Die drei Ehen der Grand Sophy
hattest, zu weinen. Du hast es nur getan, um mich in Verlegenheit zu setzen. Du bist die abscheulichste, schamloseste – Fang nicht schon wieder an!«
Sie lachte. »Nun ja, wenn ich so abscheulich bin, wäre es vielleicht doch das beste, ich zöge zu Sancia.«
»Merke dir etwas«, sagte Mr. Rivenhall, »mein Onkel hat dich ausdrücklich unter die Obhut meiner Mutter gestellt, und in der bleibst du, bis er nach England zurückkehrt! Was deine unsinnigen Gedanken über die Marquesa betrifft, so bist du für nichts verantwortlich, was sie tut.«
»Wenn das Wohl der Personen in Frage steht, an die man mit dem Herzen gebunden ist, dann ist man eben verantwortlich«, sagte Sophy schlicht. »Man sollte wenigstens versuchen, sich nützlich zu machen. Was ich in diesem Fall tun soll, weiß ich allerdings wirklich nicht. Wenn es wenigstens möglich gewesen wäre, daß Sancia in Sir Horaces Haus wohnte!«
»In Ashtead? Wozu sollte das gut sein?«
»Es ist nicht so nahe von London.«
»Auch nur sechzehn oder siebzehn Meilen, scheint mir.«
»Immerhin mehr als doppelt so weit wie Merton. Aber das nützt uns nichts, deswegen verdrießlich zu sein. Sir Horace meint, das Haus wäre in elendem Zustand und einfach unbewohnbar. Er will es erst wieder herrichten lassen, wenn er nach England zurückkommt. Hoffentlich ist es dann nicht zu spät.«
»Warum sollte es zu spät sein?« mißverstand Mr. Rivenhall sie absichtlich. »Lacy Manor steht doch nicht ganz leer. Hat mein Onkel nicht einige Dienstboten dort gelassen?«
»Nur die Claverings und einen Mann, der den Garten betreut. Aber das hatte ich doch nicht gemeint, wie du weißt.«
»Wenn du meinen Rat annimmst«, sagte Mr. Rivenhall, »so wirst du dich nicht in die Angelegenheiten der Marquesa mischen!« Und kaustisch fügte er hinzu: »Oder in die irgend jemandes andern. Du brauchst übrigens nicht erst zu erwähnen, daß dir mein Rat nichts gilt, denn das weiß ich sowieso.«
Sophy legte die Hände in den Schoß und begann die Daumen zu drehen. Die Miene der Fügsamkeit, die sie annahm, war so absurd, daß sogar Mr. Rivenhall lächeln mußte.
Allmählich aber wurde dieses Lächeln seltener. Da Sophy noch nicht bei Hof vorgestellt war, wurde sie auch zum großen Fest des Regenten in Carlton House nicht eingeladen, aber sonst gab es kaum ein gesellschaftliches Ereignis, an dem sie nicht teilnahm. Mr. Rivenhall mußte seine Mutter und ihre beiden Schützlinge zu mancherlei Veranstaltungen begleiten. Aber da er bei diesen Gelegenheiten seine Schwester mit Mr. Fawnhope tanzen und seine Kusine hemmungslos mit Charlbury flirten sah, konnte es niemanden wundern, daß er schließlich erklärte, er werde aufatmen, wenn im Juli der ganze Haushalt nach Ombersley Court verlegt würde. Er verstieg sich sogar zu der Äußerung, es sei sein Wunsch, daß Sophy unter ihren verschiedenen Bewerbern wähle, damit das Haus eines Tages wieder frei von Gästen wäre. Miss Wraxton meinte hoffnungsvoll, Sir Horace werde vielleicht nicht mehr lange von England fernbleiben, aber der einzige Brief, der von diesem in der Welt herumschweifenden Gentleman kam, deutete keine Absicht an, Brasilien zu verlassen.
»Wenn sie noch im September in der Obhut der lieben Lady Ombersley sein sollte«, sagte Miss Wraxton und blickte verschämt zu Boden, »dann wirst du sie wohl bitten müssen, Charles, eine meiner Brautjungfern zu werden. Das ist eine Höflichkeitspflicht.«
Er nickte, aber erst nach einer kurzen Überlegung. »Ich hoffe immer noch, daß mein Onkel bis dahin zurück ist. Gott allein weiß, was sie wieder aushecken wird, mir – oder uns – in Ombersley Verdruß zu bereiten. Etwas wird sie schon ausbrüten.«
Als es aber dann Juli wurde, war von Ombersley gar nicht die Rede. Mr. Rivenhall hatte ein altes Versprechen eingelöst und führte die drei jüngeren Schwestern zur Feier von Gertrudes Geburtstag in Astleys Amphitheater. Eine Woche nach dieser Vergnügung mußte Dr. Baillie ins Haus kommen, um Amabel ein Rezept zu verschreiben.
Gleich nach dem Theaterbesuch hatte sie Zeichen von gestörter Gesundheit gegeben, und obwohl der Arzt Mr. Rivenhall nachher versicherte, niemand könne sagen, wo sie sich das Fieber zugezogen, machte er sich doch die heftigsten Vorwürfe. Die Kleine war unbestreitbar ernstlich krank, sie litt ständig unter Kopfschmerzen, und nachts stieg das Fieber bedrohlich an. Das unheimliche Gespenst des Typhus tauchte auf, und auch Dr. Baillies Versicherung,
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