Die drei Musketiere 2
Augenblick«, sagte d’Artagnan, »ich gebe
Buckingham nicht so rasch auf. Er hat uns sehr schöne Pferde geschenkt.« – »Und ganz besonders auch sehr schöne Sättel«, sagte Porthos. – »Außerdem will Gott«, sagte Aramis, »die Bekehrung und nicht den Tod des Sünders.«
»Amen«, versetzte Athos, »wir wollen darauf, wenn es euch beliebt, später zurückkommen.«
Und bei diesen Worten schleuderte Athos eine Flasche, deren Inhalt er bis auf den letzten Tropfen in sein Glas gegossen hatte, zwanzig Schritte von sich.
»Doch mir lag am meisten daran, du wirst das wohl begreifen, d’Artagnan, dieser Frau eine Art von Vollmacht abzunehmen, die sie Richelieu abgepreßt hatte, und mit deren Hilfe sie sich ungestraft deiner und vielleicht unserer Personen entledigen könnte.«
»Und diese Vollmacht blieb in ihren Händen?« – »Hier ist sie«, erwiderte Athos und zog das kostbare Papier aus der Tasche.
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D’Artagnan entfaltete es mit einer Hand, deren Zittern er nicht einmal zu verbergen suchte, und las:
»Auf meinen Befehl und zum Wohle des Staates hat der Inhaber dieses Scheines getan, was er getan hat. Den 5. August 1628 Richelieu.«
»In der Tat«, sagte Aramis, »das ist eine Absolution nach allen Regeln.«
»Man muß dieses Papier vernichten«, sagte d’Artagnan, der sein Todesurteil zu lesen meinte.
»Im Gegenteil«, erwiderte Athos, »man muß es sorgfältig aufbewahren, und ich würde dieses Papier nicht hergeben, wenn man es mit Goldstücken bedecken wollte.«
»Und was wird sie nun wohl tun?«
»Wahrscheinlich«, antwortete Athos, »wird sie dem Kardinal schreiben, ein verdammter Musketier namens Athos habe ihr mit Gewalt ihren Geleitbrief entrissen. Sie wird ihm in demselben Brief den Rat geben, sich zugleich seiner, wie seiner beiden Freunde Porthos und Aramis zu entledigen. Der Kardinal wird sich erinnern, daß das dieselben Menschen sind, auf die er immer wieder stößt. Dann wird er an einem schönen Morgen d’Artagnan verhaften lassen und, damit er sich allein nicht zu sehr langweilt, auch uns in die Bastille schicken, um ihm Gesellschaft zu leisten.«
»Zum Teufel!« rief Porthos, »es scheint mir, du machst da schlechte Spaße, mein Lieber?«
»Ich spaße nicht.«
»Weißt du«, versetzte Porthos, »daß es eine geringere Sünde wäre, dieser verdammten Mylady den Hals umzudrehen, als diesen armen Teufeln von Hugenotten, die nie ein anderes Verbrechen begangen haben, als daß sie die Psalmen französisch singen, die wir lateinisch singen.«
»Was sagt der Abbé dazu?« fragte Athos ruhig.
»Ich sage, daß ich Porthos’ Meinung bin.«
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»Und ich ebenfalls«, sagte d’Artagnan.
»Zum Glück ist sie fern von hier«, versetzte Porthos, »denn ich gestehe, sie würde mich hier sehr genieren.«
»Sie geniert mich in England ebensosehr wie hier in Frankreich«, sagte Athos.
»Sie geniert mich überall«, sagte d’Artagnan.
»Aber da du sie in deinen Händen hattest«, rief Porthos,
»warum hast du sie nicht ertränkt, erdrosselt, aufgehängt? …
Nur die Toten kommen nicht wieder.«
»Ihr glaubt das?« erwiderte der Musketier mit einem düsteren Lächeln, das d’Artagnan allein verstand.
»Ich habe einen Gedanken«, sagte d’Artagnan.
»Laß hören«, sagten die Musketiere.
»Zu den Waffen!« schrie Grimaud.
Die jungen Leute sprangen rasch auf und liefen nach ihren Gewehren. Ein kleiner Trupp aus zwanzig bis fünfundzwanzig Mann rückte heran. Aber diesmal waren es nur Soldaten.
»Wie wär’s, wenn wir jetzt umkehrten«, sagte Porthos. – »Es scheint mir, die Partie ist ungleich.«
»Unmöglich aus drei Gründen«, antwortete Athos. »Erstens sind wir mit unserm Frühstück noch nicht fertig, zweitens haben wir uns noch Wichtiges zu sagen, drittens fehlen noch zehn Minuten, bis die Stunde um ist.«
»Wohl«, sagte Aramis, »wir müssen aber einen Schlachtplan aufstellen. «
»Das ist ganz einfach«, sagte Athos. »Sobald der Feind in Schußweite kommt, geben wir Feuer. Rückt er weiter vor, so geben wir abermals Feuer; wir feuern, solange wir geladene Gewehre haben. Wenn dann der Rest Sturm laufen will, so lassen wir die Belagerer bis in den Graben heransteigen und werfen ihnen dann einen Flügel dieser Mauer, die nur durch ein Wunder ihr Gleichgewicht hält, auf die Köpfe.«
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»Bravo«, sagte Porthos, »du bist entschieden zum General geboren, Athos, und der Kardinal, der sich für einen großen Feldherrn hält, kann sich nicht entfernt mit
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