Die drei Ausrufezeichen 43 - Nixensommer
gehen noch ein Stück weiter und nehmen den Hintereingang.«
Kim betrachtete skeptisch den schmiedeeisernen, verschnörkelten Zaun, der das Grundstück vom Gehweg trennte. Goldene, spitz zulaufende Schmuckelemente saßen als Abschluss oben auf den Gitterstäben. Sie wirkten gleichermaßen edel wie gefährlich.
»Da klettert keiner so schnell rüber«, stellte Kim fest. Sie versuchte durch die Hecke zu sehen, die von der anderen Seitedicht an den Zaun reichte. »Und sehen kann man auch nichts.«
Marie nickte. »Das ist ja auch der Zweck der Sache.«
»Ich hätte keine Lust, in so einer Burganlage zu wohnen«, sagte Franzi. »Man fühlt sich doch total eingesperrt.«
Marie verzog das Gesicht. »Du sagst es. Aber warte ab, wenn du die Villa der van der Teubens gesehen hast, weißt du, warum der Zaun so hoch ist.«
»Verdienen die denn so viel, dass sie sich das alles leisten können?«, fragte Kim.
»Herr van der Teuben stammt aus einer alten Fabrikanten-Dynastie. Die Familie stellt schon seit Generationen medizinische Geräte her. Vom Skalpell über andere Präzisionsinstrumente bis zu OP-Tischen und Narkosemaschinen. Das Material wird weltweit exportiert.«
Kim erschauerte. »Ich will gar nicht wissen, was ›Präzisionsinstrumente im medizinischen Bereich‹ sind.«
»Das sind Zangen, Meißel, Feilen, Raspeln, Aderklemmen, Wundhaken …«, fing Franzi an aufzuzählen.
»Ich weiß, dass du als Tochter eines Tierarztes häufiger bei Operationen dabei bist«, unterbrach Kim sie. »Aber ich brauche dieses Fachwissen nicht, ich will das jetzt nicht hören, kapiert?!«
Franzi machte große Augen. »Aber das ist doch sehr interessant.« Sie zuckte mit den Schultern, als Kim einfach nur abwinkte.
Marie lief voraus, an der breiten Einfahrt vorbei und bog rechts ab. Nach einigen Metern blieb sie vor einem schmalen Tor stehen. »Hier ist es.«
Sie drückte auf den Knopf der glänzend polierten Klingelanlage.
Franzi und Kim sahen sich unbehaglich um.
Es dauerte eine Weile, dann erklang die Stimme von Holgers Mutter durch die Gegensprechanlage: »Marie, seid ihr es?«
»Ja!«, rief Marie.
»Wie gut, dass ihr da seid. Kommt herein, du kennst dich ja aus.«
Das Tor schwang auf und die drei !!! traten ein.
Marie führte ihre Freundinnen über einen gepflasterten Weg zwischen dichten Büschen hindurch. Als die Sicht auf das Dienstbotenhäuschen und die dahinter liegende Villa frei wurde, blieben Franzi und Kim wie angewurzelt stehen.
Kim legte den Kopf in den Nacken. »Das ist keine Villa – das ist ein Schloss! Das Dienstbotenhaus sieht dagegen aus wie eine Modelleisenbahnhütte.«
Franzi versuchte die Türmchen und Erker der riesigen Villa zu zählen, die sich vor ihnen erhob. Bei zwanzig gab sie auf. »Leute, das ist doch etwas übertrieben! Der Kasten ist mindestens doppelt so groß wie Maries Villa.«
Marie zuckte mit den Schultern. »Ich denke, drei- bis viermal. Aber jetzt kommt, Frau Kurz wartet.«
Sie steuerten auf das kleine Fachwerkhaus mit den dunklen Balken und der frisch gestrichenen hellblauen Fassade zu. Vor den Fenstern hingen Kästen mit bunten Blumen. Alles sah sehr einladend und gemütlich aus. Nur die dicke Moosschicht auf den Dachziegeln verriet, dass das Gebäude schon sehr, sehr alt war.
Holgers Mutter stand im Eingang des Dienstbotenhäuschens. Sie hatte gerötete Augen und ihr Gesicht war sehr blass. Aber sie lächelte tapfer und gab jedem der drei Mädchen einen kräftigen Händedruck zur Begrüßung. Es war ihr deutlich anzumerken, dass sie sehr froh war, dass die drei Detektivinnen da waren.
Frau Kurz führte sie durch einen engen Flur, der mit Zeitungspapier ausgelegt war. An der Wand stapelten sich Eimer mit angetrockneten Farbresten.
»Bitte entschuldigt das Chaos hier«, sagte Frau Kurz. »Aber Holger musste letzte Woche die ganze Decke noch mal streichen und dann hat er die Böden in den Zimmern im oberen Stockwerk eingelassen, sodass keine Zeit zum Aufräumen war.«
Marie atmete auf. Wenigstens was das Renovieren betraf, hatte Holger sie offensichtlich nicht angelogen.
Der Flur führte in eine überraschend weitläufige Wohnstube mit offener Küche. Die Wände waren in einem warmen, hellen Ockerton gestrichen, der gut zu den dunklen Bodendielen und Holzbalken passte. Frau Kurz hatte den Esstisch für fünf Personen gedeckt.
»Holger bringt die Zwillinge gerade zur Ferienbetreuung und fährt danach beim Bäcker vorbei«, erzählte sie. »Er wird gleich wieder zurück
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