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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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Annie und küsste ihre Schwester auf die Stirn.War sie zu warm? Sie prüfte Mirandas Stirn mit derWange. »Du hast Fieber.«
    »Man erkältet sich aber nicht, weil man in der Kälte war«, erwiderte Miranda ungehalten. »Das ist bewiesen.«
    »Du hast trotzdem Fieber.«
    Betty lief nun zu Hochform auf, hüllte Miranda in eine weitere Decke und versuchte, ihr Hühnersuppe in den Mund zu löffeln. »Ich hab gelesen, dass sie in Schottland ein Experiment mit Studenten gemacht haben. Sie haben ihre Füße in kaltesWasser gesteckt und sie Erregern ausgesetzt.«
    »Und was ist passiert?«, fragte Annie.
    »Tja, ich weiß es beim besten Willen nicht mehr. Aber es hört sich so unangenehm an. Ich konnte Schottland noch nie leiden. Hier«, sagte Betty und machte Anstalten, Miranda ein Thermometer in den Mund zu stecken.
    »Du hast mir doch grade Suppe gegeben.« Miranda schob die Hand ihrer Mutter weg. »Danach hab ich garantiert 43 Fieber.«
    »Dann erst recht«, erwiderte Betty fest und steckte ihrerTochter das Thermometer in den Mund, wo es ihrer Ansicht nach hingehörte.
    Als Cousin Lou bei seinem üblichen Abendspaziergang – den sein Arzt ihm wegen des Herzens verschrieben hatte und den Lou derart gestaltete, dass er von einem Nachbarn zum nächsten wanderte und alle zu unterschiedlichen Anlässen in sein Haus einlud – auch dem Cottage einen Besuch abstattete, war Betty damit beschäftigt, eine fiebrige, aber zufriedene Patientin zu umsorgen, während Annie Geschirr abspülte.
    »Sie ist von einem jungen Fischer gerettet worden«, erklärte Betty.
    Annie, die trotz plätscherndenWassers in der Küche die Stimme ihrer Mutter hören konnte, lächelte in sich hinein. In Bettys Darstellung sah man unwillkürlich einen nordischen Fischer in derbem Strickpullover vor sich, der durch die tosende Barentssee schipperte.
    »Von meinem Freund R oberts? Ahaa! Ich habe ihn heute Morgen beim Angeln gesehen.Wusste ich doch, dass er ein Auge auf dich geworfen hat, Miranda! Und jetzt ist er dein Held. Obwohl ich sagen muss, dass ich ihn wohl eher nicht als jung bezeichnen würde.«
    »Auge auf mich geworfen?«, erwiderte Miranda. »Falls du meinen Tischnachbarn von neulich meinst: der war so gut wie stumm.«
    »Stumm mag er ja sein, aber er ist nicht blind und kann deshalb deine R eize gut erkennen«, sagte Cousin Lou.
    »Womit der arme Mann auch geschlagen sein mag: Er war es ohnehin nicht«, stellte Betty jetzt klar. »Es war ein junger Bursche, der keine Sprachhemmung hatte und keine Brille brauchte, es sei denn, er trägt Kontaktlinsen, was natürlich sein kann. Er heißt Kit Maybank, oder nicht, Miranda? Hübscher Name, Maybank.«
    Miranda, die wieder das Thermometer im Mund hatte, nickte.
    »Maybank.« Lou schniefte. »Etepetete.« Auf sein Gesicht trat der Mrs.-H.-Ausdruck, und Miranda bereitete sich auf eine Chechtling -Parabel vor, aber Lou tätschelte ihr nur liebevoll den Kopf und sagte: »Na ja, einerlei. Ach, der arme R oberts. Schon so schnell abserviert für den jungen May bank.«
    »Meine Güte, Cousin Lou«, murmelte Miranda, und das Thermometer wackelte auf und ab. » R oberts ist doch so alt, dass er meinVater sein könnte.«
    »Na, wenigstens einer«, kommentierte Betty. »Jetzt, da Josie das Handtuch geworfen hat.«
    Abends ging Miranda mit geschwollenen Augen, angeklatschten Haaren und fieberheißem Gesicht ins Bett, doch als sie am nächsten Morgen aus dem Badezimmer kam, sah sie frisch und munter aus und fühlte sich auch wieder wie sie selbst – und zwar vor dem Auftritt bei Oprah . Als Kit Maybank denTrampelpfad zum Cottage entlangkam, war er verblüfft über die lebhafte Frau, die ihn auf derVeranda empfing. Er hatte eine keuchende, bleiche, nasse, ältere Frau in Erinnerung, nicht dieses strahlendeWesen mit dem viel sagenden Lächeln und den tiefgründigen Augen.
    Miranda blickte von der Betontreppe auf ihren Adonis hinunter, dem eine Strähne seines seidigen Haars in die Stirn fiel. Neben ihm stand ein identischer Mini-Adonis, ein zwei- oder dreijähriger Junge, der mit seiner kleinen Hand die große Hand des Mannes neben ihm umklammerte. Beide lächelten Miranda an. Dann steckte der kleine Junge seine Faust in den Mund, und Miranda beobachtete fasziniert, wie er die kleine Faust so lange hin und her drehte, bis sie vollständig in seinem Mund verschwunden war. Dann blinzelte er zufrieden.
    Kit hatte der Dame, die er gerettet hatte, aus Höflichkeit noch einen Besuch abstatten wollen. Doch als er

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