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Die drei Frauen von Westport

Titel: Die drei Frauen von Westport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathleen Schine
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stellen für die arme Betty in ihrem behaglichen, kleinen Unterschlupf keine Belastung dar.« Als Felicity durch die Zimmer schritt, bemerkte sie weitere leere Stellen und helle Flecken an den Wänden, die von anderen Gegenständen des Haushalts kündeten, welche nach Connecticut verlagert worden waren. »So viele Sachen «, sagte sie. »Dinge … der Mensch hängt so dran …« Sie spazierte in die Küche und zog die Schubladen auf. »Dennoch meine ich, dass es keine gute Idee war, das Silber mitzunehmen. Diese kleinen Strandhäuser sind ja nicht sicher genug.«
    Sie waren direkt vom Büro nach Hause gegangen, und es war sechs Uhr abends. Felicity nahm den Scotch aus dem Schrank und dachte: Ich serviere Joseph seinen Whisky in unsererWohnung. Sie gab Eiswürfel ins Glas. »Betty hat es gut, dass sie in einem Urlaubsort leben kann«, sagte sie, als sie Joseph seinen Drink reichte. Sie massierte seine müden, angespannten Schultern. »Dauerurlaub. Nicht wie wir Lohnsklaven!« Sie lachte und setzte sich zu Joseph auf dieWohnzimmercouch, die Betty erstaunlicherweise zurückgelassen hatte. Dieses Strandhaus muss ja so groß sein wieVersailles, dachte Felicity, wenn man bedenkt, wie wenig hier noch drinsteht.
    »Da wären wir«, sagte Joseph und legte Felicity den Arm um die Schultern. Da wären wir, dachte er mit einem gewissen Unbehagen. Da wären wir.
    »Endlich zuhause«, sagte Felicity und sah ihn mit ihren blauen Kulleraugen an.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, dachte Joseph. Er küsste sie auf den Kopf. Sie war eine harte Nuss. »Da wären wir«, sagte er dann, diesmal etwas fröhlicher.
    »Zu Anfang war sie noch ganz vernünftig«, sagte er zu Felicity an dem Abend, an dem Bettys Anruf kam. Wieso war Felicity nur ansTelefon gegangen? Das machte alles so viel komplizierter.
    Sie saßen am Esszimmertisch und verspeisten mit Plastikgabeln das Essen, das sie im Chinarestaurant mitgenommen hatten. Felicity, noch leicht verstört durch den Kontakt mit Betty, bemühte sich, einen ungerührten Eindruck zu machen, und betrachtete eingehend den kahlen Holzboden. (Hatte da nicht mal ein prachtvoller Orientteppich gelegen?)
    »Da sie jetzt über uns Bescheid weiß, kann natürlich alles Mögliche passieren«, sagte Josie.
    »Betty sollte sich darüber freuen, dass es dir so gut geht«, erwiderte Felicity. »Du freust dich doch schließlich auch darüber, dass sie es sich in so einem netten Cottage zusammen mit ihren lieben Töchtern gemütlich macht. Das ist sie dir schuldig, nach all den Jahren. Mag sein, dass sie schwierig geworden ist, aber irgendwelche Gefühle muss sie ja haben.«
    Joseph genehmigte sich einen weiteren Scotch und atmete genüsslich den Duft des Whiskys ein, der vertraut und verheißungsvoll zugleich für ihn war. Er dachte daran, wie Betty damals das Glas nach ihm geworfen hatte, wie der intensive Geruch der goldenen Flüssigkeit aufstieg, während im Zimmer zorniges Schweigen herrschte. Betty konnte wirklich schwierig sein. Er tätschelte Felicity die Hand.
    »Wir schaffen uns wieder Silber an«, sagte er.
    »Ach nein, solche Dinge sind mir nicht wichtig. Obwohl mir nicht ganz begreiflich ist, weshalb sie das Silber und das Dansk-Besteck brauchte.«
    »War, glaube ich, ein Hochzeitsgeschenk von ihren Eltern.«
    Felicity verarbeitete diese Bemerkung und vergegenwärtigte sich, welche Stimmung diese Erinnerung bei dem erstaunlich nostalgischen Joseph auslösen könnte. Dann machte sie sich klar, dass sie zwar die Hochzeit mit Betty und die Existenz der Schwiegereltern nicht auslöschen konnte, tröstete sich jedoch mit dem Gedanken, dass die Schwiegereltern zum einen bereits tot waren und dass Joseph sich zum anderen seiner Aussage nicht ganz sicher war.
    »Hier«, sagte sie und beförderte noch mehr Sesamnudeln auf JosephsTeller. »Iss die ruhig noch auf, mein Schatz.«
    Betty unterhielt sich indessen häufig mit dem Scheidungsanwalt – genau genommen täglich. Miranda und Annie erfuhren wenig von diesen Unterredungen, aber Betty telefonierte so lange und sprach dabei mit entschiedener Stimme so laut, dass ihre Töchter sich wenigstens einige Fakten zusammenreimen konnten.Weil Betty sich nicht auf JosiesVorschlag einließ, würde dieser die Scheidung nicht vorantreiben, weshalb Betty wiederum in einer Art rechtlichem und finanziellem Übergangszustand festhing und selbst ein Scheidungsverfahren einleiten musste. Erstaunlicherweise schien ihr dieses ProjektVergnügen zu bereiten. Sie stellte das

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