Die drei !!!, 14, Spuk am See
erzählte Frau Schmidt. »Er müsste heutzutage ein Vermögen wert sein. Sie haben die Mühle regelrecht belagert und mich Tag und Nacht mit ihren Fragen belästigt. Ich habe mich kaum noch getraut, das Haus zu verlassen. Es war furchtbar! Einmal ist nachts sogar mein ganzer Gemüsegarten umgegraben worden. Offenbar vermutete einer der Schatzsucher, Antonia hätte den Schmuck dort vergraben.«
»Und?«, fragte Franzi gespannt. »Wurde der Schmuck gefunden?«
»Nicht dass ich wüsste.« Frau Schmidt lächelte. »Mein Vater hat mir Antonias Geschichte erzählt, als ich noch ein Kind war. Einen ganzen Sommer lang habe ich überall in der Mühle nach dem Schmuck gesucht. Auf dem Dachboden, in den alten Mehlkisten, sogar in den Schaufeln des Mühlrades! Es war wie ein Spiel. Aber ich habe keinen einzigen roten Stein gefunden. Antonia muss ein sehr gutes Versteck gewählt haben – falls sie den Schmuck überhaupt versteckt hat.« Frau Schmidt erhob sich und winkte den drei !!! zu. »Kommt mit, ich zeig euch was.«
Neugierig folgten ihr die Mädchen ins Haus. Frau Schmidtführte sie ins Wohnzimmer und zeigte auf ein kleines, gerahmtes Ölgemälde, das über der Kommode hing. »Das ist sie. Das ist Antonia.«
Kim starrte das Bild an. »Sie war wunderschön!«
Auf dem Bild war eine junge Frau mit heller Haut und langen, dunklen Haaren zu sehen. Sie trug ein einfaches Kleid, und ihr Lächeln wirkte ein wenig scheu. Doch ihre haselnussbraunen Augen blickten den Betrachter offen und freundlich an. Kim fand Antonia auf Anhieb sympathisch.
Franzi schien es ähnlich zu gehen. »Sie sieht total lieb aus«, stellte sie fest. »Man kann sich gar nicht vorstellen, dass sie einen Diebstahl begangen haben soll.«
»Hat sie auch nicht«, sagte Marie bestimmt. »Antonia war unschuldig, da bin ich mir ganz sicher. Fragt sich nur, wer der wirkliche Dieb war.«
»Leider wurde der Fall nie aufgeklärt«, berichtete Frau Schmidt. »Aber es gab wohl eine Menge Gerüchte. Die Sache muss damals ordentlich Staub aufgewirbelt haben …«
»Was für Gerüchte?«, hakte Kim nach.
»Antonia soll ein Verhältnis mit einem jungen Grafen gehabt haben. Der Vater des Grafen war natürlich überhaupt nicht begeistert von der Liaison. Er wollte, dass sein Sohn ein standesgemäßes Mädchen heiratet und keine einfache Müllerstochter. Während Antonia der Prozess gemacht wurde, befand sich der junge Graf auf einer Auslandsreise. Pikanterweise war es ausgerechnet sein Vater, der Antonia anklagte und verurteilte.« »Was?«, rief Marie. »Aber der alte Graf war doch total befangen!«
Frau Schmidt nickte. »Stimmt. Doch früher nahm man das noch nicht so genau. Im Ort wurde gemunkelt, dass es beim Prozess nicht gerecht zuging. Aber niemand traute sich, etwas zu sagen. Der alte Graf war sehr mächtig und pflegte mit seinenWidersachern kurzen Prozess zu machen. Tja, den Rest der Geschichte kennt ihr ja. Als der junge Graf zurückkam, war Antonia bereits tot. Er konnte nichts mehr für sie tun.«
»Wie schrecklich!« Kim schluckte. »War er nicht völlig am Boden zerstört?«
»Doch, das war er wohl«, bestätigte Frau Schmidt. »Kurze Zeit später soll er den Verstand verloren haben. Er stürzte sich aus lauter Verzweiflung vom Dach des gräflichen Herrenhauses. Sein Vater starb einsam in hohem Alter – als Letzter aus seiner Familie.«
»Geschieht ihm recht«, sagte Franzi zufrieden.
»Gibt es das Herrenhaus noch?«, erkundigte sich Marie.
»Ja, es liegt am Ortsrand, nördlich vom Marktplatz«, antwortete Frau Schmidt. »Es stand lange Zeit leer und verfiel, bis es vor ungefähr fünfzehn Jahren von einem Investor gekauft und komplett renoviert wurde. Seitdem befindet sich dort ein großes Tagungshotel. Es soll sehr gut laufen. Kein Wunder, schließlich ist es das einzige Hotel weit und breit, seit der Mühlenhof vor einigen Jahren schließen musste …« Frau Schmidt versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Sie warf einen Blick auf die alte Standuhr, die neben der Kommode stand. Es war kurz nach zehn. »So spät schon! Jetzt haben wir uns aber ordentlich verquatscht. Tut mir leid, aber ich muss ins Bett. Ich stehe immer bei Sonnenaufgang auf, darum gehe ich auch früh schlafen.«
»Vielen Dank, dass Sie so offen zu uns waren«, sagte Kim. »Und dass wir das Bild sehen durften.«
»Keine Ursache.« Frau Schmidt lächelte den Mädchen zu. »Und jetzt Gute Nacht, ihr drei.«
Die drei !!! wünschten Frau Schmidt ebenfalls eine gute Nacht und
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