Die drei Ehen der Grand Sophy
rühmen zu hören, war Mr. Rivenhall dafür dankbar, daß er abwehrend einwarf: »Ja, wir kennen die Verse.«
Lord Bromford, der sich eben angeschickt hatte, »O Frau, in diesem Heime des Behagens« aufzusagen, geriet dadurch ein wenig aus dem Konzept, er fing sich wieder und erklärte: »Wer da an der echten Weiblichkeit Miss Stanton-Lacys gezweifelt haben mag, muß nun, das darf ich wohl sagen, eines Besseren belehrt sein.«
In diesem Augenblick meldete Dassett, daß Lady Brinklows Wagen vorgefahren wäre. Miss Wraxton, die sich nur auf dem Berkeley Square hatte absetzen lassen, während ihre Mutter Besorgungen in der Bond Street erledigte, mußte sich verabschieden. Auch Lord Bromford bemerkte, daß er, sintemalen weder Lady Ombersley noch ihre Nichte zu Hause seien, nicht länger stören wolle, und so war Mr. Rivenhall binnen weniger Minuten in der Lage, laut herauszulachen. Lord Bromford, der sich der besonderen Gunst Lady Brinklows erfreute, wurde eingeladen, in dem Landauer Platz zu nehmen, und er würzte den kurzen Weg bis zur Brook Street mit einer genauen Darlegung aller Symptome seines Unwohlseins.
Zwar war Mr. Rivenhall entschlossen, sich seiner Kusine nicht unnötig zu nähern, aber er konnte der Versuchung doch kaum widerstehen, ihr die kleine Szene zu schildern. Sie fand daran, wie er erwartet hatte, Vergnügen, wurde aber plötzlich ernst und ließ sich die Worte entschlüpfen: »Wie gut er und Miss Wraxton zusammenpassen! Daß mir das nie aufgefallen ist!«
»Vermutlich ist dir dabei bewußt gewesen«, bemerkte Mr. Rivenhall frostig, »daß Miss Wraxton mit mir verlobt ist.«
»Glaube kaum, daß mich das gehindert hat«, meinte Sophy, das Argument erwägend. Dann betrachtete sie ihn aufmerksam. »Beleidigt, Charles?«
»Ja.«
»Ach, Charles, ich muß mich über dich wundern«, sagte sie, und wieder war ihre Heiterkeit unbezwingbar. »So unwahr gegen dich selbst!«
Und gleichzeitig trat sie ihren strategischen Rückzug an. Sein vorwurfsvoller Blick traf nur die stumme Tür.
Seiner Mutter erklärte er nachher rund heraus, Sophys Betragen werde von Tag zu Tag schlechter; wie weit sie es aber trieb, das erfuhr er erst zwei Tage später, als er seinem Groom den Auftrag erteilte, die Neuerwerbung, den Braunen, vor den Tilbury zu spannen, und erfahren mußte, daß Miss Stanton-Lacy vor einer halben Stunde in diesem Wagen ausgefahren war.
»In meinem Tilbury ausgefahren?« wiederholte er. Seine Stimme wurde scharf. »Und mit welchem Pferd?«
Der Groom war sichtlich betreten. »Das … das neue, Sir.«
»Sie – Sie haben Miss Stanton-Lacy das neue Pferd eingespannt?« Mr. Rivenhall gab seinen Worten solches Gewicht, daß dem Stallburschen der Atem wegblieb.
»Die Miss sagte … Miss meinte, Sie würden nichts dagegen haben, Sir«, stammelte der Unglückliche. »Und weil ich doch weiß, daß sie zweimal mit den Grauen ausgefahren ist, Sir … und ich hatte doch keinen Gegenbefehl … und weil sie sagte, es wäre alles in Ordnung … darum habe ich gedacht, die Miss hätte Ihre Erlaubnis, Sir.«
Mr. Rivenhall raubte ihm mit einigen scharfen Worten diese Illusion und machte für alle Zukunft mit der Vorstellung seines Grooms Schluß, daß Denken eine ihm zukommende Befugnis wäre. Der Groom erlaubte sich keine weitere Bemerkung, sondern wartete schweigend, daß er aus dem Verhör entlassen würde. Doch dies trat nicht ein. Mr. Rivenhall war ein gestrenger, aber zugleich gerechter Herr, und selbst in seinem Zorn machte er sich eine ziemlich klare Vorstellung von den Mitteln, die seine prinzipienlose Kusine gebraucht haben mochte, um ihren Willen durchzusetzen. So beruhigte er sich plötzlich und fragte: »Wohin ist sie gefahren? Nach Richmond? Antworten Sie!«
Lord Ombersleys Groom sah wohl, daß der Unglücksbursche keiner Antwort fähig war, und bemerkte geschmeidig: »O nein, Sir, das ist ausgeschlossen! Meine Lady und Miss Cecilia sind vor einer Stunde in dem Landauer nach Richmond gefahren! Mit Miss Amabel, Sir.«
Mr. Rivenhall wußte, daß ein Besuch bei einer Kusine in Richmond verabredet war, und starrte ihn mit zusammengezogenen Brauen an. Gewiß war geplant gewesen, daß Sophy ihre Tante und Kusinen begleitete, und er konnte sich kaum vorstellen, was diese Programmänderung verursacht haben konnte. Aber das war jetzt ein nebensächliches Problem. Der junge Braune, den zu entleihen sie die Vermessenheit gehabt, war ein eigenwilliges Tier, noch gar nicht an städtischen Verkehr
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