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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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überbordender Fantasie, wenn nicht ein reiner Akt des Willens. Miranda war so damit beschäftigt gewesen, sich in unpassende Männer zu verlieben, dass ihr zu diesem Thema nur die Frage einfiel:Wozu?
    Jetzt weiß ich es, dachte sie.
    Sie beobachtete Leanne, wie sie drinnen im trockenen, warmen Zimmer saß und in ihren Unterlagen blätterte. Der R egen prasselte vom Himmel herab, und hinter Miranda klatschten dieWellen des Long Island Sound an den Strand, die ihr damals so übel mitgespielt hatten. Miranda wusste nicht, wie all diese Erlebnisse unter einen Hut zu bringen waren, und es kümmerte sie auch nicht. Solange sie nur hierbleiben konnte.
    Von ihrem Platz zwischen den R osenstöcken aus sah Miranda, wie R oberts ins Zimmer trat und mit Leanne sprach. Leanne strich sich mit beiden Händen durchs Haar, eine Geste derVerzweiflung. R oberts zeigte ihr einen Stapel offiziell wirkender Papiere. Leanne legte den Kopf zurück und starrte an die Decke. Dann stand sie auf und machte hilflose Gesten mit den Armen. Ballte die Hände zu Fäusten, öffnete und schloss den Mund. Miranda ging durch den R egen zum Fenster und versuchte, Leanne mit Gesten zu fragen, ob sie hereinkommen sollte. Doch Leanne, die mit den Papieren wedelte und R oberts anschrie, nahm sie nicht einmal wahr.Woraufhin Miranda zum Auto tappte und zum Bahnhof fuhr, um Annie abzuholen.
    Felicity lief unterdessen durch denselben strömenden R egen. An den Bäumen im Central Park zeigten sich schon Knospen, aber nun wurden ihre schwarzen Äste vom Wind gepeitscht. Der Portier ihres Hauses kam ihr mit dem R egenschirm entgegengelaufen, und Felicity schritt so würdevoll neben ihm her, wie es ihr unter diesen Umständen gelang. Sie war klatschnass. Ihr Nerzmantel hing schlaff herunter und erinnerte an eine Familie ertrunkener Würmer, und aus ihren Haaren rannWasser. Ihr R egenschirm war vom Wind umgestülpt worden, und sie hatte ihn unterwegs liegen lassen und war immerzu weitergelaufen. Ihre Schuhe waren natürlich ruiniert. Der Pelzmantel tropfte wie ein nasser Hund und verströmte im Fahrstuhl einen intensiven animalischen Geruch.
    »Joe!« Felicitys Schuhe quietschten auf den Marmorplatten, die sie in der Diele hatte verlegen lassen. »Joe!«
    Er kam aus der Küche, entspannt und gelassen, ein Glas Scotch in der Hand. Normalerweise wusste Felicity seine untadelige Kleidung, sein gepflegtes Äußeres, seine festen Gewohnheiten zu schätzen. Aber in diesem Moment brachte es sie auf die Palme, dass er sich so wohl zu fühlen schien.
    »Siehst du nicht, dass ich völlig durchnässt bin?«
    Joe nahm ihr den Mantel ab und hielt ihn von sich weg. »Handtuch?«, sagte er und schritt zum Badezimmer. Er fragte sich, ob es seine Bestimmung war, hysterischen Frauen Handtücher zu bringen. Zumindest hatte Felicity bislang kein Whiskyglas nach ihm geworfen wie Betty. Er hatte eben noch mit Miranda telefoniert. Er rief täglich im Cottage an, obwohl die Mädchen keinen Hehl aus ihrerVerachtung für ihn machten. Aber er musste einfach wissen, wie es Betty ging. Meningitis. Normalerweise bekam Betty nicht mal eine Erkältung. Wie hatte sie sich diese schreckliche Infektion zugelegt? Irgendwie wusste Joseph, dass er Schuld daran hatte. Das sahen Annie und Miranda offenbar auch so. Zumindest war Betty jetzt nicht mehr im Krankenhaus. Sie ließen ihn nicht mit ihr sprechen, obwohl er sicher war, dass Betty gerne mit ihm gesprochen hätte. Nach all diesen gemeinsamen Jahren. Doch nun waren sie nicht mehr zusammen, hatte Annie ihm zu verstehen gegeben. Sie hat dieVerbindung gekappt, hatte Annie gesagt. Sie ist damit beschäftigt, seelisch und körperlich zu genesen. Willst du, dass es ihr noch schlechter geht? Bist du so selbstsüchtig und egoistisch? Ist mir ganz egal, ob du dich schuldig fühlst oder nicht, hatte sie zu ihm gesagt, aber du wirst meine Mutter nicht aufregen.
    »Es ist wegen Frederick«, sagte Felicity, die mit quietschenden Schuhen hinter Joseph getreten war.
    Er nahm ein riesiges weißes Badehandtuch aus dem R egal. »Hier, Liebling.«
    »Ich rede mit dir! Hörst du mir nicht zu? Frederick!«
    Der nasse Pelzmantel hing schwer und tropfend an Joes ausgestrecktem Arm. Joe ließ ihn in die Badewanne fallen und fürchtete beinahe, dass nasse, rachsüchtige Nerze daraus hervorspringen würden. Er verabscheute diesen Mantel. Wieso trug sie ihn überhaupt im April? Miranda wäre fuchsteufelswild, wenn sie ihn jemals zu Gesicht bekäme. Aber das war sie ohnehin

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