Die drei Ehen der Grand Sophy
durchsuchen, und du wirst keinen besseren Menschen finden, Cecilia. Schmeichle dir nur nicht, daß du in diesem Poeten einen gefunden hast! Ich wünsche dir nur, daß du nie den Tag erleben mußt, an dem du bedauerst, was du heute getan hast!«
»Ich bin mir durchaus darüber im klaren, daß Lord Charlbury alle schätzenswerten Eigenschaften hat«, sagte sie gepreßt und betupfte ihre Wangen mit dem Taschentuch. »Gewiß ist er der vollendetste Gentleman unter allen meinen Bekannten, und wenn ich jetzt weine, tue ich es, weil es mir weh tut, daß ich ihn verletzen mußte.«
Er trat ans Fenster und blickte die Straße hinab. »Es hat keinen Sinn, dir jetzt Vorwürfe zu machen. Nach deiner Eröffnung von heute nacht würde Charlbury dich wohl gar nicht heiraten wollen. Was möchtest du nun? Ich kann dir sagen, daß Vater deine Verbindung mit Fawnhope nicht dulden wird.«
»Weil du ihm nicht erlaubst einzuwilligen! Kannst du dich denn nicht damit zufriedengeben, Charles, daß du eine Konvenienzehe eingehst? Muß ich es denn unbedingt auch tun?«
Er erstarrte. »Es ist unschwer zu sehen, daß hier wieder der Einfluß meiner Kusine am Werk ist. Bevor sie hierher kam, hättest du nicht so zu mir gesprochen. Die Achtung, die ich für Eugenia hege –«
»Wenn du sie liebtest, Charles, würdest du nicht von Achtung sprechen.«
Und in diesem höchst ungeeigneten Augenblick führte Dassett Miss Wraxton herein. Cecilia schaffte rasch das Taschentuch ihres Bruders außer Sehweite; karmesinrot liefen ihre Wangen an; Mr. Rivenhall wandte sich vom Fenster ab und sagte mit einiger Mühe: »Eugenia! Wir waren nicht darauf gefaßt, dieses Vergnügen zu haben!«
Sie gab ihm die Hand, dann wandte sie sich Cecilia zu: »Sage, daß das nicht wahr ist! Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so entsetzt wie in dem Augenblick, da Alfred mir erzählte, was gestern nacht geschehen ist.«
Unwillkürlich traten Bruder und Schwester näher zusammen. »Alfred?« wiederholte Mr. Rivenhall.
»Er hat mir auf der Heimfahrt erzählt, daß er unfreiwillig mit angehört hat, was Cecilia zu dir sagte. Und Lord Charlbury! Ich konnte es einfach nicht glauben!«
Wenn es nicht die Bande der Zuneigung waren, so zwang jetzt die Treue Mr. Rivenhall, seiner Schwester zur Seite zu stehen. Trotzdem sah er ärgerlich genug drein, denn er fand es unentschuldbar, daß Cecilia ihn in eine solche Situation gebracht hatte. So sagte er Einhalt gebietend: »Wenn du meinst, daß Cecilia und Lord Charlbury beschlossen haben, sich nicht zu verbinden, so bist du im Recht. Was das allerdings Alfred angeht, weiß ich nicht, und noch weniger, warum er dir hinterbringen muß, was er – belauscht hat!«
»Lieber Charles, er weiß doch, daß alles, was deine Familie betrifft, auch mich angeht.«
»Sehr verbunden, aber ich wünsche diese Angelegenheit nicht zu erörtern.«
»Entschuldige mich! Ich muß zu meiner Mutter!« sagte Cecilia.
Sie floh aus dem Zimmer. Miss Wraxton warf Mr. Rivenhall einen vielsagenden Blick zu und erklärte: »Es wundert mich nicht, daß du verärgert bist. Das ist eine arg verfahrene Angelegenheit, und wir brauchen wohl nicht weit zu suchen, wenn wir herausbringen wollen, unter welchem Einfluß die liebe Cecilia in einer Weise gehandelt hat, die ihr doch so gar nicht ähnlich ist.«
»Ich verstehe absolut nicht, was du meinst.«
Sein abweisender Ton hätte sie warnen müssen, aber ihre Abneigung gegen Sophy war bereits zu einer derartigen Besessenheit ausgeartet, daß sie das Thema nicht zu wechseln vermochte.
»Es kann dir nicht entgangen sein, lieber Charles, daß unsere liebe sanfte Schwester ganz unter den Einfluß ihrer Kusine geraten ist. Meiner Ansicht nach kann das nur zu einem Unglück führen. Miss Stanton-Lacy verfügt zweifellos über viele hervorragende Eigenschaften, aber ich muß dir doch recht geben, wenn du sagst, daß es ihr allzu sehr an Zartgefühl gebricht.«
Mr. Rivenhall, der völlig überzeugt war, daß alle Schuld an dem Verhalten seiner Schwester auf Sophy fiel, erwiderte ohne Zögern: »Da bist du ganz im Irrtum. Ich habe nie eine derartige Äußerung getan.«
»So, hast du das nicht? Und ich dachte, du hättest etwas dergleichen zu mir selbst gesagt, Charles, aber darauf kommt es ja jetzt nicht an. Es ist jammerschade, daß die liebe Lady Ombersley sie gerade jetzt als Gast ins Haus nehmen mußte. Sooft ich das Haus betrete, werde ich mir der Veränderung hier bewußt. Sogar die Kinder –«
»Es geht
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