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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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ergeben, und so untergeordnet auch meine Stellung sein mag, so hoch Sie auch über mir stehen,
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    so meine ich doch, ein Mittel gefunden zu haben, wie sich aller Verdruß vom Haupt Ihrer Majestät abwenden läßt.« – »Sie! O
    Himmel!« rief die Königin, »aber so blicken Sie mir doch in die Augen! Ich bin von allen Seiten verraten. Darf ich Ihnen denn trauen?« – »Oh, Madame!« rief die junge Frau, auf die Knie stürzend, »bei meiner Seele! Ich bin bereit, für Ihre Majestät zu sterben!« – Dieser Schrei war aus dem tiefsten Herzen gekommen, und wie vorhin die Stimme, so konnte auch er nicht täuschen. »Ja«, fuhr die kleine Frau fort, »Verräter gibt es hier, aber, beim heiligen Namen der Jungfrau schwöre ich Ihnen, daß niemand Ihrer Majestät treuer ergeben ist als ich. Sie haben diese Diamantknöpfe, die der König zu sehen begehrt, dem Herzog von Buckingham gegeben, nicht wahr? In einem
    Kästchen aus Rosenholz, das der Herzog unterm Arm hielt, nicht wahr? Oder sollte ich mich irren? Nein, nein! Es verhält sich so!«
    »O mein Gott, mein Gott!« murmelte die Königin, der die Zähne vor Schreck klapperten. – »Nun, die Diamantknöpfe muß man wiederbekommen.« – »Gewiß, zweifellos, das muß man!«
    rief die Königin; »aber wie? Wie?« – »Es muß jemand zu dem Herzog geschickt werden.« – »Aber wer? Wem kann ich mich vertrauen?« – »Fassen Sie Vertrauen zu mir, Madame; erweisen Sie mir diese Ehre, meine Königin, und ich werde den Boten ausfindig machen.« – »Aber man wird schreiben müssen!« –
    »Ja, freilich, das ist unumgänglich nötig. Zwei Worte von Ihrer Hand und Ihr Privatsiegel!« – »Aber diese zwei Worte bedeuten meine Verdammnis, bedeuten Scheidung, Verbannung!« – »Ja, wenn sie in schlimme Hände fallen! Aber ich stehe dafür, daß diese zwei Worte an ihre rechte Adresse gelangen.« – »Oh, mein Gott! So soll ich wirklich mein Leben, meine Ehre, meinen Ruf in Ihre Hände legen?« – »Ja, Madame, es muß sein, und ich werde Ihnen alles, alles retten!« – »Aber wie? Das wenigstens sagen Sie mir!«
    »Mein Mann ist eine ehrliche, gute Haut, ein Mensch, der
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    weder jemand mit seinem Haß verfolgt noch jemand mit seiner Liebe beglückt. Er wird tun, was ich will, wird auf meinen Befehl abreisen, ohne zu erfahren, was er bei sich trägt, und wird den Brief Ihrer Majestät an die aufgegebene Adresse besorgen, ohne zu wissen, daß er von Ihrer Majestät ist.«
    Die Königin ergriff mit leidenschaftlichem Elan beide Hände der jungen Frau, blickte ihr in die Augen, als wenn sie ihr im tiefsten Herzen lesen wollte, und küßte sie zärtlich, als sie in ihren schönen Augen bloß lautere Herzlichkeit sah. »Tue das!«
    rief sie, »tue das, und du hast mein Leben, meine Ehre gerettet!«
    – »Oh, fassen Sie den Dienst, den ich Ihnen erweisen darf, nicht zu hoch auf! Ich brauche Majestät nichts zu retten, denn Majestät sind nur das Opfer hinterlistiger Anschläge!« – »Das ist wahr, Kind«, erwiderte die Königin, »du hast recht!« – »So geben Sie mir diese paar Worte, Madame; die Zeit drängt.«
    Die Königin lief zu einem Tischchen, auf dem sich Tinte, Feder und Papier befanden; sie schrieb zwei Zeilen, siegelte den Brief mit ihrem Petschaft und übergab ihn Frau Bonacieux.
    »Und nun«, sagte die Königin, »vergessen wir das Wichtigste nicht! Das Geld.« – Frau Bonacieux wurde blutrot. – »Freilich«, sagte sie, »ich muß Majestät bekennen, daß mein Mann...« –
    »Daß dein Mann keins hat, willst du sagen?« – »O nein, er hat schon Geld, aber er ist sehr knickerig; indessen, Majestät, darum keine Bange, es werden sich schon Mittel und Wege finden.« –
    »Vie l Geld habe ich auch nicht«, sagte die Königin; »doch warte!« – Sie lief zu Ihrem Schrein. »Da«, rief sie, »nimm den Ring! Er ist, wie mir gesagt wurde, von hohem Wert; mein Bruder, der König von Spanien, hat ihn mir geschenkt; ich darf also frei über ihn verfügen. Mach ihn zu Geld, und bring deinen Mann auf den Weg!« – »In einer Stunde soll Ihr Befehl ausgeführt sein!« – »Du siehst die Adresse«, setzte die Königin hinzu, mit so leiser Stimme, daß die Worte, die sie sprach, kaum hörbar waren: »An Mylord Herzog von Buckingham in
    London.« – »Der Brief soll ihm persönlich übergeben werden.«
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    Frau Bonacieux küßte der Königin die Hände, verbarg das Papier in ihrem Mieder und verschwand, leicht und flink wie ein Vögelchen. Zehn

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