Die Drachenreiter von Pern 16 - Der Himmel ueber Pern
aller Öffentlichkeit zu präsentieren, und das in einer Gesellschaft, die Musik geradezu verherrlichte, erstaunte sie. Mirrim betonte ständig seinen Wankelmut und seine Oberflächlichkeit, aber wieso hatte sie mit keiner Silbe seinen Mangel an Musikalität erwähnt?
Während er aus voller Kehle die falschesten Töne von sich gab, hielt er sich ostentativ eine Hand an die Ohrmuschel, um anzudeuten, dass er sie immer noch nicht singen hörte. Tai fasste sich ein Herz, holte tief Luft und fiel in den Refrain ein - möglichst laut, um seine Stimme zu übertreffen. Begeistert nickte er ihr zu und klatschte mit den Händen den Takt. Dabei stellte sie fest, dass er ein gutes Gefühl für Rhythmus besaß. Als das Lied endete, klatschte er wie besessen Beifall.
»Warum singst du mit, wenn du keine Stimme hast?«, fragte sie ihn leise.
»Weil ich alle Texte auswendig kenne«, entgegnete er ungerührt.
Lachend winkte sie ab. Die Harfner legten eine Pause ein, und F'lessan stand auf, um sich suchend in der Menge umzusehen. Mit einigen Leuten tauschte er Grüße aus, doch er machte keine Anstalten, den Tisch zu verlassen. Plötzlich rief jemand seinen Namen.
»Dein Gegröle hat man bis hierher gehört, F'lessan!«
Tai sah, wie T'gellan und Mirrim auf sie zu kamen. Es passte ihr ganz und gar nicht, von ihnen in F'lessans Gesellschaft gesehen zu werden. Sie erhob sich, griff nach ihrem Weinglas - der Benden-Wein war zu köstlich, um verschmäht zu werden - und huschte davon.
Sie hörte, wie F'lessan den Bronzereiter und die grüne Reiterin begrüßte.
»T'gellan, Mirrim, ratet mal, wen ich im Archiv getroffen habe …«
Er verstummte, als er merkte, dass Tai sich entfernt hatte. Die lungerte ein Stück abseits im Schatten und wartete nur darauf, dass ihr Name fiel. Mirrim würde ihr gehörig den Kopf waschen.
»Geger«, donnerte F'lessan kurz darauf. »Gibt es noch mehr von dem Weißwein aus Benden?«
Tai suchte endgültig das Weite.
Das war sehr töricht von dir , schalt Zaranth ihre Reiterin.
Du weißt doch, wie Mirrim sich manchmal anstellt.
Was hat sie eigentlich gegen F'lessan?
Ach, du kennst doch Mirrim , beharrte Tai.
Du bist blöd. Dann erkundigte sich Zaranth bedauernd: Müssen wir gleich nach Hause zurück?
Nein, meine Liebe. Ich bleibe noch hier und genieße die Musik. Das kann ich an jedem anderen Ort des Festplatzes.
Aber du wirst stehen müssen. Ich glaube, es sind keine Plätze mehr frei. Jeder, der es einrichten konnte, befindet sich jetzt in Landing.
Es macht mir nichts aus zu stehen. Aber verrate bitte nicht Golanth, wo ich bin.
Warum nicht?
Weil ich es nicht möchte.
Ach so. Ich verspreche dir, ich sage nichts. Zaranth klang ein wenig verwirrt.
Es ist das Beste so. Glaub mir.
Tai suchte sich einen Stehplatz am Rand der Menge und lauschte der herrlichen Musik. Das Glas Weißwein reichte bis zum Ende des Konzerts. Es war wirklich der beste Wein, den sie je getrunken hatte.
Auf ihrem Rückweg zu den Klippen hörte sie ein Klirren und Scheppern wie von berstendem Glas. Dem irrsinnigen Lärm nach zu urteilen, musste es schon eine Menge Glas sein, das da zu Bruch ging. Hatte es einen Unfall gegeben? Sie wollte lieber nachschauen, was passiert war. Es klang nicht nach einem simplen kleinen Malheur.
Benden-Weyr - 1.1.31
Lessa, Ramoths Reiterin und Weyr-Herrin von Benden, trat hinaus in die klirrend kalte Winternacht. Sie fröstelte, als der eisige Lufthauch sie traf. Zum Glück hatte der Schneesturm, der im Hochland wütete und auch Burg Tillek heimsuchte, die Feiern zum Ende des Planetenumlaufs in Benden nicht beeinträchtigt. Sie wickelte sich fester in den langen, mit Pelz gefütterten Mantel und wünschte sich, sie hätte auch Handschuhe angezogen, obwohl der Korb mit dem heißen Gebäck, den Manora ihr beim Abschied aufgedrängt hatte, ihre rechte Hand wärmte. Als F'lar zu ihr aufschloss, schob sie ihre linke Hand unter seinen Ellbogen. Das raue Leder seiner Jacke fühlte sich gut an. Er schulterte den Weinschlauch, umfasste ihre Hand und drückte sie herzlich.
Aus Gewohnheit spähten beide über den Kraterkessel, auf dem eine unheimliche Stille lastete. Ihnen gegenüber, auf dem Felsgesimsen, die das Quartier der Weyr-Herrin markierten, dräuten im Mondlicht die riesigen Gestalten ihrer Drachen. Zwei Paar blaugrüne Drachenaugen öffneten sich zu schmalen Schlitzen und beobachteten aufmerksam die Menschen, die über den ebenen, hart gefrorenen Boden des Weyr-Kessels
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