Die drei Musketiere 2
sie von uns entfernt?« – »Fünfhundert.« –
»Gut, wir haben noch Zeit, dieses Huhn vollends zu verzehren und ein Glas Wein zu trinken. Auf deine Gesundheit, d’Artagnan!« – »Auf deine Gesundheit!« wiederholten Porthos und Aramis. – »Wohl denn, auf meine Gesundheit, obgleich ich nicht glaube, daß mir eure Wünsche viel nützen werden.«
Nachdem Athos sein Glas geleert hatte, stand er sorglos auf, nahm das nächstbeste Gewehr und näherte sich einer
Schießscharte. Porthos, Aramis und d’Artagnan taten dasselbe, Grimaud erhielt Befehl, sich hinter die vier Freunde zu stellen, um die Gewehre wieder zu laden. Bald sah man die Truppe erscheinen, sie kam durch einen schlauchartigen Laufgraben, der eine Verbindung zwischen der Bastei und der Stadt bildete.
»Bei Gott!« sagte Athos, »es war wohl der Mühe wert, unser Mahl wegen zwanzig solcher mit Hauen und Schaufeln
bewaffneter Schufte zu unterbrechen. Grimaud hätte ihnen nur ein Zeichen machen dürfen, sie sollten gehen, und ich bin überzeugt, sie würden uns in Ruhe gelassen haben.«
»Ich bezweifle es«, sagte d’Artagnan, »denn sie rücken sehr entschlossen heran. Übrigens sind bei den Arbeitern vier mit Musketen bewaffnete Soldaten und ein Brigadier.
»Weil sie uns nicht gesehen haben«, entgegnete Athos.
»Wahrhaftig«, sagte Aramis, »es widerstrebt mir, auf diese armen Teufel von Bürgern zu schießen.«
»Ein schlechter Priester«, rief Porthos, »der mit Ketzern Mitleid hat.«
»In der Tat«, sagte Athos, »Aramis hat recht, und ich will sie warnen.«
»Was zum Teufel macht Ihr denn?« entgegnete d’Artagnan,
»Ihr wollt Euch, scheint es, niederschießen lassen, mein Lieber.«
Aber Athos hörte nicht auf diesen Rat, sondern stieg auf die Bresche, wandte sich, sein Gewehr in der einen, den Hut in der 129
andern Hand, höflich grüßend an die Soldaten und Arbeiter, die ganz erstaunt etwa fünfzig Schritte von der Bastei stehen blieben, und rief:
»Messieurs, einige Freunde und ich sitzen hier in dieser Bastei beim Frühstück. Ihr wißt aber wohl, wie unangenehm es ist, gestört zu werden, wenn man frühstückt, wir bitten Euch also, wenn Ihr unerläßliche Geschäfte hier habt, entweder zu warten, bis wir unser Mahl beendet haben, oder später wiederzukommen, wenn Ihr nicht, was das beste wäre, Lust habt, die Partei der Rebellen zu verlassen und mit uns auf die Gesundheit des Königs von Frankreich zu trinken.«
»Nimm dich in acht, Athos«, sagte d’Artagnan, »siehst du nicht, daß sie auf dich anlegen?«
»Allerdings«, erwiderte Athos, »aber es sind Bürger, die sehr schlecht schießen und mich gewiß nicht treffen werden.«
Es wurden in der Tat in demselben Augenblick die
Flintenschüsse abgefeuert, und die Kugeln schlugen um Athos her an die Mauern, aber keine traf ihn. Vier Schüsse antworteten ihnen beinahe in derselben Sekunde, aber unsere Freunde hatten besser gezielt als die Angreifenden, drei Soldaten stürzten mausetot nieder, und ein Arbeiter war verwundet.
»Grimaud, eine andere Muskete!« sagte Athos.
Grimaud gehorchte sogleich. Die drei Freunde hatten ihre Gewehre selbst wieder geladen, der Brigadier und zwei Pioniere wurden tot zu Boden gestreckt, der Rest der Truppe ergriff die Flucht.
»Auf, Messieurs, einen Ausfall«, rief Athos.
Und die vier Freunde stürzten aus dem Fort hervor, gelangten bis zu dem Schlachtfeld, rafften die vier Musketen der Soldaten und die Halbpike des Brigadiers auf und zogen sich, überzeugt, daß die Fliehenden erst in der Stadt anhalten würden, mit ihren Siegestrophäen in die Bastei zurück.
»Lade unsere Gewehre wieder, Grimaud«, sagte Athos, »und 130
wir, Messieurs, wollen zu unserem Frühstück zurückkehren und unser Gespräch fortsetzen. Wo waren wir?«
»Du sagtest, Mylady habe Frankreich verlassen, nachdem sie meinen Kopf von dem Kardinal verlangt habe. Und wohin geht sie?« – »Sie geht nach England.« – »In welcher Absicht?« – »In der Absicht, Buckingham zu ermorden oder ermorden zu lassen.« – »Ei, das ist ja ganz heillos«, rief d’Artagnan, voll Staunen und Entrüstung.
»Oh!« entgegnete Athos, »danach frage ich nicht viel.«
»Wie«, versetzte d’Artagnan, »du fragst wenig danach, ob sie Buckingham ermordet oder ermorden läßt? Der Herzog ist unser Freund.«
»Der Herzog ist ein Engländer, der Herzog kämpft gegen uns, sie mag also mit ihm machen was sie will, das kümmert mich so wenig wie diese leere Flasche.«
»Einen
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