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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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das Gedicht rezitiert, dass Joseph ihr einmal auf einer Fahrt nach Maine beigebracht hatte: » R oter Himmel am Abend ist für den Seemann beruhigend und labend. R oter Himmel am Morgen bereitet dem Seemann Sorgen.« Und da der Himmel heute Morgen nicht rot gewesen war, hatte Miranda sich in Sicherheit gewägt.
    Sie konzentrierte sich darauf, das Kajak ruhig zu halten. Die ärgerliche Szene mit dem faden Anwalt, der ihr trotz ihrer Missachtung zu Hilfe geeilt war, kam ihr wieder in den Sinn. Annie behauptete, der Mann sei trotz seiner Schweigsamkeit eigentlich interessant.Wenn Annie ihn so nett fand, hätte er da nicht Annie zu Hilfe eilen können? Miranda fand ihn einfach entsetzlich langweilig. Zum Gähnen langweilig.
    Sie versuchte, sich wieder ihrer Seele zuzuwenden, wurde jedoch durch einen wütenden inneren Dialog mit denVerlegern, die sich seit März nicht mehr meldeten und immer »nicht im Büro« waren, wenn Miranda anrief, davon abgehalten. Eine ihrer inneren Stimmen rief: Nach all diesen Jahren ! Eine andere hielt dagegen: Es ist aber August, da sind doch alle verreist .
    Miranda bemerkte plötzlich, dass sie trotz heftigen Paddelns dem Marschland kein Stück näher gekommen war, sondern die Küste entlangdriftete, am Burying Hill Beach vorbei und einer riesigen alten Villa, die noch viel größer war als Cousin Lous Haus. Es war ein wunderschönes lang gestrecktes Herrenhaus imTudor-Stil, ein Anwesen, wie man es für die Räuberbarone im neunzehnten Jahrhundert erbaut hatte. Die Küstenstraße trug den wenig originellen, aber treffenden Namen Beachside Avenue, und die Häuser mit ihren gepflegten Rasenflächen waren auf allen Seiten von hohen Steinmauern abgeschirmt. AmWasser gab es ein kleines steiniges Strandstück.
    Miranda sah ein weiteres Haus, nicht ganz so alt und einigermaßen scheußlich, mit furchtbaren Säulen – nannte man so was nicht Palladio-Stil? Aber die Aussicht von dort musste fantastisch sein. Und der sichelförmige kleine Strand machte den Eindruck, als könne sie dort vielleicht anlegen. Das sollte sie wohl mal versuchen. Diese Strömungen waren ausgesprochen widerspenstig. Und jetzt fing es auch noch zu regnen an. Miranda legte den Kopf zurück, genoss die kaltenTropfen auf ihrem Gesicht. Grandios, der kalte Wind und der R egen, die körperliche Erschöpfung.Wenn sie sich nun Zeit dafür nahm, würde ihre Seelenerkundung sicher erfolgreich sein. Miranda ließ das Paddel einen Moment ruhen, atmete die feuchte Luft ein. Das Kajak wurde von heftigenWellen herumgeschleudert. Fantastisch, dachte Miranda, doch im selben Moment wurde ihr bewusst, dass es wohl weniger fantastisch wäre, wenn sie im schwarzenWasser des Long Island Sound landen oder an Rhode Island vorbeitreiben würde. Da dies gegenwärtig die einzigen Optionen zu sein schienen, paddelte sie nun mit aller Kraft auf das Strandstück zu, das zu der hässlichen Palladio-Villa gehörte. Es war schon ziemlich nah. Sie hatte es schon beinahe erreicht. Jetzt hatte sie es erreicht. Doch dieWellen waren hier höher und brachen mitWucht über die vereinzelten Felsen vor dem Strand herein. So wuchtig wie auf Cape Cod waren dieWellen zwar beileibe nicht, doch immerhin so heftig, dass es unmöglich war, an Land zu kommen.
    Und wie sich herausstellte, waren dieWellen auch stark genug, um das Kajak zum Kentern zu bringen. Miranda spürte, wie es umkippte, dann erfasste sie das eisigeWasser, der graue Himmel verwandelte sich in Dunkelheit. Ihre Beine strampelten wie wild, um sich von dem roten Kajak zu befreien. Sie ruderte wild mit den Armen, raste und tobte, um der unheimlichen Stille unterWasser zu entkommen. Doch ihre Füße waren gefangen und nutzlos, ihre Hände erfassten nurWasser, ihre Lunge brannte, ohne Luft zum Atmen.
    Und dann ganz plötzlich spürte Miranda menschliche Wärme. Starke Arme ergriffen sie, zogen sie aus dem Boot, aus dem erstickendenWasser, auf den nassen Sand. Starke Arme, die sie umfassten und festhielten.
    Miranda spuckteWasser. Schlug die Augen auf. Lächelte.
    Die Haare ihres R etters waren klatschnass,Wassertropfen hingen in den langen dunklen Wimpern. Die Haut des jungen Mannes war so fahl wie der Morgenhimmel, aber auf seinenWangen lag ein rosa Hauch von der Anstrengung. Miranda spürte, wie seine Brust sich heftig hob und senkte. O Gott , dachte sie, fast besinnungslos vor Erleichterung, ich bin gerettet, ich bin gerettet ! Sie sah sich selbst ekstatisch die Arme schwenken, wie inTrance bei einem

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