Die drei Ehen der Grand Sophy
Töchtern geraten; gerade diesen höchst ungünstigen Moment hatten Hubert und Theodore benützt, Jacko aus dem Kinderzimmer entwischen zu lassen. So sah Sophy sich bei ihrem Eintreffen von verstörten Leuten umringt, die ihr unverzüglich ihre Beschwerden oder Nöte anvertrauen wollten. Cecilia, noch von dem Gespräch mit dem Vater erschüttert, wollte sie in die Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers fortschleppen; Miss Adderbury wollte ihr erklären, daß sie Mr. Hubert unaufhörlich gewarnt hatte, den Affen zu erregen; Theodore wollte aller Welt beweisen, daß es nur Huberts Verschulden war; Hubert seinerseits verlangte, sie solle ihm helfen, den Affen wiederzufinden, bevor Charles von der Sache erfuhr; und Dassett, der mit Mißbilligung wahrgenommen hatte, daß die übrigen Bediensteten sich mit Begeisterung des Falles annahmen, gab einen eisig höflichen Monolog zum besten, dessen Pointe darauf hinauslief, er sei nicht gewöhnt, wilde Tiere als Mitbewohner adeliger Häuser anzuerkennen oder zu dulden. Aus seiner Rede klang eine dunkle Drohung heraus, er wolle Seiner Lordschaft unverzüglich Meldung erstatten. So hielt es Sophy für ihre dringendste Aufgabe, Dassett zu beruhigen, denn ein Halbdutzend Personen hatten ihr versichert, daß Lord Ombersley übelster Laune war. Sie versprach Cecilia also, bald in ihr Zimmer zu kommen, und stimmte den Kammerdiener zunächst dadurch mild, daß sie die Dienste der Lakaien zurückwies. Cecilia, die nicht nur mit Lord Ombersley, sondern auch in Kürze mit ihrem älteren Bruder und eine halbe Stunde mit Lady Ombersley gesprochen hatte, war nicht in der Verfassung, sich für Affen zu interessieren, und erklärte ziemlich aufgeregt, sie hätte wohl erraten sollen, daß Jacko hier eine wichtigere Person sei als sie selbst. Selina, die an der dramatischen Atmosphäre und den über dem Haus hängenden Gewitterwolken ihre Freude hatte, zischte: »Pst! Charles ist in der Bibliothek!« Darauf erwiderte Cecilia, ihr wäre völlig gleichgültig, wo Charles sich aufhielte, und eilte die Treppe hinauf.
»Ein schöner Trubel!« sagte Sophy belustigt.
Ihre Stimme drang durch die geschlossene Tür der Bibliothek und bis zu den Ohren Tinas, die sich, wenn ihre Herrin nicht zu Hause war, an Mr. Rivenhall hielt. Sofort strebte sie zu ihrer Herrin, und ihr Drängen brachte Mr. Rivenhall, der ihr die Tür öffnen mußte, auf die Bildfläche. Als er sah, daß ein beträchtlicher Teil der Familie in der Halle versammelt war, fragte er einigermaßen kühl nach dem Grund. Bevor jemand ihm antworten konnte, wurde aus dem Kellergeschoß ein warnender Schrei Amabels hörbar, Jacko kam aus den tieferen Regionen in die Halle gejagt, erschrak vor Tina und kletterte die Fenstervorhänge hinauf, um sich in Sicherheit zu bringen. Nun tauchte auch Amabel auf, von der Haushälterin gefolgt, die einen leidenschaftlichen Protest an Mr. Rivenhall richtete. Der gottverdammte Affe, so erklärte sie, habe aus purem Mutwillen zwei der besten Tischtücher zerrissen und ein Glas voll Rosinen auf den Küchenboden verstreut.
»Wenn es nicht möglich ist, diesen verdammten Affen an seinem Platz zu halten«, sagte Mr. Rivenhall, ohne sich wegen der Heftigkeit seiner Sprechweise zu entschuldigen, »so muß er eben fort.«
Theodore, Gertrude und Amabel richteten darauf heftige Anklagen gegen Hubert, der, wie sie behaupteten, Jacko mutwillig gereizt hatte. Hubert zog sich in den Hintergrund zurück, und Mr. Rivenhall, der seine jüngeren Geschwister mit Mißbehagen betrachtet hatte, trat an das Fenster, hob seine Hand und sagte ruhig: »Komm, komm!«
Jackos Antwort kam zwar schnell, war aber unverständlich. Dagegen war sein Benehmen zur allgemeinen Überraschung nicht so widerspenstig wie sonst, denn auf Mr. Rivenhalls wiederholte Aufforderung begann er den Vorhang herunterzuklettern. Tina ihrerseits war durchaus der Meinung Dassetts und der Haushälterin, daß Affen in adeligen Häusern unerwünscht seien, und verursachte durch ihr Gebell einen Rückzug, doch Sophy bekam sie zu fassen und jagte sie hinaus, bevor Jacko wieder zur Gardinenstange hinaufgeklettert war. Mr. Rivenhall hieß nun die Anwesenden Lärm und jähe Bewegungen vermeiden und befahl Jacko neuerlich herunterzukommen. Jacko überzeugte sich, daß Tina unter strenger Obhut war, und kam widerstrebend herabgeklettert. Er ließ sich greifen und legte seine haarigen Arme um Mr. Rivenhalls Hals. Von diesem Beweis der Zuneigung ungerührt, reichte
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