Die drei Musketiere
Forges
meinethalben; Porthos und Aramis, weil sie ihren Freund in solch schmerzlicher Lage begleiten sollen. Der Urlaubspaß wird Ihnen Beweis dafür sein, daß ich ihre Mitreise gutheiße.« –
»Danke, Herr, danke! Sie sind hundertfältig gütig.« – »Dann suchen Sie sie auf der Stelle auf und bringen noch heute nacht alles in Ordnung! Ach, zuvor aber schreiben Sie mir Ihr Gesuch für Des Essarts auf! Wer weiß, ob Sie nicht einen Spion auf Ihren Fersen hatten? Ihr Besuch bei mir wird dann, falls er dem Kardinal gemeldet werden sollte, sich rechtlich begründen lassen.«
D'Artagnan brachte schnell die paar Zeilen zu Papier.
Herr von Tréville nahm sie in Empfang und versprach, daß vor Ablauf von zwei Stunden die vier Urlaubspässe ausgefertigt und ausgefolgt sein würden... »Den meinigen«, bat d'Artagnan,
»Schicken Sie gütigst mit zu Athos; falls ich mich noch einmal in meine Wohnung begäbe, möchte es wohl einen bösen
Zusammenstoß setzen.« – »Noch eins!« sagte Tréville, ihn zurückrufend, »sind Sie mit Geld versorgt?« – »Ja.« – »Auch hinreichend?« – »Dreihundert Pistolen.« – »Gut, damit kommt man bis ans Ende der Welt. Glückliche Reise!«
D'Artagnan verneigte sich. Tréville reichte ihm die Hand, und d'Artagnan verabschiedete sich mit ehrerbietigem Händedruck.
Zuerst begab er sich zu Aramis. Seit jenem Abend, als er Frau Bonacieux nachgeschlichen war, hatte er den Freund nicht wieder aufgesucht, und, wenn er ihn gesehen hatte, eine tiefe
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Traurigkeit auf seinem Gesicht zu lesen gemeint. Auch heute saß Aramis, in finstre Gedanken versunken, in seiner Stube.
D'Artagnan fragte nach den Gründen dieser trüben Stimmung; der Freund entschuldigte sich damit, daß er einen Kommentar über das neunzehnte Kapitel des heiligen Augustin abzufassen habe, der ihn außerordentlich in Anspruch nähme... Als die Freunde ein paar Augenblicke geplaudert hatten, trat ein Diener des Herrn von Tréville ein mit einem versiegelten Schreiben.
»Was ist denn das?« fragte Aramis. – »Der Urlaub, um den Herr Aramis nachgesucht hat«, antwortete der Diener. – »Ich?
Urlaub? Ich bin doch nicht um Urlaub eingekommen«, rief Aramis. – »Still doch, und nehmen Sie den Paß«, flüsterte d'Artagnan. »Hier, Freund«, wandte er sich an den Diener,
»haben Sie eine halbe Pistole für den Weg, und sagen Sie Herrn von Tréville, Herr Aramis lasse verbindlich danken.«
Der Diener machte einen Bückling und verschwand.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Aramis. – »Nehmen Sie, was zu einer vierzehntägigen Reise als Wichtigstes vonnöten ist«, versetzte d'Artagnan. – »Aber ich kann in diesem Augenblick Paris nicht verlassen«, erwiderte Aramis, »denn ich muß erst wissen...« – »Was aus ihr geworden ist? Nicht wahr?«
– »Aus wem?« – »Aus der Dame, die hier war, und der das gestickte Taschentuch gehört.« – »Wer hat Ihnen gesagt, daß eine Dame hier war?« versetzte Aramis. während ihm alle Farbe aus dem Gesicht wich. – »Ich habe sie gesehen.« – »Und wissen, wer sie ist?« – »Ich kann es mir wenigstens denken.« –
»Hören Sie«, rief Aramis, »da Sie soviel wissen, so wissen Sie sicher auch, was aus ihr geworden ist?« – »Ich vermute, daß sie sich wieder nach Tours begeben hat.« – »Nach Tours? Jawohl, das stimmt. Sie kennen Sie. Aber wie ist sie wieder nach Tours zurückgekehrt, ohne mir etwas zu sagen?« – »Weil sie Furcht hatte, verhaftet zu werden.« – »Und wie kommt es, daß sie mir noch nicht geschrieben hat?« – »Weil sie fürchtet, sich bloßzustellen.«
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»D'Artagnan, Sie geben mir das Leben wieder!« rief Aramis.
»Ich hielt mich für verschmäht, verraten; ach! und ich war doch so glücklich, sie wiederzusehen! Daß sie um meinetwillen ihr Leben in Gefahr brachte, konnte ich nicht glauben, und doch, aus welchem Grund sonst hätte sie nach Paris zurückkommen sollen?« – »Aus demselben Grund, der uns heute nach England führt.« – »Und aus welchem?« – »Das werden Sie eines Tages erfahren, Aramis; aber für den Augenblick muß ich die
Zurückhaltung der Nichte des Doktors nachahmen.« – Aramis lächelte, denn er gedachte der Auskunft, mit der er eines Abends die Freunde abgefertigt hatte. – »Wohlan denn«, sagte Aramis,
»da die Dame Paris verlassen hat und Sie Gewißheit darüber haben, d'Artagnan, hält mich hier nichts zurück, und ich folge Ihnen gern. Wir gehen also, sage n Sie...« –
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