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Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)

Titel: Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bolz
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Blicke trafen sich, erfüllt von Ehrfurcht vor der Schönheit und Kraft dessen, was geschah. Dann sahen sie sie.
    Zuerst kamen klare Glaskörper, die sanft aus der Tiefe des Kraters nach oben stiegen. Dann konnte Joshua dünne Fäden erkennen, die zu beiden Seiten an ihnen befestigt waren und ein wenig weiter unten etwas trugen, das aussah wie schmale Plattformen. Auf jeder dieser Plattformen saß eine Gestalt. Sie sahen menschlich aus, waren in dunkle Anzüge gekleidet und trugen Masken. Einige der Figuren waren größer, andere kleiner, wie Kinder. Eine von ihnen kam ganz nah an Joshua und den Wolf heran. Sie hob kurz ihre Hand zum Gruß, als sie vorbeischwebte.
    „Kannst du mich hören?“, dachte Joshua. Doch er bekam keine Antwort. Er hielt Blickkontakt zu der Figur, bis sie hinter einer weiteren Glaskugel verschwand, die an ihnen vorbeikam. Joshua zählte mindestens drei Dutzend dieser gläsernen Bälle, doch als er in den Krater hinuntersah, stellte er fest, dass es mehr als zweihundert sein mussten, die in dem Lichtstrahl nach oben in den Himmel stiegen. Dann waren sie verschwunden.
    „Was war das?“, fragte Joshua.
    „Ich habe nicht die geringste Ahnung“, antwortete Grau.
    So weit sie in den Wald hineinsehen konnten, waren die Lichtstrukturen der Stadt vollendet. Einige ragten neben den Bäumen weit in den Himmel hinein, an ihren Außenseiten befanden sich breite Wendeltreppen. Andere schienen nicht viel mehr als Eingänge zu Komplexen zu sein, die sich unter der Erde befanden. Es gab Straßen und Wege und quadratische Strukturen, die aussahen wie ehemalige Wasserbecken. Jetzt, in ihrer leuchtenden Form, waren sie nicht mehr nur Überreste einer altertümlichen Vergangenheit, sondern Zeugnis dessen, was geblieben war, was über die Grenzen von Raum und Zeit hinaus existierte. Als Joshuas Blick auf die Platte aus Stein und Licht fiel, die sich in der großen Kathedrale befand, der sie am nächsten waren, sah er, dass der ganze Stein mit eingravierten Symbolen bedeckt war. Als Joshua sie betrachtete, begriff er, was sie bedeuteten. Es war, als riefen die Symbole Bilder hervor. Da stand:

Die Sternenflut euch nach Hause ruft
    Wohin ihr zurückkehren werdet
    Wohin ihr noch immer gehört
     
    Die Türen wurden schon lange geöffnet
    Unverschlossen sind die Tore der Zeit
    Der Pfad zur Wahrheit ist offen
    Die Sterne sind ausgerichtet, bereit
     
    Eine uralte Reise zu beginnen
    An den Ort, an dem ihr schon immer wart
    Eurer Sehnsucht zu folgen
    Die Euren zu versammeln
     
    Euer Schicksal ist besiegelt
    Am Himmel steht es geschrieben
    Eure Heimat wird endlich offenbart
    Ihr werdet sie nicht umgehen
     
    Und dann wird eines Tages der Sand der Zeit
    Aus euren Herzen verschwinden
    Und keine Spuren hinterlassen
    Nur eine Sternenflut.

Irgendetwas tief in Joshuas Seele regte sich. Es war, als ob die Bilder, die er gesehen hatte, Überreste alter Erinnerungen wachriefen, die tief in ihm vergraben waren – Erinnerungen, die er weder fassen noch in irgendwelche Zeitrahmen einordnen konnte. Ihm wurde klar, dass er die Bedeutung dessen, was dort geschrieben stand, nur mit seinem Herzen fassen konnte, nicht mit seinem Verstand. Der nämlich war durch all das völlig aus der Fassung geraten. Eine Weile betrachteten sie die Steinplatte. Dann trafen sich ihre Blicke.
    „Grau?“
    „Ja“, antwortete der Wolf.
    „Ich bin durstig“, dachte Joshua zu ihm.
    Der Wolf lächelte plötzlich in seinen Gedanken.
    „Dann lass uns gehen und irgendwo Wasser auftreiben. Ich habe einen Bärenhunger!“

 
     
     
    * * *
     
    Sie beschlossen, eine der breiteren Straßen zu nehmen, die in entgegengesetzter Richtung zu der, aus der sie gekommen waren, durch die Stadt führte. Als sie ein Gebäude nach dem anderen passierten, immer noch überwältigt von den herrlichen Details in den Lichtarbeiten, bemerkten sie, dass es nicht mehr so still war wie im Stadtzentrum. Sie hörten nun in der Ferne Vögel zwitschern, als ob nicht nur die Stadt selbst, sondern auch die Umgebung langsam erwachte. Der Wald wurde lichter und der Abstand zwischen den Bäumen größer, bis nur noch sporadisch hier und dort ein Baum stand. Das Landschaftsbild selbst veränderte sich und sie kamen in eine hügelige Gegend, ähnlich der, die sie in der Nacht durchquert hatten.
    Als sie bereits eine Weile gewandert waren, entdeckten sie plötzlich einen riesigen Erdhaufen, der die Straße vor ihnen blockierte. Es sah aus, als wäre vor Jahrzehnten etwas durch die

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