Die Drachenschwestern
das königliche Drachenschienbein hält sein überschäumendes Ego im Zaum.“
„Und wie sollen wir
jetzt unsere dritte Schicksalsschwester finden?“
„Hm, da wusste Lance auch keine Antwort. Ich kann nur hoffen, ich fahr
nicht gleich noch jemanden über den Haufen.“
„Solche Situationen machen mich wahnsinnig“, entfuhr es Miri, die ihre
Wanderung in dem kleinen Zimmer wieder aufgenommen hatte. „Wo du nichts anderes
machen kannst als darauf warten, dass etwas passiert, während man keine Ahnung
hat, was genau, wie, wo oder wann.“
„Das kannst du laut sagen“, pflichtete Kaja ihr bei. „Das Verrückte
ist, dass sich das im Moment auf alle Teile meines Lebens sagen lässt.“
„Wie meinst du
denn das?“
„Ich habe da eine
ziemlich seltsame Phase bei der Arbeit.“
„Was arbeitest du
denn überhaupt?“
„Ich erzähle es dir
gleich. Ich hab nur erst eine freche Frage.“
„Okay, ich liebe
freche Fragen, los“, forderte Miri sie auf.
„Hast du schon was
gegessen?“
„Nein, ich wusste ja auch nicht genau, wie lange unser Treffen gehen
würde, deshalb habe ich leider auch nichts vorbereitet“, meinte sie bedauernd.
„Eigentlich blöd von mir, nachdem ich ja schon die ganze Zeit das Gefühl hatte,
meine älteste und beste Freundin würde zu Besuch kommen.“
„Du auch?“ Kaja
blickte sie erstaunt an.
„Ja, dabei kann ich gar nicht behaupten, ich würde das Gefühl kennen.
Ich habe eigentlich keine beste Freundin, nie gehabt.“
„Tja, das kenn
ich. Aber mir ging’s genau so.“
„Na ja, nachdem wir jetzt wissen, dass wir so was wie
Drachenschwestern sein sollen, macht das ja auch Sinn. Ich bin gespannt, wie
Schwester Nummer drei sein wird. Ob wir uns mit ihr auch gleich auf Anhieb so
gut verstehen“, sinnierte Miri. „Aber jetzt wollen wir uns erst mal um unsere
dringlicheren Probleme kümmern. Pizzaservice?“
„Gute Idee. Für
mich einmal Pizza Hawaii.“
„Brr.“ Miri
schüttelte sich. „Früchte auf der Pizza, das ist ja grauenhaft.“
„Ist es nicht und du
kriegst auch nichts ab davon“, drohte Kaja.
Zorro, der bei dem Wort Pizza aufgehorcht hatte und schon befürchtete,
diese Androhung gelte ihm, drehte sich winselnd zu Kaja um und legte ihr eine
Pfote in den Schoss. „Ich habe nicht dich gemeint. Natürlich kriegst du deinen
Teil.“
Miri, die das
Zwischenspiel beobachtet hatte, konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
„Ja, ja, ich weiß, ich sollte ihm keine Pizza füttern, aber ich konnte
ihm noch nie widerstehen und jetzt ist er schon hoffnungslos verzogen.“ Kaja
schnitt eine Grimasse.
„Ich habe gar
nichts gesagt.“
„Nein, aber
gegrinst.“
„Schon, nur aus
einem anderen Grund.“
„Weswegen denn?“,
wollte Kaja wissen.
„Tja, der Grund, wieso ich immer Thunfischpizza bestelle, heißt
Chilli“, gab Miri zu und deutete auf den riesigen Kater, der sich trotz seiner
Grösse lautlos angeschlichen hatte und jetzt auf dem Fensterbrett thronte. Ab
und zu ließ er ein warnendes Fauchen hören, wenn er den Eindruck hatte, Zorro
würde ein Ohr zu sehr in seine Richtung drehen.
Miri bestellte telefonisch die Pizzas und holte eine Flasche Rotwein
aus ihrer winzigen Küche. Kaja machte es sich bequem und die beiden hoben ihre
Gläser.
„Na dann. Auf uns,
unsere neue Familie.“
„Auf unsere neue
Familie.“
Gleichzeitig nahmen sie einen Schluck und strahlten einander an. „Ich
hab mir immer schon Schwestern gewünscht“, gab Miri zu.
„Ich hab unsere Nachbarn auch immer um ihre große laute Familie
beneidet“, antwortete Kaja ihr.
„Wie sie wohl so
ist?“
„Wie wer ist?“
„Unsere andere
Schwester.“
„Das werden wir ja hoffentlich bald erfahren. Macht keinen Sinn, sich
jetzt darüber den Kopf zu zerbrechen.“
„Hört, hört, was
für weise Drachenworte“, spottete Miri gutmütig.
„Ich gebe es ja zu“, lachte Kaja. „Das ist auf Lance‘ Mist gewachsen.
Aber ich habe in den letzten Tagen heraus gefunden, dass weise Drachenworte durchaus
etwas für sich haben.“
„Das ist ja das Ärgerliche“, meinte Miri schmunzelnd. „Natürlich hat
er Recht. Und trotzdem bin ich extrem ungeduldig, das ist einfach mein
Naturell. Zudem find ich es total spannend, Vermutungen anzustellen.“
„Grundsätzlich geht es mir genauso. Nur kann ich dann manchmal gar
nicht mehr aufhören und ein Szenario jagt das nächste in meinem Kopf.“
„Das ist dann
anstrengend.“
„Genau.“
20 Minuten später klingelte an der Tür. Miri
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