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Die drei Musketiere

Die drei Musketiere

Titel: Die drei Musketiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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England erreicht hatte, so doch nicht London. Aber da es damals in England schon einen guteingerichteten Postkutschdienst gab, so dauerte es nur noch knappe vier Stunden, bis auch die
    Hauptstadt erreicht war. D'Artagnan kannte weder London, noch ein Wort Englisch; er half sich, indem er den Namen
    Buckingham auf ein Stück Papier schrieb, und jedes Kind konnte ihm daraufhin den Palast des Herzogs zeigen. Der Herzog aber war nicht in London, sondern in Windsor mit dem König auf der Jagd. D'Artagnan wandte sich deshalb an den vertrauten Kammerdiener des Herzogs, der sein ständiger Begleiter auf Reisen war und die französische Sprache
    beherrschte, und sagte ihm, daß er eigens von Paris in einer Sache käme, bei der es sich um Leben und Tod handle, und daß er mit dem Herzog auf der Stelle sprechen müsse. Patrice – so hieß dieser »Minister des Ministers« – faßte Vertrauen zu dem jungen Edelmann aus Frankreich, der so frisch von der Leber mit ihm redete, ließ ein paar Pferde satteln und übernahm es, den jungen Gardesoldaten nach Windsor zu bringen. Planchet hatte man aus dem Sattel heben müssen; er lag jetzt, steif wie ein Stock, vor der Palasttür. Der arme Wicht war zu Ende mit seiner Kraft – d'Artagnan hingegen schien von Eisen.
    In Windsor erfuhren sie, daß der König mit dem Herzog in einem drei Meilen entfernten Röhricht auf der Entenjagd sei. In einer knappen Stunde war auch diese Strecke überwunden.
    Patrice hörte schon die Stimme seines Herrn von weitem, wie er seinen Falken heranrief... »Wen soll ich dem Herzog melden?«
    fragte Patrice. – »Den jungen Mann, der eines Abends auf dem Pont-Neuf, vor der Samaritaine, mit ihm Streit gesucht hat«, versetzte d'Artagnan. »Eine sonderbare Empfehlung!« brummte
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    Patrice. – »Sie werden schon sehen, daß sie jede andere aufwiegt«, versetzte d'Artagnan ruhig.
    Buckingham erkannte d'Artagnan auf der Stelle, und da ihm eine Ahnung sagte, daß in Frankreich Dinge geschähen, deren sofortige Kenntnis für ihn unumgänglich vonnöten sei, sprengte er zu d'Artagnan.
    »Der Königin ist doch kein Unglück geschehen?« fragte er.
    Die ganze Liebe, die sein Herz erfüllte, lag in dieser Frage.
    »Ich glaube nicht, aber Ihre Majestät schwebt in großer Gefahr, aus der bloß Euer Gnaden sie retten können.« – »Ich?«
    rief Buckingham, »und wie? wodurch? Sprechen Sie sprechen Sie!« – »Dieser Brief hier wird Sie unterrichten«, sagte d'Artagnan. »Er kommt von Ihrer Majestät, soviel ich weiß.« –
    »Von Ihrer Majestät?« wiederholte Buckingham, so stark erbleichend, daß d'Artagnan ihn einer Ohnmacht nahe fürchtete.
    Aber er hatte im Nu das Siegel erbrochen... »Gerechter Himmel!« rief der Herzog; »was habe ich gelesen! Patrice, hiergeblieben! Oder vielmehr laufe zum König, sieh zu, wo du ihn triffst, und sage Majestät, ich lasse demütigst um Entschuldigung bitten, aber eine Sache von höchster Wichtigkeit rufe mich nach London. Kommen Sie, Herr, kommen Sie!«
    Und im Galopp jagten Buckingham und d'Artagnan nach der Hauptstadt.

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    Mylady Winter
    Den ganzen Weg entlang ließ sich Buckingham über alles, war d'Artagnan wußte, berichten. Mit Hilfe seiner Erinnerungen an das, was er selbst in Frankreich erlebt hatte, konnte er sich bald ein richtiges Bild von der mißlichen Lage machen, in der die Königin, nach den kurzen Andeutungen ihres Briefes, schwebte. Was ihn aber in lebhafte Verwunderung setzte, war der Umstand, daß der Kardinal, der doch über Mittel genug gebot, und dem alles daran liegen mußte, ihn ohne Kenntnis von all diesen Vorgängen zu halten, nicht imstande gewesen war, den jungen Bearner unterwegs aufzuhalten. D'Artagnan erzählte, wie er von Paris ausgeritten war, wieviel Kameraden er unterwegs zurückgelassen, wie er sich mit dem Grafen von Wardes geschlagen und wie er zuletzt den Hafenkommandanten von Calais geprellt hatte. Der Herzog hörte ihm aufmerksam zu und maß ihn lange mit erstaunten Blicken, denn er konnte nicht fassen, daß ein junger Mensch von kaum zwanzig Jahren ein solches Maß von Klugheit, Umsicht und Tapferkeit entfaltet hatte, daß ihm die schlimmsten Feinde nichts anhaben konnten und daß er den mißlichsten Situationen gewachsen war. In kurzer Zeit ritten sie durch die Tore von London. Wenn aber d'Artagnan gemeint hatte, der Herzog werde in der Stadt den rasenden Galopp seines Pferdes mäßigen, so war er im Irrtum.
    Ohne sich darum zu kümmern, ob er jemand niederritt, ohne sich

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