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Die drei Ehen der Grand Sophy

Die drei Ehen der Grand Sophy

Titel: Die drei Ehen der Grand Sophy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Pflicht den Reisewagen der Ombersleys zu besteigen. Nicht einmal Cecilias Verdrießlichkeit konnte sie aus diesem frohen Zustand der Selbstzufriedenheit aufschrecken. Und noch nie hatte Cecilia sich so ungebärdig gezeigt! Auf die moralischen Betrachtungen, die ihre Begleiterin anstellte, antwortete sie nur einsilbig, und sie war, als es zu regnen begann, so gefühllos, Lord Bromford, der trübselig hinter dem Wagen herritt, den dritten Platz in der Chaise zu verweigern; der einsame Reiter hatte sich in seine Pelerine gewickelt und schnitt ein wahrhaft verzweifeltes Gesicht. Miss Wraxton stellte ihr vor, daß es geziemender wäre, den Reitknecht das Pferd Seiner Lordschaft lenken zu lassen, während dieser sich des Komforts des Wagens erfreue; doch Cecilia antwortete nur darauf, es wäre ihre Hoffnung, der abscheuliche Mensch werde sich eine Lungenentzündung holen und daran sterben.
    Kaum eine Stunde später geriet Dassett, soweit das bei einer Person von seiner Würde und Erfahrung möglich war, gänzlich aus der Fassung, als eine zweite Postkutsche vor dem Hause am Berkeley Square anhielt. Auch diese Kutsche war von vier schweißüberströmten Pferden gezogen, und die Räder waren bis zu den Achsen hinauf mit Kot bespritzt. Eine Menge Koffer und Reisesäcke waren auf dem Dach und im Gepäcknetz verstaut. Das nächste war, daß eine bescheiden gekleidete Person vom Wagen kletterte und die Stufen heraufgelaufen kam, um an der Glockenschnur zu ziehen. Nun hatte der Lakai geöffnet, und Dassett stand bereit, einen etwaigen Gast auf der Schwelle in Empfang zu nehmen. Eine hochgewachsene Gestalt löste sich jetzt aus dem Fond des Wagens, warf den Postknechten ein paar Guineen zu, bot ihnen einen jovialen Gruß und kam ohne Hast die Stufen heraufgestiegen.
    Dassett, der später seine Fassungslosigkeit der Haushälterin eindrucksvoll beschrieb, brachte nur mühsam ein Gestammel hervor: »Guten Abend, Sir! Wir … wir waren nicht auf Ihren Besuch gefaßt, Sir!«
    »Ich auch nicht«, sagte Sir Horace, während er die Handschuhe abstreifte. »Verdammt flotte Reise gehabt! Nicht einen Tag länger als zwei Monate auf See! Sagen Sie Ihren Leuten, daß sie meinen Plunder da ins Haus schaffen sollen! Ist Ihre Ladyschaft wohlauf?«
    Dassett erwiderte, während er ihm aus dem Kragenmantel half, daß Ihre Ladyschaft sich nicht schlechter befinde, als man erwarten durfte.
    »Das ist schön«, sagte Sir Horace, trat vor den Spiegel und richtete sein Halstuch mit geübtem Griff. »Na, und wie geht es meiner Tochter?«
    »Miss Sophy ist … soviel mir bekannt ist, erfreut sie 9ich der besten Gesundheit.«
    »Die ist nie krank. Wo steckt sie denn?«
    »Ich muß zu meinem Bedauern melden, Sir, daß Miss Sophy nicht in London ist«, erwiderte Dassett, der mit jeder anderen Person als Sir Horace nur zu gern über das Geheimnis von Sophys Verschwinden geplaudert hätte.
    »Wirklich? Nun, jetzt möchte ich Ihre Ladyschaft sehen«, meinte Sir Horace und bewies dabei in den Augen des Kammerdieners einen höchst unnatürlichen Mangel an Interesse für den Verbleib seines einzigen Kindes.
    Dassett geleitete ihn in den Salon hinauf und bat ihn, dort zu warten, während er sich auf die Suche nach der Zofe machte. Da Amabel inzwischen eingeschlummert war, dauerte es nur wenige Minuten, und Lady Ombersley kam in den Salon gelaufen, um sich dem Bruder an die Brust zu werfen. »Ach, mein lieber Horace!« rief sie. »Wie froh bin ich, daß du da bist! Wie ärgerlich, daß … aber nun bist du ja daheim und heil und gesund!«
    »Das ist keineswegs ein Grund, mein Halstuch zu derangieren, Lizzie«, sagte der allen übertriebenen Gesten abholde Bruder und entzog sich ihrer Umarmung. »Ich war ja meines Wissens gar nicht in Gefahr! Aber du siehst nicht besonders gut aus! Ein bißchen mitgenommen! Wo fehlt’s? Wenn es Magenbeschwerden sind, kann ich dir nur sagen, daß ein Mensch, der schon weit schlimmer daran war als du, mit Magnetismus und warmem Bier völlig ausgeheilt wurde.«
    Lady Ombersley beeilte sich, ihm die Ursachen ihres schlechten Aussehens zu erklären. Sie brachte die Rede auf Amabels Krankheit und rühmte Sophys Verhalten in herzlichen Worten.
    »Oh, Sophy weiß mit Kranken umzugehen! Wie kommst du übrigens mit ihr aus? Wo steckt das Mädel?«
    Diese Frage setzte Lady Ombersley in die gleiche Verlegenheit wie zuvor Dassett. Stammelnd erklärte sie, Sophy werde untröstlich sein! Wenn sie nur im entferntesten geahnt hätte, daß ihr Papa

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