Die drei Ehen der Grand Sophy
Cecilia und Sophy wurden nun dieser Ehre teilhaftig. Cecilias Schönheit wurde von Seiner Königlichen Hoheit nicht minder rühmlich hervorgehoben als zuvor von Mr. Wraxton, und ohne Zweifel wäre, hätte der Herzog die Bekanntschaft an einem anderen Orte gemacht, sein Arm gar bald um ihre Taille gelegen. Sophy weckte keine solchen amourösen Neigungen in ihm, doch sprach er recht jovial mit ihr, erkundigte sich nach dem Papa und versicherte mit lautem Auflachen, gewiß sei Sir Horace eben dabei, sich an allen Schönheiten Brasiliens zu ergötzen, der verdammte Kerl! Dann wechselte er noch Grüße mit mehreren Freunden, machte eine Runde durch den Saal und zog sich schließlich mit seinem Gastgeber und zwei anderen intimen Freunden auf eine Partie Whist in die Bibliothek zurück.
Cecilia kam mit brennenden Wangen von der Vorstellung zurück, denn sie haßte es, der Gegenstand plumper Komplimente zu sein, doch Mr. Fawnhope äußerte nur: »Sie sind heute schöner, als ich es für möglich gehalten hätte.«
»Ach, lassen Sie doch!« sagte sie unmutig. »Unerträglich heiß ist es in diesem Saal!«
»Ihre Wangen sind gerötet, aber es steht Ihnen gut. Ich führe Sie auf den Balkon hinaus.«
Dagegen hatte sie keine Bedenken, denn das Wort Balkon umschrieb in diesem Falle nur die schmalen Vorbauten vor jedem der zwölf Fenster des Ballsaales, die mit niedrigen Geländern vergittert waren. Mr. Fawnhope zog die schweren Portieren, die das Fenster verhüllten, zur Seite, und sie traten auf den schmalen Vorbau hinaus, nachdem Augustus den Kampf mit dem Riegel bestanden und die Doppelflügel geöffnet hatte. Eine kühle Brise fächelte ihre Wangen. »Was für eine Nacht«, sagte sie, »diese Sterne!«
»Der Abendstern, der liebe Herold«, zitierte Mr. Fawnhope und gönnte dem Himmel einen flüchtigen Blick.
Doch dieses Idyll wurde jäh unterbrochen. Mr. Rivenhall hatte den Abgang des jungen Paares beobachtet, war ihnen gefolgt, zog die schweren Brokatvorhänge zur Seite und sagte rauh: »Cecilia, hast du allen Sinn für Schicklichkeit verloren? Du kommst augenblicklich in den Saal zurück!«
Cecilia wandte sich betroffen um. Die Begegnung mit Lord Charlbury hatte sie bereits in Erregung versetzt, nun versagten ihre Nerven. »Was erlaubst du dir, Charles?« fragte sie mit bebender Stimme. »Welcher Unschicklichkeit mache ich mich schuldig, wenn ich in Begleitung meines Verlobten an die frische Luft trete?«
Dabei nahm sie Mr. Fawnhopes Hand und trat ihrem Bruder mit erhobenem Kinn und geröteten Wangen entgegen. Lord Charlbury hatte den Vorhang mit einer Hand gehoben und stand regungslos da, so blaß wie sie errötet.
»Oh«, sagte Cecilia schwach, entzog ihre Hand Mister Fawnhope und drückte sie an die Wange.
»Darf ich fragen, Cecilia, ob, was Sie da gesagt haben, die volle Wahrheit ist?« fragte Seine Lordschaft, und keine Spur von Erregung war in seiner Stimme.
»Ja«, stammelte sie.
»In Dreiteufelsnamen nein!« schrie Mr. Rivenhall.
»Dann muß ich Ihnen wohl meinen Glückwunsch aussprechen«, sagte Lord Charlbury mit einer Verneigung, ließ die Portiere fallen und schritt quer durch den Ballsaal zur Tür.
Sophy, die eben mit Major Quinton zum Tanz antrat, rief ihrem Partner nur ein Wort der Entschuldigung zu und holte Seine Lordschaft im Vorzimmer ein. »Lord Charlbury!«
»Miss Stanton-Lacy! Wollen Sie so gütig sein, mich bei Lady Ombersley zu entschuldigen, daß ich mich nicht formell verabschiede? Sie ist augenblicklich nicht im Ballsaal.«
»Ach, wer denkt daran! Was ist geschehen, daß Sie schon weggehen?«
»Ich bin nur zu einem einzigen Zweck hierher gekommen. Dieser Zweck ist verfehlt, ich brauche nicht zu bleiben, nachdem Ihre Kusine eben ausgesprochen hat, daß sie mit dem jungen Fawnhope verlobt ist.«
»Mein Gott, was ist sie für eine Gans!« sagte Sophy herzlich. »Ich habe sie doch mit Augustus verschwinden und Charles nachlaufen gesehen. Verlassen Sie sich darauf, das hat alles er angerichtet. Ich möchte ihn ohrfeigen! Reiten Sie manchmal in den Park?«
»Ob ich – was?«
»Ob Sie in den Park reiten?«
»Gewiß, aber –«
»Dann tun Sie es morgen früh! Das heißt, nicht allzu früh, denn vor vier Uhr werde ich kaum ins Bett kommen. Also um zehn: seien Sie pünktlich!«
Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern eilte in den Ballsaal zurück und ließ ihn in beträchtlicher Verwirrung stehen. Bei jeder anderen Gelegenheit hätte er über ihr abruptes Wesen gelächelt,
Weitere Kostenlose Bücher