Wagen instandzusetzen. Jeden Abend saßen Borgald und Crenden mit ihren Frauen an der Ehrentafel, und Maindy fragte sie oft um Rat. Als dann das Tal im Schnee versank, waren die Händler gerne bereit, Maindys Leuten beim Innenausbau der in diesem Sommer errichteten Erweiterungen zur Hand zu gehen.
Endlich begann sich Borgald mit den Kindern zu beschäftigen, die beim Überfall ihre Eltern verloren hatten, und dabei erholte er sich langsam, auch wenn er sich hin und wieder immer noch mit unsicherem Lächeln nach seinem Sohn Armald umsah. Crenden grübelte indessen unaufhörlich darüber nach, wodurch man diesen Überfall wohl provoziert haben könnte.
Jayge war nicht der Ansicht, daß es an der Verzweiflung seines Vaters etwas ändern würde, wenn er ihm seinen Verdacht mitteilte.
Jayge verließ mit der Streife die Siedlung, ohne Gelegenheit gefunden zu haben, Temma von Readis zu erzählen, und ohne dahintergekommen zu sein, was die Skizzen, die er zufällig entdeckt hatte, wohl bedeuteten. Vermutlich hatte einer von Thellas Verwundeten die Rolle verloren, und die Vorstellung, daß Tote doch nicht ganz stumm waren, erheiterte ihn. Er hatte zwar kaum Zeit gehabt, sich die Zeichnungen genauer anzusehen, aber die Gesichter hatten sich ihm unauslöschlich eingeprägt. Manche schienen nur flüchtig hingeworfen, aber in allen Fällen waren Haltung und Charakter mit gekonnt sparsamer Linienführung eingefangen worden,
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