Die drei Ehen der Grand Sophy
Fall verzweifelt wäre und daß die Kleine die Krankheit sich wohl in Astleys Amphitheater zugezogen hatte. Er war so niedergeschmettert, daß er zunächst kein Wort hervorbrachte. Er erhob sich von dem Stuhl, den er ans Sofa gerückt hatte, und trat ans Fenster, um hinauszustarren. Seine Mutter trocknete sich die Augen und sagte: »Wenn ich nur nicht ein so jämmerlicher Schwächling wäre! Du kannst dir vorstellen, Charles, wie sehr es mich verlangt, am Bett meines Kindes zu weilen! Aber ihr bloßer Anblick, so gequält und fiebergerötet, bereitet mir Krämpfe, und wenn sie mich erkennt, so hilft es ihr auch nicht, sie wird nur noch unglücklicher! Jetzt erlaubt man mir kaum, das Krankenzimmer zu betreten.«
»Das ist auch nichts für dich«, sagte er mechanisch. »Wer pflegt sie? Ist Addy hier?«
»Nein, Dr. Baillie hielt es für klüger, die anderen Kinder nach Ombersley zu schicken. Er hat uns eine gräßliche Frauensperson hergeschickt – ich selber habe sie nie gesehen, aber Cecilia sagte, es wäre eine betrunkene alte Hexe gewesen! –, und Sophy hat sie hinausgeworfen. Die alte Amme tut jetzt wieder Dienst, und du weißt, wie zuverlässig sie ist! Die Mädchen helfen ihr, und Dr. Baillie meint, daß ich in dieser Beziehung ganz beruhigt sein kann. Er sagt, daß unsere liebe Sophy eine wunderbare Pflegerin ist und daß die Krankheit ihren normalen Verlauf nimmt, aber ich kann nicht glauben, Charles, daß wir das Kind behalten!«
Er trat wieder an ihre Seite und tröstete sie mit mehr Geduld, als von seinem heftigen Temperament zu erwarten war. Als er sich endlich freimachen konnte, eilte er die Treppe hinauf, seine Schwester zu suchen. Sie war eben aufgestanden und trat gerade aus ihrem Zimmer. Sie sah blaß und abgespannt aus. Ihre Züge erhellten sich aber bei seinem Anblick, und sie sagte gedämpft: »Charles! Ich habe alle Hoffnung auf dein Kommen gesetzt! Bist du schon bei Mutter gewesen? Sie hat so sehr nach dir verlangt!«
»Ich komme gerade von ihr. Ach, Cilly, sie sagt mir, daß Amabel gleich nach diesem unseligen Besuch bei Astley zu fiebern begann.«
»Still! Komm in mein Zimmer! Amabel ist im blauen Fremdenzimmer, du darfst hier nicht so laut sprechen! Wir alle dachten das zuerst, aber Dr. Baillie hält nichts davon. Bedenke doch, daß die anderen beiden gesund blieben! Addy hat erst gestern wieder geschrieben.« Sacht zog sie die Tür ihres Schlafzimmers zu. »Ich kann nur eine Minute bleiben. Mama braucht mich so sehr.«
»Armes Ding, du siehst ja todmüde aus!«
»Ich bin es gar nicht. Ach, ich tue ja gar nichts. Manchmal bin ich ganz unglücklich, wenn ich so sehe, wie Sophy und ihre gute, freundliche Zofe die ganze Plage auf ihre Schultern genommen haben! Die Amme ist viel zu alt, um etwas tun zu können, und es bedrückt sie auch so sehr, wenn die arme kleine Amabel leidet. Wenn eine von uns nicht bei Mama ist, bekommt sie gleich ihre Krämpfe – du kennst das doch! Jetzt, da du hier bist, wirst du mich wenigstens da ablösen!« Sie lächelte und drückte ihm die Hand. »Wie froh ich bin, dich hier zu sehen! Auch Amabel wird sich freuen! Sie verlangt so oft nach dir und fragt, wo du denn bist. Wenn ich nicht gewußt hätte, daß du heimkommen wirst, hätte ich nach dir gesandt! Du fürchtest dich doch nicht vor der Ansteckung?« Er machte eine ungeduldige Gebärde. »Nein, das wußte ich, daß du nicht daran denkst. Sophy ist ausgegangen. Dr. Baillie besteht darauf, daß wir manchmal frische Luft schöpfen, und wir sind alle sehr folgsam. Nachmittags ist immer die Amme bei Amabel.«
»Darf ich zu ihr? Es wird sie doch nicht aufregen?«
»Nein, im Gegenteil, sie wird ruhiger werden. Wenn sie gerade wach ist und – bei Bewußtsein. Willst du jetzt zu ihr kommen? Du wirst sie allerdings schrecklich verändert finden, die arme Kleine!«
Sie führte ihn zum Krankenzimmer und trat geräuschlos ein. Amabel war sehr unruhig und fieberte, aber als sie ihren Lieblingsbruder erkannte, wurden ihre Augen heller, und ein schwaches Lächeln glitt über ihr gerötetes Gesichtchen. Sie streckte ihre Hand aus, er nahm sie und sprach zärtlich auf sie ein. Das schien ihr wohlzutun. Sie wollte ihn nicht fortlassen, aber auf einen Wink Cecilias löste er seine Hand aus der schwachen Umklammerung, versprach aber wiederzukommen, wenn Amabel brav sei und die Medizin nähme, die ihr die Amme gerade brachte.
Ihr Anblick hatte ihn erschüttert, und er vermochte Cecilias Versicherung kaum zu glauben,
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