Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
Ihnen gar nicht bewusst, was für eine ungeheure Verantwortung Sie uns soeben aufgebürdet haben … als wäre es eine Bagatelle?« Wieder ruderte Danja temperamentvoll mit den Armen.
»Aber wir werden der Verantwortung gerecht, meine Teure«, erwiderte Bethany auf ihre sanfte Art. »Mit ein wenig Nachdenken und Zeit schaffen wir es.«
»Damit wären wir schon wieder bei der Zeit angelangt. Haben wir denn Zeit?« Lozell mischte sich erneut in die Diskussion ein. »Selbst wenn der Winter nicht so streng wird wie letztes Jahr – und die Vorhersagen sind nicht günstig, weil dieser vermaledeite Rote Planet uns einen Besuch abstattet – wie sollen wir das alles bewerkstelligen?«
»Wir legen uns mächtig ins Zeug und werden mit allem rechtzeitig fertig«, behauptete Sheledon mit einem resignierten Stöhnen. »Paulin gibt uns Unterstützung. Und die Weyr helfen auch mit.«
Danja funkelte ihn aufgebracht an. »Sie haben Ihre Meinung ja schnell geändert. Vorhin sagten Sie doch noch, wir hätten keine Zeit.«
Sheledon zuckte ergeben die Achseln. »Ich glaube, Lozells Vorschlag, die Schüler und Studenten einzuspannen, wird uns rasch ein gutes Stück weiter bringen. Und wenn Jemmy ein paar gute Texte aus dem Hut zaubert, schreibe ich die passenden Melodien dazu. Möglicherweise kann Jemmy auch gleich das Komponieren übernehmen.« Sheledons Züge erhellten sich, als er in sich hinein schmunzelte. Es hatte eine Zeit gegeben, da musste er sich beherrschen, um nicht auf Jemmy neidisch zu sein, der als Multitalent auf vielen Gebieten glänzte.
Obwohl er offiziell nicht dazu befugt war, weil ihm die erforderliche Graduierung vom Kollegium fehlte, leitete er bereits mehrere Arbeitsgruppen und tummelte sich in allen möglichen künstlerischen Sparten – und das auf einem hohen Niveau. Der ultimative Allerweltskerl, der absolute Hans Dampf in allen Gassen, pflegte Clisser ihn zu nennen.
»Ist es nicht ein Risiko, wenn wir mit dieser Aufgabe Studierende betrauen, die zumeist nichts von ernsthafter Forschung verstehen?«, wandte Danja ein. »Was ist, wenn sie in ihren Ausführungen das Wichtigste gar nicht erfassen?«
»In diesem Fall schreiten wir, die Lehrer ein, meine Gute«, nahm Bethany ihr den Wind aus den Segeln. »Um sicherzustellen, dass keine Fehler oder Irrtümer unterlaufen. Die Studenten leisten wertvolle Hilfe, indem sie Unmengen von Material sichten und vorsortieren und uns dann die Auswahl der optimalen Lösungen überlassen. Jemmy könnte die Aufsicht führen. Er kann am schnellsten lesen, und seine Augen sind jung.«
In diesem Moment hörte das Orchester auf zu spielen und wurde von den schwitzenden Tänzern sowie den fleißigen Zechern an den Tischen mit donnerndem Applaus belohnt. Einer nach dem anderen verließen die Musikanten die Bühne.
»Nun, welche Stücke geben wir zum besten, Clissser?«, fragte Sheledon, kippte den Rest seines Weins hinunter und stand auf.
»Bis jetzt wurde flotte Tanzmusik gespielt«, meinte Clisser. »Ich finde, wir sollten allen die Gelegenheit geben, wieder zu Atem zu kommen, und uns auf ein paar ruhige Weisen verlegen. Lass uns mit ›Die Sterne, die begehrt man nicht‹ anfangen. Das versetzt die Leute in eine sentimentale Stimmung.«
»Hmm … und in der Pause, wenn die Jungen wieder das fabrizieren, was bei ihnen als Musik durchgeht, nehmen wir einen Imbiss zu uns«, schlug Danja vor, die dem gegenwärtigen musikalischen Trend nicht viel abgewinnen konnte.
»Man kann es halt nicht allen Recht machen«, philosophierte Clisser, nach seiner Gitarre greifend. Dann zog er Bethanys Stuhl zurück und bot ihr seinen Arm. Dankbar lächelnd nahm Bethany den abgewetzten Kasten mit ihrer Flöte, die Ledermappe mit den Notenblättern und die kleine Rohrpfeife, für die ihr Hersteller in diesem Jahr einen Preis gewonnen hatte. Sie besaß einen ungemein süßen, klaren Ton, den der junge Jemmy mit anderen Flöten aus Rohr zu kopieren versuchte. Dann hinkte sie vorwärts, scheinbar ohne auf ihren Klumpfuß zu achten, hoch erhobenen Hauptes, den Blick geradeaus gerichtet.
Jemmy schloss sich ihnen an und nahm wie selbstverständlich Bethanys Flötenkasten an sich. In ihrer Band spielte er Schlagzeug, doch er war auch ein ausgezeichneter Gitarrist. Von wenig anziehendem Äußeren, mit hellem Haar, blassem Teint und derben Zügen, hielt er sich bescheiden im Hintergrund und machte kein Aufhebens um seine akademischen Verdienste. Obwohl er im Grunde kein sportlicher Typ war, hatte er
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