Die Drachenschwestern
Ausbildung und
diesen Beruf entschieden oder nicht?“ Miri schien sie noch immer nicht ganz zu
verstehen.
„Schon. Und ich mache meine Arbeit auch gerne. Das sagt aber noch
nichts darüber aus, ob ich mein Leben ausschließlich mit Programmieren
verbringen möchte. Angestellt. Bei einer großen Firma.“
„Was wären denn
die Alternativen?“
„Mich
weiterbilden, Computergames entwerfen, als Freelancer zu arbeiten, was weiß ich…“
„Duftkerzen
herstellen, Kräuter ziehen…“
„Was?“ Perplex
blieb Kaja abrupt stehen, so dass Miri fast in sie hinein gelaufen wäre.
„Passt doch auf“, grummelte der Drache. Zorro, der das Durcheinander
spürte, kehrte besorgt von seinem Ausflug ins Unterholz zu der kleinen Gruppe
zurück und bellte aufgeregt.
Von einem kleinen Seitenweg nahte in schnellem Trabtempo ein fuchsfarbenes,
nicht allzu großes Pferd mit einer schlanken Reiterin. Die Reiterin parierte
ihr Pferd in den Schritt durch, was diesem nicht allzu sehr gefiel. Es wurde zwar
langsamer, begann aber dafür nervös auf der Stelle zu treten. Kaja zerrte
Zorro, der zum Glück mit seiner Kläfferei aufgehört hatte, am Halsband an den
Wegrand.
„Hier geht es nicht weiter. Das ist alles Privatbesitz“, herrschte die
Reiterin die kleine Gruppe unfreundlich an. „Und ich wäre froh, wenn ihr euren
Drachen zurückpfeifen könntet, der macht mir mein Pferd noch ganz verrückt!“
Mit diesen Worten wendete sie ihr Pferd elegant auf der Hinterhand und
galoppierte davon. Miri konnte sich gerade noch ducken, als kleine Kieselsteine
in ihre Richtung spritzten.
„Du meine Güte, die war ja vielleicht unfreundlich!“, regte Kaja sich
auf. „Was denkt die eigentlich, wer sie ist?“
„Äh, Kaja“,
unterbrach sie eine perplex dreinblickende Miri.
„Was denn?“ Kaja wollte sich lieber noch eine Weile über diese
unerfreuliche Begegnung aufregen.
„Ich sage dir das
jetzt nur ungern, aber…“
„Ja, was denn?“ Ungeduldig
blickte sie zu Miri.
„Ich denke, wir
haben soeben unsere andere Schwester kennengelernt.“
„Schwester? Ich
habe doch gar keine… Du meinst?“
„Genau. Die dritte der Drachenschwestern.“ Für einen Moment herrschte
Stille. Nur die Eichelhäher ließen sich nicht stören und stritten fröhlich
weiter. Schließlich brachte Kaja heraus: „Das darf doch nicht wahr sein. Und
ich hatte so gehofft, dass die dritte im Bunde genau so unkompliziert und nett
ist wie du!“
„Vielleicht ist
sie das ja auch.“
„Wie bitte? Warst du eben gerade nicht anwesend? Das war ja wohl kaum
freundlich zu nennen.“
„Wer weiß, vielleicht hatte sie ja ihre Gründe. Und schließlich begegnet
man ja nicht täglich einem Drachen. Eventuell hat sie das etwas aus dem Konzept
gebracht.“
„Diesen Eindruck
hatte ich allerdings nicht“, brummte Kaja verdriesslich.
Damit hatte Kaja nicht einmal so Unrecht. Die Frau regte sich nämlich
so über die Eindringlinge in „ihrem“ Wald auf, dass ihr zuerst gar nicht
auffiel, dass sie soeben einen leibhaftigen Drachen gesehen hatte. Genau
genommen war es natürlich nicht ihr Wald, auch wenn sie das soeben behauptet
hatte. Sie wusste gar nicht, wem dieses Waldstück gehörte. Es war ihr auch
egal. Wichtig für sie war, dass sich meistens keine Menschenseele bis hierher
verirrte.
„Findest du das nicht ungerecht, Fuks, dass wir nirgends unsere Ruhe
haben?“
Das kleine Pferd zuckte mit seinem linken Ohr in ihre Richtung,
behielt aber gleichzeitig einen gefährlich aussehenden Baumstrunk im Blick. Die
Frau ahnte das Ausweichmanöver voraus und legte den äusseren Schenkel an, um
ihn am wegspringen zu hindern und ihm Sicherheit zu vermitteln. Abwesend tätschelte
sie seinen Hals. Sie wusste wirklich nicht, was diese beiden jungen Frauen mit
dem neurotischen Hund und diesem unmöglichen blauschillernden Drachen hier in
ihrem Wald machten. Hier gab es doch überhaupt nichts Spannendes zu sehen. Sie
runzelte die Stirn. Irgendetwas stört sie, wenn sie an die Gruppe zurück
dachte. Unvermittelt hielt sie das Pferd an. Fuks schnaubte unwillig. Ein
Drache? Meine Güte, ich glaube ich sollte mal zum Arzt. Meine Paranoia scheint
ja recht extreme Züge anzunehmen. Das kleine Pferd zuckte nochmals mit dem Ohr,
diesmal mit dem andern und warf dann den Kopf hoch. Sie schüttelte ungläubig
den Kopf und trabte Fuks an.
Was die Frau nicht bemerkt hatte, war, dass der Drache auf dem
furchterregenden Baumstrunk gesessen hatte und ihren Fuchswallach
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