Die Drachenreiter von Pern 14 - Drachenauge
Bei einem Unwetter wird jedes elektronische System abgeschaltet.«
»Und das wurde auch in diesem Fall befolgt?«
»Was dachten Sie denn?«
Bethany und Sheledon tauschten einen skeptischen Blick. Beide wussten, dass Jemmy oftmals so lange arbeitete, bis er vor dem Keyboard einnickte.
»Ich versichere Ihnen«, legte Clisser los, »dass sämtliche Anlagen ausfielen. Zum Glück sind die Generatoren durch einen Überspannungsschutz gesichert, doch auch das konnte die Computer nicht retten. Die plötzlich ansteigende Spannung wurde durch den Datenbus übertragen, nicht durch die Stromleitungen.«
»Die Computer kränkelten schon seit langem. Und jetzt sind sie endgültig gestorben, ein für alle Mal«, wiegelte Sheledon ab. »Mögen sie in Frieden ruhen. Ich rede mit Paulin, falls Sie sich deshalb Sorgen machen.«
»Ich sorge mich nicht wegen Paulin.« Clisser knallte die Faust auf den Tisch. »Und es ist meine Pflicht, ihm Bescheid zu sagen.«
»Dann vergessen Sie nicht hinzuzufügen, dass wir bereits an neuen Lehrmethoden arbeiten und keine Daten verloren gingen, die für künftige Generationen von Wichtigkeit sind«, betonte Sydra.
»Aber … aber … woher sollen wir wissen, was irgendwann einmal an Wissen akut werden könnte?«, ließ Clisser nicht locker. »Wir kennen nicht einmal die Hälfte von dem, was wir uns eigentlich hätten aneignen müssen.«
Bethany stand auf und ging die zwei Schritte zur Getränketheke.
»Dort funktioniert auch nichts«, lamentierte Clisser und winkte resigniert ab.
»Den Komfort werde ich vermissen«, gab Bethany zu.
»Wir alle werden Entbehrungen auf uns nehmen müssen«, stimmte Clisser ein und blies zischend den Atem aus, ehe er sich mit allen zehn Fingern das Haar aus der Stirn kämmte.
»Dann benutzen wir halt wieder den Gasring«, meinte Sydra achselzuckend. »Damit kann man Wasser genauso schnell erhitzen, wenn nicht noch schneller. Was halten Sie davon, wenn wir uns zur Erfrischung etwas Klah aufbrühen?« Sie fasste Clisser bei der Hand, um ihn von seinem Sessel hochzuziehen. »Sie sehen aus, als könnten sie eine Stärkung vertragen.«
»Mir scheint, von eurem gestrigen Erfolg seid ihr alle noch ein bisschen berauscht«, erwiderte er in vorwurfsvollem Ton, stand aber von seinem Platz auf.
»Das stimmt«, räumte Sheledon ein. »Umso besser können wir Sie trösten, alter Freund.«
»Clisser«, begann Bethany mit leiser, eindringlicher Stimme, »aus dem Bericht über die sogenannte Zweite Auswanderung, die auf Pern selbst stattfand, weil Vulkanausbrüche die Siedler dazu zwangen, einen ganzen Kontinent aufzugeben, wissen wir, dass die Künstliche Intelligenz, das Akki, sich selbst abschaltete. Der Grund dafür ist uns bekannt. Das Akki merkte, dass die Menschen sich immer mehr auf diese Maschine verließen, sie gar für unfehlbar hielten. Sie glaubten, sie halte die Lösungen für sämtliche Probleme parat, und nicht nur die Fakten über die Geschichte des besiedelten Universums. Die Leute betrachteten das Akki nicht nur als eine Art Orakel, sondern vertrauten mehr darauf, als ihnen gut tat. Als uns gut tun würde. Also deaktivierte sich das Akki selbsttätig.«
»Schon viel zu lange ließen wir uns von den Angaben und Werten leiten, die wir aus Computerdateien entnahmen. Wir sind unselbständig geworden. Es wird höchste Zeit, dass wir uns auf eigene Füße stellen …« Sie verzog ironisch den Mund, wie wenn sie an die mangelnde Standfestigkeit ihrer eigenen Füße dächte. »Und unsere eigenen Entscheidungen treffen. Vor allen Dingen, weil die Inhalte der Computerdateien kaum noch Bezug auf unsere derzeitige Lage haben. Unsere speziellen Probleme werden nicht durch überholte Ratschläge gelöst.«
»Sie sagen es, Bethany«, pflichtete Sheledon ihr ernst bei.
Abermals glättete Clisser sein Haar und setzte ein wehmütiges Lächeln auf. »Trotzdem wäre es besser gewesen, wenn es nicht so plötzlich gekommen wäre. Ein klitzekleines bisschen mehr an Informationen hätte uns vielleicht genützt. Vor allen Dingen den Drachenreitern.«
»Sie meinen, wir hätten vielleicht ein absolut sicheres System entdecken können, das zweifelsfrei die Annäherung des Roten Sterns beweist?«, fragte Sheledon und zuckte die Achseln. »Die klügsten Köpfe auf Pern befassen sich mit dieser Problematik.«
»Wir finden schon einen Weg«, meinte Bethany zuversichtlich. »Den Menschen fällt immer etwas ein, wenn es ums Überleben geht.«
»Deshalb gibt es ja die Drachen«,
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