Die drei Ehen der Grand Sophy
jedenfalls jetzt hier lebhafter zu«, fiel er ihr ins Wort.
Sie lachte gekünstelt. »Gewiß ist es weniger friedvoll!« Sie begann die Falten ihrer Handschuhe zu glätten. »Weißt du, Charles, ich habe den Ton in diesem Hause immer so bewundert. Dieser Ton war dein Verdienst, ich weiß es wohl. Und ich kann nicht umhin, eine leise Traurigkeit zu empfinden, wenn ich sehe, daß diese wohlgeordnete Ruhe … eine gewisse Würde, möchte ich sagen … durch Ungebärdigkeit gestört worden ist. Erst gestern fiel mir das auf: die arme kleine Amabel wächst uns ganz aus den Händen! Natürlich ermutigt Miss Stanton-Lacy sie nur unabsichtlich. Man darf nicht vergessen, daß sie selbst keine geordnete Erziehung genossen hat.«
»Meine Kusine war sehr freundlich zu den Kindern«, sagte Mr. Rivenhall abschließend, »und meine Mutter hängt sehr an ihr. Auch mir, das muß ich sagen, ist es nur lieb, daß Mutter durch Sophys Gegenwart so sehr belebt ist. Hast du in diesem Teil der Stadt Besorgungen? Kann ich dich irgendwohin bringen? Ich muß in zwanzig Minuten in der Bond Street sein.«
Gegenüber einer so deutlichen Zurückweisung vermochte Miss Wraxton nichts mehr zu sagen. Röte stieg ihr in die Wangen, sie preßte die Lippen zusammen, unterdrückte aber eine scharfe Entgegnung und brachte wenigstens mit dem Anschein der Nachgiebigkeit hervor: »Danke, ich muß nur in der Buchhandlung etwas für Mama besorgen. Ich habe meinen Landauer mit und will dich gern an dein Ziel bringen.«
Da dieses Ziel Jacksons Boxhalle war, stand kaum zu erwarten, daß sie das gern tat, denn sie schätzte keinerlei Sport und hielt Boxen für eine besonders niedrige Abart der Leibesübungen. Doch unterdrückte sie eine spöttische Bemerkung über Mr. Rivenhalls Passion, sich in Gesellschaft widerwärtiger Preiskämpfer zu begeben, und äußerte nichts.
Cecilia war inzwischen zwar nicht zu Lady Ombersley, aber zu ihrer Kusine geflüchtet, die vor ihrem Ankleidetisch saß und über einem Stück Papier brütete. Jane Storridge räumte gerade das Reitkleid in den Schrank, schien aber, als Cecilia eintrat, zu empfinden, daß sie störte, denn sie schnüffelte hörbar, nahm Sophys Reitstiefel unter den Arm und verschwand.
»Was mag das wohl sein, Cecy?« fragte Sophy und beugte sich wieder über das Blatt Papier. »Jane sagt, sie hätte es in der Fensternische gefunden und gedacht, es gehöre mir. Komischer Name, nicht? Goldhanger, Bear Alley, Fleet Lane. Ich kenne die Schrift nicht und begreife nicht … ach, wie dumm! Es muß aus Huberts Rock gefallen sein.«
»Sophy«, sagte Cecilia, »ich hatte eine schreckliche Unterredung mit Charlbury.«
Sophy ließ das Blatt auf den Tisch fallen. »Du lieber Gott, was gibt es denn nun wieder?«
»Ich bin ganz überwältigt«, sagte Cecilia und ließ sich in den Stuhl fallen. »Niemand – also niemand hätte empfindsamer handeln können! Wenn du mir doch nicht zugeredet hättest, ihn zu empfangen! Es war so quälend.«
»Ach, denke nicht mehr daran«, sagte Sophy aufmunternd. »Wir wollen lieber darüber nachdenken, was geschehen soll, um eine standesgemäße Beschäftigung für Augustus zu finden.«
»Wie kannst du nur so herzlos sein?« fragte Cecilia. »Er war so gütig, und ich konnte nun sehen, wie weh ich ihm getan hatte.«
»Nun, er wird sich rasch genug davon erholen«, meinte Sophy gleichmütig. »Ich wette zehn zu eins, daß er sich in ein anderes Mädchen verliebt, bevor der Monat herum ist.«
Cecilia sah nicht aus, als ob ihr diese Prophezeiung tröstlich erschiene, aber nach einem Augenblick sagte sie: »Gewiß wäre mir das nur lieb, denn es ist nicht angenehm, einem Mann das Leben zu verpfuschen, das kann ich dir sagen.«
»Glaubst du, daß wir Regen bekommen? Kann ich es riskieren, meinen neuen Strohhut aufzusetzen? Ich habe im Sinn, selber ein wenig mit Charlbury zu flirten. Er hat mir gut gefallen.«
»Hoffentlich gelingt es dir«, sagte Cecilia ein wenig steif. »Eigentlich ist er mir nie als ein Mann erschienen, der auf Flirt aus ist. Seine ganze Art läßt wohl kaum zu, daß er nach einem Vorfall wie diesem an eine solche Zerstreuung denkt.«
Sophy lachte. »Wir wollen sehen! Sag mir, welchen Hut ich aufsetzen soll! Der Strohhut ist bezaubernd, aber wenn wir doch Regen bekommen …«
»Es ist mir völlig gleichgültig, was für einen Hut du aufsetzt«, gab Cecilia zurück.
XI
DER ÜBRIGE TAG VERLIEF ereignislos, Sophy brachte Cecilia in ihrem Phaeton in den Hydepark und
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