Die Drachenschwestern (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Drachen nicht aufhalten.“
Zwei Stunden später waren Kaja und Zorro zurück vom Joggen. Während Kaja schnell unter die Dusche hüpfte, ließ sich Zorro, erschöpft und glücklich vom Rennen auf seine Decke im Wohnzimmer fallen. Lance schmollte wohl noch immer. Kaja konnte ihn auf jeden Fall nirgends entdecken. Was wohl nicht allzu viel zu bedeuten hatte bei einem Wesen, das es erstens gar nicht geben dürfte und zweitens die halbe Zeit sowieso unsichtbar war, dachte sie bei sich. Was heißt die halbe Zeit. Für alle anderen war er immer unsichtbar. Existierte nicht einmal. Und jetzt war sie doch tatsächlich auf dem Weg zu einer Frau, die ihren Drachen auch sehen konnte. Ungläubig schüttelte sie den Kopf und zog wahllos ein paar durchgesessene Jeans aus dem Schrank. Fertig angezogen stellte sie sich vor den Spiegel und schminkte sich flüchtig, ein wenig Lidschatten, ein bisschen Mascara.
So, das sollte genügen. Ohne einen zweiten Blick in den Spiegel zu werfen, eilte sie zu ihrem Schreibtisch und begann im Durcheinander, das dort herrschte, nach Miris Adresse zu suchen. Sie war schon leicht hektisch, als sie den Zettel schließlich unter der Zeitung von heute fand. Schmiede Wiedikon. Nicht unbedingt die Gegend, die sie sich selbst zum Wohnen ausgesucht hätte. Sie zuckte mit den Schultern. Aber sie hatte ja auch extrem Glück gehabt mit ihrer Wohnung. Und überhaupt. Wie kam sie dazu, Miri nach der Wahl ihres Wohnorts zu beurteilen? Das lag wohl daran, dass sie ein wenig nervös war vor diesem Treffen. Schließlich kannte sie die Frau ja kaum.
„Doch, du kennst sie – schon immer.“ Da war sie wieder, diese Stimme.
„Okay“, sagte Kaja laut zu sich selbst. „Erst siehst du Fabelwesen am helllichten Tag, dann hörst du Stimmen, es wird immer besser!“
„Führst du wieder Selbstgespräche?“, ließ sich Lance vernehmen, der jetzt deutlich sichtbar auf dem Sofa rumhing, in einer seiner blauschimmernden Klauen nachlässig ein Glas haltend.
Mit hochgezogener Augenbraue fragte Kaja: „Ich nehme nicht an, dass das Wasser ist in deinem Glas?“
Ihren Gesichtsausdruck imitierend zog der Drache auch eine Augenbraue hoch und antwortete: „Du liegst richtig. Ich habe mir ein Gläschen Holunderschnaps von meiner Freundin Josephine genehmigt. Die weiß wenigstens, dass man einen Drachen mit dem nötigen Respekt behandelt.“
„Ach komm, jetzt steig doch von deinem hohen Ross herunter. Ich gönn dir doch deinen Holunderschnaps“, meinte sie versöhnlich. Sie konnte es sich aber nicht verkneifen, ein „meistens jedenfalls“ nachzuschieben. „Jag Simon bitte keinen Schrecken ein wenn er vorbei kommt, okay?“
„Moment, was meinst du damit? Ich dachte, ich komme mit zu Miri?“
„Nein, Lance. Das mach ich jetzt mal schön alleine. Du bist immer noch mein Drache und ich will dich nicht unbedingt teilen. Schließlich hab ich auch all den Ärger mit dir alleine“, schloss sie scherzhaft. „Wenn Miri und ich tatsächlich eine tiefergehende oder weiterführende, oder wie auch immer man das nennen soll, Verbindung haben, möchte ich das gerne für mich rausfinden.“
„Hm, na gut. Kann ich verstehen. Dann verbringe ich meinen Abend mit meinem Freund hier“, meinte er und schwenkte das Glas.
„Was ist denn los?“ Kaja drehte sich zu Zorro um, der sich von hinten angeschlichen hatte und ihren Pulli zwischen den Zähnen versuchte, sie sanft in Richtung Futternapf zu ziehen. „He, ich komm ja schon. Ich vergess doch die Raubtierfütterung nicht“, versicherte sie ihm lachend.
Nachdem Zorro seinen Napf leer gefressen hatte, schnappte sie sich die Hundeleine und schlüpfte in ihre Windjacke.
„Haben wir nochmal Glück gehabt, was Zorro? Jetzt regnet es nämlich, da wären wir ganz schön nass geworden, wenn wir jetzt Laufen gegangen wären.“
Die beiden legten den kurzen Weg zum Auto in einem Spurt zurück. Nach zehn Minuten waren sie in der näheren Umgebung von Miris Wohnung. Als sie einen freien Parkplatz erspähte, parkte sie trotz des strömenden Regens ihr Auto gleich an Ort und Stelle.
„Jetzt werden wir halt trotzdem noch nass, was Zorro?“
Sie kannte sich hier einfach nicht genug aus und wollte nicht riskieren, dass sie sich noch verfuhr bei der Suche nach einem näheren Parkplatz. Das konnte einem hier nämlich leicht passieren bei diesen vielen Einbahnstraßen. So gut zumindest kannte sie das Quartier. Zwei Straßen weiter und einige Liter Wasser später, so erschien es zumindest
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