Die Drei Federn - Joshuas Reise (German Edition)
Die Spinnenkörper, die gegen das Glas gepresst waren, verdeckten das meiste Licht. Hier und da drang ein Sonnenstrahl durch die kleinen Zwischenräume und erleuchtete teilweise den Boden.
Die Gruppe stand zusammengedrängt in der Mitte der großen Kuppel. Joshua sah, dass Graus Pelz mit Eiskristallen bedeckt war. Die Flügel des Pegasus waren teilweise gefroren. Und als er an sich selbst hinabblickte, sah er, dass seine Federn ebenfalls von einer dünnen Eisschicht bedeckt waren. Sie waren keine Sekunde zu früh hier angekommen. Die Freude darüber, Krieg wiederzusehen, wurde von dem entsetzlichen Gedanken überschattet, dass sie von Hunderten, vielleicht Tausenden von riesigen Spinnen umzingelt waren. Die Erleichterung, die Joshua verspürt hatte, als sie das Turmzimmer erreicht hatten, war nur von kurzer Dauer gewesen. Was, wenn die Spinnen einen Weg ins Innere fanden? Die Tür war wahrscheinlich immer noch offen, obwohl Krieg versucht hatte, sie zu verschließen.
„Sie werden dir nichts tun.“ Winds Gedanken erreichten ihn wie klares Wasser, das in einem Brunnen an die Oberfläche sprudelt.
„Wie meinst du das?“, fragte er.
„Sie werden dir keinen Schaden zufügen. Sie sind nicht deinetwegen hier.“
Joshua begriff nichts.
„Warum sind sie dann hier?“, fragte er.
Eine Pause entstand, in der Wind ihn mit ihren freundlichen Augen betrachtete und ihre bloße Gegenwart seiner Seele guttat.
„Sie sind hier, um Schutz zu suchen. Das Eis kommt von tief unter der Erde und nimmt sich alles, was auf seinem Weg liegt. Die Spinnen fliehen an den einzigen Ort, von dem sie wissen, dass er sie retten kann: die Zuflucht. Wenn du jetzt nach draußen sehen könntest, würdest du sehen, dass keine der Spinnen unter uns überlebt hat. Sie sind alle gestorben, auf der Suche nach einem Ort, an dem das Eis sie nicht erreichen kann. Sie waren nicht hinter uns her.“
„Also habe ich sie getötet, als ich die Tür geschlossen habe?“, fragte Krieg in die Stille hinein.
„Nein. Selbst hier drin, unterhalb dieses Zimmers, wären sie jetzt nicht mehr am Leben.“ Wind hielt Kriegs Blick stand. „Es gibt nichts, was du hättest tun können.“
„Und was jetzt?“, fragte Joshua, ohne sich sicher zu sein, was genau er meinte.
„Sobald das Eis schmilzt, wird der See ihre Leichen aufnehmen. Diejenigen, die überlebt haben, ziehen sich unter die Erde zurück.“
„Bis zum nächsten Mal?“, fragte Joshua.
„Ja. Bis zum nächsten Mal“, antwortete Wind.
Joshua nickte leicht. Er hatte in so kurzer Zeit so viel Tod gesehen und jeder einzelne berührte ihn aufs Neue, jedes Mal war es, als ob ein Teil von ihm ebenfalls starb.
„Der Tod gehört zu dieser Welt“, dachte Wind zu ihm. „Er ist weder gut noch schlecht. Er ist einfach.“
„Es gefällt mir nicht!“ Joshua war selbst überrascht von seiner heftigen Reaktion. „Warum sind wir überhaupt am Leben, wenn es doch sowieso mit dem Tod endet? Wieso sollen wir all das durchmachen, wenn sowieso sicher ist, wie es ausgeht?“ Joshua war plötzlich überwältigt von einer Welle von Emotionen, einem Gemisch aus Verzweiflung, Angst und einem Verlustgefühl, das er nicht verstehen konnte.
„Joshua!“ Graus Gedanken standen klar in seinen eigenen. „Es sind die Spinnen! Du fühlst, was sie fühlen. Es sind ihre Gedanken, die du hörst!“
In diesem Moment wurde Joshua klar, dass der Wolf recht hatte. Er konnte es jetzt spüren. Es war überall um ihn herum. Die Spinnen, die es zur Turmspitze geschafft hatten, betrauerten den Tod ihrer Brüder unter ihnen. Plötzlich sah Joshua die Außenseite des Turms durch ihre Augen. Sie war bedeckt mit gefrorenen, kristallisierten Spinnenkörpern. Einer nach dem anderen fiel herunter, als die eisbedeckten Wände zu schmelzen begannen. Es war ein Bild des Grauens.
„Du kannst nichts für ihre Toten tun“, dachte Wind zu ihm. „Aber es gibt etwas, das du für uns tun kannst und für dich selbst und für sie, und das ist, sie nicht aus deinen Gedanken auszuschließen. Sie in deinen Gedanken zu behalten. Das wird sie begleiten, wo auch immer sie hingehen und was auch immer sie als nächstes erwartet.“
Als Joshua darüber nachdachte und versuchte zu begreifen, was er gerade von Wind gehört hatte, kam Krieg herüber und legte sich neben ihn und den Wolf auf den Boden. Die drei sahen sich eine Weile an.
„Ich bin so froh, dass ihr am Leben seid“, dachte Krieg zu ihnen. „Ich war mir sicher, dass ihr tot seid und ich
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